Antisemitismus – Wie erkenne ich das?

Für Jüd*innen äußert sich Antisemitismus sehr unterschiedlich. Oft fängt es damit an, immer und überall Gespräche aufgezwungen zu bekommen: dass man immer wieder über den Holocaust reden muss, sich für die Politik Israels rechtfertigen soll oder irritierte Blicke bekommt, wenn man erzählt, dass man jüdisch ist. Was so vermeintlich harmlos anfängt, führt schnell zu Verschwörungsvorstellungen, die behaupten, Jüd*innen seien besonders mächtig und gemein. Jüd*innen werden für viele Ungerechtigkeiten auf der Welt verantwortlich gemacht. Immer wieder führt dies bis hin zu körperlicher Gewalt oder sogar antisemitisch motivierten Terroranschlägen, wie z.B. beim rechtsterroristischen Anschlag in Halle im Oktober 2019.

Gefährliche Verschwörungsvorstellungen

Ein wichtiges historisches Ereignis für die Entstehung von Antisemitismus ist die Kreuzigung von Jesus von Nazareth vor 2000 Jahren. Jesus wurde von den geistlichen und weltlichen Machthabern im damals durch die Römer besetzten Israel gekreuzigt und ermordet. Später wurden Jüd*innen dafür verantwortlich gemacht. Einigen Christ*innen war es wichtig, diese verzerrte Darstellung zu verbreiten, um das Judentum negativ und sich selbst als die wahrhaft Gläubigen darzustellen. Die daraus resultierenden negativen Ansichten über das Judentum verbreiteten sich schnell, auch abseits religiöser Themen. Historisch führte das dazu, dass Jüd*innen verantwortlich gemacht wurden, wenn etwas Schlimmes oder Unerklärliches passierte: so für die Verbreitung der Pest im Mittelalter oder für das Verschwinden kleiner Kinder, später für Kriege, Armut und Reichtum, heute für Wirtschaftskrisen oder Terroranschläge.

Diese Verschwörungsvorstellungen haben reale Auswirkungen. Im nationalsozialistischen Deutschland führten sie zum Holocaust. Dabei wurden sechs Millionen Jüdinnen und Juden ermordet, weil sie als minderwertig und gefährlich galten. Die Shoah (dt. Katastrophe) ist das größte Verbrechen an Jüd*innen in der Geschichte.

Viele Menschen in Deutschland wollen den Holocaust in Erinnerung behalten, damit er sich nicht wiederholen kann. Andere fordern, dass man nicht mehr darüber reden soll. Sie nennen das „einen Schlussstrich unter die Vergangenheit ziehen“ oder leugnen sogar, dass diese Verbrechen stattgefunden haben. Manche greifen dabei auch Jüd*innen direkt an, als vermeintliche Nutznießer des Gedenkens an die Shoah. Oft richtet sich dies konkret gegen Israel.

Antisemitismus und der Nahost-Konflikt

Der Nahost-Konflikt ist ein weiteres, historisch-aktuelles Motiv für Antisemitismus: vor allem, aber nicht nur in einigen arabisch oder muslimisch geprägten Communities, unter linken Antiimperialist*innen, in rechtsextremen Gruppen oder wenn jeder Vierte in Deutschland Jüd*innen für israelische Politik verantwortlich hält. Oft wird Israel dabei für alle Probleme im Nahen Osten in alleinige Haftung genommen und Jüd*innen, egal, wo sie leben und ob sie jemals in Israel waren, angegriffen, als seien sie an dem Konflikt und seinen Folgen persönlich schuld. Israel ist der einzige Staat der Welt, in dem mehrheitlich Jüd*innen leben und wo sie Schutz finden. Antisemitisch ist Feindschaft gegen Israel dann, wenn antisemitische Vorurteile und Erzählungen direkt auf Israel übertragen werden. Es ist antisemitisch, wenn gesagt wird, Israel habe kein Existenzrecht oder sei der Verursacher (fast) allen Übels in der Welt. Oder wenn Jüd*innen weltweit für die Politik Israels verantwortlich gemacht werden.

Antisemitismus gibt es bei Menschen mit und ohne Migrationshintergrund, unter Christ*innen, Muslim*innen und Atheist*innen. Wer Antisemitismus nur bei einer dieser Gruppen sehen will, verharmlost das Problem und hat evtl. sogar rassistische Gründe dafür (➜ antimuslimischer Rassismus).

Quelle: Antisemitismus, Flyer zur Erklärung der Diskriminierungsform. www.amadeu-antonio-stiftung.de, In: Pfarrbriefservice.de

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Amadeu Antonio Stiftung

Wenn jemand sich antisemitisch äußert, ob im Internet, auf der Straße oder im Freundeskreis, macht klar, dass ihr das nicht gut findet und es nicht akzeptiert. Auch solltet ihr immer Personen unterstützen und verteidigen, die von Antisemitismus betroffen sind.

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Als ein Junge seinen Schulkameraden erzählt, dass er Jude ist, kündigen sie ihm die Freundschaft und beleidigen ihn. Eine jüdische Grundschülerin wird von Mitschüler*innen mit dem Tode bedroht.

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Das Schwerpunktthema für September 2020

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Text: Amadeu Antonio Stiftung
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