Hanbaliten – Wahhabiten – Muslim-Bruderschaft

Strömungen im Islam (1)

Die Hanbaliten sind zur einflussreichsten Strömung im Islam geworden. Sie vertreten eine möglichst wortgetreue Koranauslegung, die auch die Regelung des Alltags und des Politischen beansprucht. Damit folgt die Schule der juristischen Koranauslegung. Die saudische Schule der Wahhabiten wie der weitgehend davon inspirierte Salafismus haben dort ihre Wurzeln

Diese Denkweise hat sich als das heute dominierende Verständnis des Korans durchgesetzt. In der Frühzeit dieser Religion stand sie dagegen nur für eine der möglichen Auslegungsprinzipien

Der Gründer Ahmed b. Hanbal ist 855 gestorben. Hanbaliten akzeptieren nur den Koran und die Sunna als Quellen des Rechts. Die von ihm gegründete Schule stellte sich sowohl gegen die damals vorherrschende rationale Theologie, Kalam genannt, sowie gegen die mystische Linie des Sufismus. Trotzdem waren viele Hanbaliten Theologen wie auch Sufis.  

Auch Muslime können zu Feinden des Islam erklärt werden

Einer der wichtigsten Vertreter des Hanbalismus ist der Gelehrte Ahmed b. Taymiyya, der 1328 gestorben ist. Seine Familie war vor den einfallenden Mongolen nach Damaskus geflohen. Dort hat Ahmed b. Taymiyya seine Ausbildung genossen. Seine Hauptidee, die noch heute Verbreitung findet, war sein Aufruf zum Dschihad gegen die Mongolen, die zwar Muslime geworden waren, aber viele ihre alten Bräuche beibehalten hatten. So wurde der Begriff des Dschihads auch gegen die Muslime, die von bestimmten Normen abweichen, angewandt. Ahmed b. Taymiyya kämpfte gegen alle Neuerungen im Islam (bida’), die er als häretisch anprangerte. Wie Hanbal  hat er nur den Koran und die Sunna als Quellen des Rechts anerkannt. Damit ist er einer der Begründer des Salafismus. Dieser bezeichnet die Älteren als „Salafa“, das ist das arabische Wort für Vorfahren. Damit sind die Gefährten Mohammeds, die „Sahaba“ gemeint, an deren Beispiel die Muslime ihr Leben auszurichten haben.

Der Hanbalismus als Quelle des Wahhabismus

Der Hanbalismus wurde für Saudi Arabien, das damals noch zum Osmanischen Reich gehörte, zur Quelle des Wahhabismus. Sein Gründer, Scheich Muhammed b. ‘Abd al-Wahhab, wurde 1703 in ‘Uayanna geboren, hat aber seine Ausbildung in Mekka und Medina erhalten. Er konnte die Unterstützung des Emirs Muhammed b. Saud gewinnen. Al-Wahhab stützte sich auf die Ideen von Ahmed b. Taymiyya, besonders auf die gegen die Verehrung der Heiligen und damit gegen die Ideen des von den Schiiten verehrten Neffen Mohammeds, Ali. Weiter bekämpfte er Richtungen des Sufismus.

Innerhalb der Schule der Hanbaliten hat der Wahhabismus allerdings keine uneingeschränkte Anerkennung der Gelehrten gewonnen.

Maßgebende Strömung im Islam

Obwohl der Wahhabismus auf den erbitterten Widerstand der Osmanen gestoßen ist, konnte er seinen Einfluss auf mehrere Regionen dieses Reiches ausdehnen, zuerst im heutigen Saudi-Arabien, aber auch im Maghreb und in Indien. In Ägypten haben die Ideen von ‘Abd al-Wahhab durch die „Muslim-Bruderschaft“, deren Gründer Raschid ar-Rida 1935 starb, Eingang gefunden.

Der Hanbalismus ist heute in der Form des Wahhabismus in Saudi-Arabien und in den Gebieten, in denen er mit saudischer Unterstützung verbreitet wurde, die maßgebende Strömung des Islam.

Vladimir Pachkov, In: Pfarrbriefservice.de

Vladimir Pachkov (geb. 1972) ist ein russischer Jesuit. Er ist schon als Kind mit dem Islam in Berührung gekommen, hat in Ägypten arabische Sprache und Islamwissenschaften studiert und hat in Kirgisien gearbeitet.

s. auch die Serie: Christentum und Islam im Vergleich

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Die Sunniten sind die Mehrheit der Muslime, etwa 85 Prozent. Sunna heißt Tradition des Propheten. Die Sunniten beziehen sich auf die vier islamischen Rechtsschulen, die Hanafiten, die Malikiten, die Hanbaliten und Schafi’iten, die sich im 9. Jahrhundert gebildet haben.

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Das Wort Schiiten leitet sich von Schia, die Partei her. Gemeint ist die Partei des Vetters und zugleich des Schwiegersohns Mohammeds, Ali, der nach dem Tod Mohammeds sein Nachfolger werden wollte. Die Gemeinde hat aber den Weggefährten des Propheten, Abu Bakr, zum Kalifen gewählt.

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Von den Schiiten haben sich zwei Richtungen abgespalten, die Aleviten in der Türkei und die Alawiten in Syrien. Sie leiten sich wie die Schiiten von dem Schwiegersohn des Propheten her, der Ali hieß.

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Im Islam suchten schon von Anfang an Männer und auch Frauen, denen die legalistische Auslegung des Glaubens nicht genügte, eine persönliche Beziehung zu Gott. Sie verlangten nach Gottesliebe und einem Leben in Gemeinschaft mit ihrem Schöpfer.

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Muslime, die auf die Scharia pochen und eine möglichst wortgetreue Auslegung fordern, bestimmen das Gesicht des Islam, geben aber nicht die Einstellung der Mehrheit der Moslems, z.B. in Europa wieder.

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Text: Vladimir Pachkov
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