„Der Tod ist eine Illusion“
Vielen Menschen fällt es schwer, das zu glauben, weiß Miriam Falkenberg aus ihrer Arbeit mit Kindern und Familien – Ein Interview
Miriam Falkenberg arbeitet als Sozialpädagogin der Katholischen Jugendfürsorge in der Ambulanten Erziehungshilfe in München. Sie begleitet Familien in „Multi-Problemlagen“, wie sie sagt – belastete Familien aus allen sozialen Schichten, unabhängig von der Konfession. Die Unterstützung erfolgt mittels systemischer Beratung, Einzelkontakt zu Kindern und Jugendlichen oder sozialer Gruppenarbeit. Manchmal spielt auch ihr Glaube eine Rolle in den Gesprächen. Welche Erfahrung sie mit dem Thema Ostern und Auferstehung macht, davon berichtet Miriam Falkenberg im Interview.
Bei welchen Gelegenheiten spielt Ostern in Ihren Begegnungen mit Kindern und Eltern eine Rolle?
Miriam Falkenberg: Da sind zum einen die Menschen, die mich direkt fragen, auch hinterfragen. Ich denke da an einen Jugendlichen, der sich selbst als Atheisten sieht, aber den die Gedanken an Glauben und Religion sehr umtreiben. Der kommt fast jede Woche zu mir und will etwas über meinen Glauben wissen. Zum Thema Auferstehung sagt er dann etwa: Was glaubst du denn da? Das ist doch null wissenschaftlich. Wie kannst du an die leibliche Auferstehung eines Toten glauben?
Zum anderen spreche ich das Thema aktiv an, z. B. wenn ich mit Kindern Ostersachen bastle; und es kommen überwiegend Kinder zu uns, die nicht christlich aufgewachsen sind. Viele wissen zu Ostern sehr wenig und bekommen dann ganz große Augen, wenn ich erzähle, dass es da um eine unglaubliche, frohe Botschaft geht, nämlich um die Auferweckung vom Tod von Jesus Christus.
Für diese Menschen ist diese Botschaft neu. Machen Sie auch die Erfahrung, dass jemand die Botschaft bereits kennt, aber nichts damit anfangen kann?
Miriam Falkenberg: Diese Diskussion hatte ich vor Corona manchmal mit Kollegen. Es gibt einige, die weit weg sind von ihren christlichen Wurzeln. Da ist oft eher das Thema, dass sie sagen: Naja, ich hab ja gar nichts gegen Jesus, aber mit der Kirche als Institution kann ich mich nicht identifizieren. Sie gehen zur Kirche auf Distanz und auch zu ihrem Glauben.
Was an Ostern macht es Ihrer Meinung nach schwierig für die Menschen, einen Zugang zu finden?
Miriam Falkenberg: Ich glaube, dass es eine Gruppe von Menschen gibt, die sehr rational an diese Fragen herangehen und für die die Vorstellung einer Auferstehung einfach nicht begreifbar und vorstellbar ist. Dann gibt es einige, die eher esoterisch ticken, für die alles Mögliche vorstellbar ist, was aber nicht unbedingt mit der christlichen Botschaft kompatibel ist. Da geht es dann um so Konzepte wie Wiedergeburten und eher um ein Zusammenbasteln einer eigenen Religion. Diese Menschen tun sich leichter, sich auf Ostern und Auferstehung einzulassen, aber das ist mir persönlich oft ein zu wildes Durcheinander. Aber auch bei Christen, die sich in der Kirche engagieren und Gottesdienste besuchen, nehme ich wahr, dass die Meinungen zum Thema Auferstehung durchaus divers sind. Die einen sagen: Das trau ich meinem Gott zu, dass er seinen Sohn vom Tod auferweckt. Andere, und nicht wenige, meinen, man sollte die Auferstehung eher als Metapher, also als Sprachbild verstehen für eine Kraft oder Energie, die es wohl gab, aber nicht in dem Sinne, dass ein Toter wieder lebendig wurde.
Was bedeutet für Sie persönlich der Satz „Jesus lebt“?
Miriam Falkenberg: Für mich hat dieser Satz einige Facetten. Die größte ist für mich: Jesus ist präsent, er ist da. Das ist mehr als nur in meinem Herzen. Jesus ist erfahrbar als eine göttliche Präsenz – in uns, in mir. Besonders deutlich wird das für mich im Sakrament, im Liebeszeichen von Brot und Wein. Tod und Ostern, Erde und Himmel sind da für mich ganz nah beisammen. Und immer wieder denke ich mir: Mensch, Gott, wie verständnisvoll bist du zu sehen, dass wir Menschen das Sinnliche brauchen, um zu verstehen, dass du uns entgegenkommst.
Mir fällt es nicht schwer, den Satz „Jesus lebt“ wörtlich zu nehmen und ihn so zu verstehen, dass Jesus meinen eigenen Tod mit überwunden hat. Das ist eine weitere Facette. Ich habe keine große Furcht vorm Tod. Mein Schwiegervater ist erst kürzlich gestorben – auch in dieser großen Gelassenheit. Jesus ist da. Der Tod ist eine Illusion – nicht mehr als eine kleine Bodenwelle. Danach kann der Flieger – so stell ich mir das vor – erst so richtig abheben, ohne körperliche Einschränkungen.
Und eine dritte Facette: Der Satz „Jesus lebt“ bedeutet für mich, dass er in mir lebt, aber auch in meinem Gegenüber und im Nächsten, der mir fremd ist. Das ist für mich eine sehr herausfordernde Botschaft an uns Christen, aber eine sehr wichtige, gerade in der heutigen Zeit. Jesus ist da und wirkt, auch in einem Menschen, der von Christus vielleicht noch gar nichts gehört hat oder nicht viel mit ihm anfangen kann.
Wenn Sie sich vorstellen, die Auferstehung hätte es gar nicht gegeben …
Miriam Falkenberg: Vermutlich hätten wir dann kein Neues Testament und Jesus wäre als sanftmütiger Heiler und unkonventioneller Prediger bekannt, aber vielleicht auch wieder vergessen worden. Die Heilsgeschichte des Gottes- und Menschensohnes wäre gar nicht überliefert worden. Und meinem Glauben würde das Plus X an Hoffnung fehlen.
Interview: Elfriede Klauer, In: Pfarrbriefservice.de
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Text: Elfriede KlauerIn: Pfarrbriefservice.de