Demütig bleiben

Der Teufel hat noch sublimere Versuchungen in seinem Arsenal. Eine der raffiniertesten ist die Versuchung, Gott auf die Probe zu stellen. Es läuft darauf hinaus, selbst sein zu wollen wie Gott.

Ein Sturz von der Zinne des Tempels konnte nur tödlich ausgehen. Das war jedem, der die Geschichte damals hörte, klar. Der heutige Teufel lockt vielleicht so: "Lass dich doch mal auf Drogen ein! Den Kick solltest du dir nicht entgehen lassen! Und zudem: Irgendein gesellschaftlicher Schutzengel wird dich schon auffangen, wenn es unliebsame Folgen gibt!"

Was antwortet der Herr dem Versucher? "Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen!" Es ist vermessen zu meinen, Gott halte für jedes Fehlverhalten in meinem persönlichen Leben ein Auffangnetz bereit.

Oder nehmen wir ein noch anderes, sehr aktuelles Beispiel. Manche sagen: "Geben wir doch der Wissenschaft das Experimentieren mit menschlichen Embryonen frei! Es wird schon irgendeine Ethik-Kommission dafür sorgen, dass nichts schief geht!" Das nenne ich Vermessenheit. Eine Menschheit, die sein will – wie Gott!

Was uns der Herr mit der Abwehr der dritten Versuchung sagen will ist dies: Nur der Demütige wird Leben und Zukunft gewinnen. Wer Grenzen des sittlich Erlaubten anerkennt, ist nicht feige, sondern weise. Nicht, dass wir den Forscherdrang eindämmen und die Wissenschaft verteufeln wollen. Das sei ferne! Gott selbst hat uns den Verstand geschenkt und uns aufgetragen, die Welt zu gestalten. Ich meine freilich: sie zu gestalten – und nicht zu verunstalten.

Wir brauchen eine menschengerechte Forschung, keine Wissenschaft, die menschliches Leben vernichtet. Eine menschliche Intelligenz, die ABC-Waffen ausdenkt und einsatzbereit hält, ist pervertierte Intelligenz. Vor solcher Vermessenheit ist auch religiöses Denken nicht gefeit, wenn z.B. Terrorismus oder Krieg mit einem angeblichen Willen Gottes begründet wird.

"Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen!" Beide, die Religion und die Vernunft müssen ihre Grenzen kennen. Dort, wo der Mensch sich selbst auf Gottes Thron setzen will, geht er dem Teufel auf den Leim.

Bischof Wanke, www.bistum-erfurt.de  

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Text: Bischof Wanke
In: Pfarrbriefservice.de