Demut macht glücklich
Pater Herbert Winklehner beschreibt im Interview die Bedeutung und Wirkung einer veraltet klingenden Tugend. Sie schützt auch heute noch vor Überforderung und ermutigt zur Selbsterkenntnis.
Lieber Pater Winklehner, wie würden Sie das Wort „Demut“ übersetzen, damit Menschen von heute es verstehen?
Pater Winklehner: Kürzlich gab mir ein Achtjähriger exakt darüber Auskunft, was ein iPhone, iPod und iPad ist. Er kam nicht auf die Idee, mir diese Ausdrücke zu übersetzen, damit ich sie besser verstehe. Und so meine ich, sollten wir auch mit dem Begriff „Demut“ umgehen: keine anderen Wörter dafür verwenden, sondern exakt erklären, was Demut wirklich bedeutet, und das so oft es geht, damit immer mehr Menschen von heute dieses Wort genauso gut verstehen wie iPhone, iPod und iPad.
Für manche Menschen klingt Demut nach „buckeln“ und „unterwürfig sein“, es gilt als wenig erstrebenswert. Liegt hier ein Missverständnis vor?
Pater Winklehner: Natürlich, weil Demut immer eine Tugend war, ist und bleiben wird. Und jede Tugend ist etwas Positives, nämlich eine Fähigkeit, die mir hilft, mich selbst und vor allem andere glücklich zu machen. Verbinde ich also mit der Tugend Demut etwas Negatives, dann habe ich sie mit Sicherheit falsch verstanden.
In „Demut“ steckt das Wort „Mut“. Eine Übersetzung von Demut lautet: Demut ist der Mut, Gott und den Menschen zu dienen. Was hat Demut mit Mut zum Dienen zu tun?
Pater Winklehner: Das ursprüngliche althochdeutsche Wort für Demut lautet „diomuoti“ – und das heißt wörtlich „dienstbereit“. So kommt es, dass Demut mit Dien-Mut oder Mut zum Dienen erklärt wird. Diese Dienstbereitschaft ist aber nur EIN Aspekt der Demut. Der lateinische Ausdruck heißt „humilitas“ … In diesem Begriff steckt das Wort Humus, also die Erde, der Boden. Das bedeutet: zur Demut gehört nicht nur die Dienstbereitschaft, sondern auch Bodenständigkeit, Erdung.
Wie beschreiben Sie die Körperhaltung eines demütigen Menschen?
Pater Winklehner: Aufrecht und standfest – im wahrsten Sinne des Wortes. Der demütige Mensch steht fest verwurzelt auf dem Boden und ist aufrichtig zu sich selbst, zu den anderen, zu Gott. Er weiß, wer er ist, nämlich ein Geschöpf Gottes mit Stärken und Schwächen.
Was bringt eine demütige Haltung für das Leben und für den Alltag?
Pater Winklehner: Demut schützt einen vor Überforderung, oder noch moderner ausgedrückt, vor dem Burn-out. Ich muss nämlich nicht immer und überall so tun, als hätte ich keine Fehler und wäre nur der Beste. Demut bewahrt einen somit auch vor dem Stress, ständig mit der Maske der Vollkommenheit oder des Perfektionismus herumlaufen zu müssen. Und schließlich schützt sie vor Überheblichkeit und Machtansprüchen, die nichts mit der Realität zu tun haben. Und noch etwas: Wer demütig ist, also bodenständig und dienstbereit, und wer um seine Stärken und Schwächen weiß, der wird auch leichter Freunde finden.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Pater Winklehner: Sie können sich ja selbst einmal Ihren Freundes- und Bekanntenkreis genauer betrachten. Ich bin sicher, dass Ihnen jene am sympathischsten erscheinen, bei denen Sie auch die Tugend der Demut erkennen können.
Und was bedeutet Demut für den Glauben?
Pater Winklehner: Da fällt mir die schöne Bibelstelle ein, in der Jesus sagt: „Lernt von mir, denn ich bin demütig und sanftmütig von Herzen“ (Mt 11,29). An einer anderen Stelle stellt Jesus ein Kind in die Mitte und sagt: „Wenn ihr nicht umkehrt und wie die Kinder werdet, könnt ihr nicht in das Himmelreich kommen. Wer so klein sein kann wie dieses Kind, der ist im Himmelreich der Größte“ (Mt 18,3-4). Demut erhellt also meine Beziehung zu Gott. Wir Menschen sind nicht Gott, sondern seine Kinder, seine Geschöpfe.
Wie kann man Demut lernen?
Pater Winklehner: Ein erster Schritt ist, dass ich mir selbst klar darüber werde, wer ich bin, was ich kann und was ich nicht kann. Und dann darf ich zu mir sagen: Du bist, so wie du bist, mit all deinen Stärken und Schwächen ein einzigartiges, von Gott geliebtes Geschöpf. Und in aller Demut wende ich mich dann an Gott und sage: Danke.
Pater Herbert Winklehner ist Oblate des hl. Franz von Sales, Leiter des Franz Sales Verlages und Chefredakteur der salesianischen Zeitschrift LICHT, Eichstätt.
Fragen: Elfriede Klauer, www.pfarrbriefservice.de
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Text: Pater Herbert Winklehner/Elfriede KlauerIn: Pfarrbriefservice.de