„Es geht darum, etwas in der Welt zu verändern“
Interview mit Christoph Schulz – Gründer von CareElite
„Es geht darum, etwas in der Welt zu verändern“
Interview mit Christoph Schulz – Gründer von CareElite
Christoph Schulz ist Unternehmer, Blogger und Umweltschützer. 2016 hat er in Berlin „CareElite“ gegründet. Ein vielfältiges Projekt, das ein Ziel hat. Das Ziel, sich gegen den Plastikmüll in der Umwelt einzusetzen. Im Interview erzählt er von Sri Lanka, Zahnbürsten aus Holz und CleanUps.
Christoph, du bist jetzt 29. Stell dir vor, du wärst stattdessen 80 Jahre alt und säßest in deiner Wohnung in Berlin – In welcher Welt würdest du dann leben wollen?
Christoph: (lacht) In einer Welt, in der ich als Rentner immer noch an einem sauberen Strand sitzen kann. Am Meer, in dem kein Plastikmüll treibt. In einer Welt, in der die Leute bewusster leben und in der die Politik mitspielt und sich klar zum Problem „Plastik“ äußert und Plastiktüten verbietet. Solche Entscheidungen und Bilder erhoffe ich mir und dafür kämpfe ich.
Kämpfen heißt für dich: Hey, ich ziehe ein Paar Handschuhe an, schnappe mir einen Müllsack und sammle Müll.
Christoph: Ja, zum Beispiel. Als ich das erste Mal auf Sri Lanka war, war ich schockiert, was ich sehen musste. Da ist ein wunderschöner Strand gewesen, nur leider vollgemüllt mit Plastiktüten, die sicherlich schon seit zehn, zwölf Jahren dort am Strand liegen. Man spürt das an dem Material, wie es sich anfühlt. Aber es stört niemanden. Niemand räumt auf und das Plastik sammelt sich immer weiter an.
Und dann kommst du, als Tourist..
Christoph: (lacht)… Die Leute sehen, ein Tourist räumt hier auf. Ich rede mit ihnen und erkläre es und sie sehen es ein und helfen in der Regel mit. Manche fragen mich aber: Warum machst du das?
Und warum machst du das? Willst du die Welt retten?
Christoph: Ich habe den Film „Plastic Planet" gesehen und bin ich auf dieses riesige Problem aufmerksam geworden. Ich wusste das bis vor zweieinhalb Jahren selbst nicht und das, obwohl ich aus einem sehr guten Elternhaus komme. Ich habe mich einfach nie damit beschäftigt. Aber viele wissen nichts über dieses Problem, weil über Müll nicht gern gesprochen wird. Müll ist nicht besonders sexy.
„Plastic Planet“ ist der Dokumentarfilm von Werner Boote aus dem Jahr 2009. Werner Boote taucht da ein, in die undurchsichtige Welt des Plastiks und enthüllt Erschreckendes.
Christoph: Genau. Ich habe durch diesen Film gemerkt, dass wir dieses massive Müllproblem einfach von uns wegschieben. Es gibt so viel Müll, dass wir ihn teilweise nach China verschiffen oder in andere Länder. Wir geben unseren Hausmüll weg, nach dem Motto „Aus den Augen aus dem Sinn“.
Aber: Der Müll ist nicht weg. Er ist da. In Sri Lanka zum Beispiel und das hat dich inspiriert mehrmals im Jahr für ein paar Monate ins Ausland zu gehen und Müllsammel-Aktionen zu organisieren, du nennst sie CleanUps.
Christoph: Ich habe damals eine Gruppe bei Facebook gegründet. Die Mitglieder in dieser Gruppe sind aus der ganzen Welt. Wenn ich im Ausland herumreise und eine Müllsammel-Aktion organisiere, bin ich zum ersten Mal an dem Ort. Darum erstelle ich in dieser Facebook-Gruppe eine Veranstaltung und frage ein paar Einheimische. Die kennen vor Ort viel mehr Leute als ich und können sie zum Müllsammeln einladen. Dann hat man schnell 20-50 Leute zum CleanUp zusammen.
Du fährst an einen fremden Ort, triffst dich mit Menschen, die du noch nie in deinem Leben zuvor gesehen hast und ihr sammelt gemeinsam Müll? Hast du keine anderen Hobbies?
Christoph: In der Gruppe macht das richtig Spaß. Es ist nicht nur Müll sammeln, sondern ein cooles Event, bei dem Leute zusammen kommen. Alle teilen dieselbe Einstellung und deswegen schweißt das zusammen.
Ein unglaubliches Gefühl, oder?
Christoph: Es ist ein super Gefühl und es befriedigt mich total, wenn ich sehe, dass andere Menschen in anderen Ländern, die ich noch nie gesehen habe, ihre eigenen CleanUps organisieren, weil ich sie dazu ermuntert habe. Das ist eine super Bestätigung, dass die Grundidee sinnvoll ist und dass die Leute offen für das Thema sind. Ein cooles Zeichen dafür, dass jeder etwas bewegen kann.
Ein Schneeballsystem rund um den Globus. Durch das Internet gelingt es dir, dass Menschen überall auf der Welt CleanUps organisieren.
Christoph: Ja, wenn die Leute ihre Aufräumaktion auf Facebook mit den anderen Mitgliedern der Gruppe teilen, dann motivieren sie sich gegenseitig den Müll zu beseitigen, der am Strand ist. Diese Bilder gehen über Facebook um die Welt. Leute aus anderen Ländern, die nicht beim Müllsammeln dabei waren, sehen das und machen sich Gedanken darüber. Das hat einen positiven Effekt.
Wenn du eine Landkarte vor dir hättest. Auf welche Länder könntest du eine Stecknadel piksen? In welchen Ländern hast du schon Müll gesammelt?
Christoph: Ich war bisher in drei Ländern: auf Sri Lanka, in Indonesien und in Genua in Italien am Mittelmeer. Und ab März geht es nach Mumbai in Indien.
Wer bezahlt das?
Christoph: Ich habe vor rund eineinhalb Jahren das Unternehmen „CareElite“ gegründet und angefangen plastikfreie Produkte zu entwerfen und auf den Markt zu bringen, um das Konsumverhalten der Menschen ein bisschen zu verändern. Es sind Produkte, die den Leuten helfen, plastikfreier zu leben und weniger Müll zu machen, zum Beispiel Holzzahnbürsten.
Dein Unternehmen finanziert deine CleanUp-Aktionen?
Christoph: Genau, das eine finanziert das andere.
Und wovon lebst du?
Christoph: (lacht) Ich kann auch von meinem Unternehmen leben, aber ich habe mit dem CleanUp-Projekt eine andere Absicht. Ich will damit nicht reich werden.
Was dann?
Christoph: Es geht darum, etwas in der Welt zu verändern. Ich will die Menschen mit allen Möglichkeiten aufklären. Wir konsumieren ja immer noch mehr und noch verrückter und verwenden noch mehr Plastikverpackungen. Ich möchte den Plastikmüll beseitigen, der schon in der Umwelt ist, weil die Plastikflasche, die ins Meer geschmissen wurde, da noch 500 Jahre oder länger treiben wird, wenn sie keiner rausholt. Zusätzlich spende ich Einnahmen aus meinem Unternehmen an andere Umweltschutzprojekte und Events zur Aufklärung.
Mit einem spekulativen Aktienunternehmen hättest du mehr verdient.
Christoph: Ja, aber es ist das Cleanup-Projekt, für das ich morgens richtig gerne aufstehe. Dafür arbeite ich auch 60, 70 Stunden die Woche und setze mich am Wochenende hin.
„CareElite“ ist drei in eins: Dein Unternehmen. Deine Cleanup-Aktionen. Und dein Blog zum Thema Plastik, Umwelt- und Tierschutz und Nachhaltigkeit.
Christoph: Genau. Ich habe freie Mitarbeiter, die mit mir zusammen über nachhaltige Themen bloggen. Ich möchte, dass die Menschen den Bezug zur Natur nicht verlieren oder weiterhin eine Verbindung zu ihr behalten.
Und du meinst, es lohnt sich, etwas gegen Plastik zu unternehmen?
Christoph: (lacht) Allein schon wegen dem gesundheitlichen und dem ästhetischen Aspekt.
Wir essen doch kein Plastik.
Christoph: Um nur ein Beispiel zu nennen: Wir nehmen Mikroplastik über die Fische und Meerestiere auf, die wir essen. Plastiktüten, die im Meer schwimmen, zersetzen sich und die Tiere fressen diese kleinen Plastikteile, weil sie denken, es ist Nahrung. Das ist auch für uns ein massives Gesundheitsproblem. Wir sehen diesen Plastikmüll zwar nicht, aber er ist super gefährlich. Und, wer gerne ans Meer geht…
Gehst du gerne ans Meer?
Christoph: Ja, noch. Aber es wird nicht ewig so erholsam und schön sein, wie es jetzt noch ist. Ich glaube, dass Länder wie Bali in fünf Jahren keine Touristen mehr haben werden, wenn weiter so viel Müll in die Umwelt gelangt. Wer dort nicht irgendwann nur noch Plastikmüll vorfinden will, der sollte jetzt sofort umdenken und bewusster leben. Wir sägen an dem Ast auf dem wir sitzen.
Es ist dein großer Plastikfrei-Traum, aber hast du dir einmal überlegt, ob es vielleicht doch nur ein Traum ist? Der irgendwann zerplatzt wie eine Seifenblase? Und nicht in Erfüllung gegangen ist, wenn du mit 80 in deiner Wohnung in Berlin sitzt.
Christoph: Ich weiß, dass diese Bewegung mehr als ein Trend ist. Dieser neue Lebensstil wird die Welt langfristig verändern. Die Frage ist nur, wie schnell sich Hersteller, Politik und Bevölkerung an diese Bewegung anpassen. Alle gemeinsam können auf jeden Fall etwas bewegen. Und: Man sollte nie sagen, dass man alleine nichts bewirken kann. Das ist Quatsch. Man muss einfach machen.
Für Pfarrbriefservice: Ronja Goj
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Text: Ronja GojIn: Pfarrbriefservice.de