Warum sollte man im Pfarrbrief ein Thema aufgreifen, das für viele Menschen überhaupt keines ist? Noch dazu, wenn es sich so gefährlich anhört wie das Wort Rassismus? Sind Rassisten nicht die, die kahlköpfig in Springer-Stiefeln Jagd auf Menschen machen? Rassismus gibt es bei denen, aber doch nicht bei uns. Oder?
Die Berichte von Betroffenen zeigen ein anderes Bild. Es sind nicht die lebensgefährlichen Situationen, denen sie im Alltag ausgesetzt sind, sondern scheinbar harmlose Fragen, wie „Wo kommst du eigentlich her?“ oder Aussagen, wie „Du kannst aber gut deutsch“. Was vielleicht freundlich und interessiert gemeint ist, transportiert unterschwellig eine weitere Botschaft. Sie gibt derart angesprochenen Menschen das Gefühl, nicht dazuzugehören. Selbst wenn sie in Deutschland geboren sind und sich als Deutsche fühlen.
Die Ausgrenzung ist die eine Form von Aggression, die Betroffene spüren. Die andere ist die Abwertung, wenn ihnen aufgrund ihres Aussehens nicht so viel zugetraut wird, z. B. in der Schule, oder wenn ihnen aufgrund ihres Aussehens bestimmte negative Eigenschaften zugeschrieben werden. Unter dem Reiter „Texte“ finden Sie Berichte von Betroffenen, die genau diese Erfahrungen schildern.
Rassismus ist kein Problem nur der anderen. Niemand kann sich ihm entziehen. Das schreiben Autorinnen und Autoren dieses Schwerpunktthemas. Für sie ist Rassismus ein wirkmächtiges Gedankenkonstrukt mit einer über 500jährigen Geschichte. Das Seltsame oder auch Fatale ist nur, dass weiße Menschen davon normalerweise nichts mitbekommen.
Es ist an der Zeit, sich damit auseinanderzusetzen. Das Thema „Alltagsrassismus“ im Pfarrbrief könnte ein Anfang sein. Die Bilder, Texte, Tipps und Links möchten Sie dabei unterstützen.
Vielleicht fällt Ihnen beim Lesen der Texte auf, dass die Bezeichnungen weiß und Schwarz in einer besonderen Form erscheinen, wenn von Schwarzen oder weißen Menschen die Rede ist – schwarz ist dann großgeschrieben und weiß entweder auch groß oder klein und kursiv. Viele Menschen, die sich mit diesem Thema beschäftigen, schreiben so. Sie wollen damit deutlich machen, dass mit Schwarz und weiß nicht die Hautfarbe gemeint ist. Viele Weiße sind z. B. dunkelbrauner als viele Schwarze. Als Weiße gelten sie trotzdem. „‚Schwarz‘ und ‚weiß‘ sind keine echten ‚biologischen Tatsachen‘, sondern Gesellschaftskonstrukte; sie benennen die verschiedenen Hintergründe, Sozialisationen und Lebensrealitäten“, heißt es z. B. auf der Website www.derbraunemob.de/faq.
Schwarz gilt als politische Selbstbezeichnung Schwarzer Menschen. Sie lehnen es ab, z.B. als farbig oder dunkelhäutig bezeichnet zu werden. Der Begriff People of Color (PoC) oder auch Menschen of Color gilt als internationale Selbstbezeichnung von/für Menschen mit Rassismuserfahrungen (www.amadeu-antonio-stiftung.de).