Religionen

verbinden und verbünden

… aus einer Wurzel zart — ist ein Ros entsprungen  
und hat ein Blümlein bracht …

so besingen Christen in einem Weihnachtslied die Geburt
Jesu, —  den der Prophet Jesaia vor mehr als zweieinhalb
Jahrtausenden dem jüdischen Volk  als den stets neu
Kommenden verkündet,  —  und Mohammed, der Stifter des
Islams, in Gott Allah, dem Allmächtigen, preist und verehrt    
 
drei Religionen —  die aus ihrer gemeinsam einen zarten Wurzel
wie Blumen entspringen  — und sich mit ihren  Blüten — wie
Schlüssel  gen Himmel recken und strecken  —  ihn zu öffnen,
aufzuschließen  —  damit sein Licht, sein Wind, sein Regen  
—  wie der Tau herabkommt auf die Erde

so liegt es nahe  —  die Religionen einmal insgesamt — zusammen
mit den drei  — wie  Schlüsselblumen  zu betrachten, da sie sich ja
ihrerseits ebenso an den Himmel wenden  —  ihn zu öffnen,
aufzuschließen, damit sein Licht, sein Leben, Heil und Segen
wie der Tau herabkommt  —  auf die Erde  — zu den Menschen  
— damit sie das Leben haben  —  und es in Fülle haben

denn  — so wie die vielen Schlüsselblumenarten  — weltweit in je
verschiedenen Mutterböden wurzeln, wohnen und aus ihnen
wachsen  —  stammen auch die Religionen aus je verschiedenen
Zeiten und Zonen, Regionen und Traditionen, worin ja die Vielfalt
ihrer Lebens- und Erscheinungsformen Grund und Ursprung hat

Religionen  —  die in der zunehmend  einen Welt  von heute  
um Gottes, der Erde und der Menschen willen eingeladen — ja
aufgerufen sind  zum Austausch und zum Dialog  —  auf vielen
Ebenen des Lebens  —  ein Zeichen der Zeit

Mut und Kraft dazu erwarten und erfahren die Religionen wie gewohnt
—  von  ganz oben  —  aus den Höhen des Himmels —  doch, so wie die Blumen
Saft und Kraft auch aus den Tiefen ihrer Mutterböden ziehen und schöpfen, so
erhalten auch die Religionen —  wie die Schlüsselblumen —   
Saft und Kraft —  von ganz unten —  aus ihren Quell- und Wurzelgründen,
den  Bodenschätzen  von Inspiration und Intuition, Poesie und Prophetie
und tiefer noch  — von dort, wo ihre Nähr- und Mutterböden übergeh’n,  
ja aufgeh’n  im noch nicht geronnenen  —  Schmelzfluss der Tiefe

—  dort, wo alle Sätze und Gesetze —  Dogmen und Doktrinen,
 Bilder und Symbole — enden und beginnen — dort, wo das Wort
zum Schweigen und das Schweigen zu Wort kommt  — wo  das
Geheimnis heimisch ist —  im Magma der Mystik

diese mystisch-spirituelle Tiefe, jene geheimnisvolle Innenseite  der
Religionen ist es —  aus der und durch die heute —  Austausch und
Begegnung, Verstehen und Verständigung — möglich sein können,
—  dort, wo die Religionen — als Partner der Tiefe  — ihre je eigenen
Erfahrungen und Offenbarungen  —  neu schauen, neu entdecken,
neu wahrnehmen können  —  und wahrnehmen lassen  —  auch
im Lichte der anderen  —  auf der Ebene der Mystik

—  dort, wo sich die Religionen als Geschwister neu kennen, erkennen
und anerkennen  —  ja schätzen lernen können

—  dort, wo sie wie Liebende einander verstehen, auch wenn sie sich
mit ihren Bildern, Büchern und Buchstaben noch nicht verständigen
können  —  und dabei doch das Andere im Anderen wahrnehmen  —
als Innewerden eines Teils des Eigenen — und annehmen des Eigenen
als Teil des Anderen — eine bereichernde Begegnung im Gegenüber
—  ohne Gegen und ohne Über — auf Augenhöhe — und in der Tiefe
des Herzens

—  dort, wo dann auch im Alltag — wie auf den Stufen der Reflexion
das unterscheidend Andere der Anderen neu gesehen, geachtet und
geschätzt  — ja, wo die Vielfalt des Anderen und der Anderen wie ein
Geschenk — dankend wahrgenommen, gewürdigt und bewundert
werden kann  —  als Schönheit des Himmels  —  Glanz aus der Tiefe
—  Reichtum des Reiches Gottes

so kann in der globalisierten einen Welt  von heute —  schon die alltägliche
Begegnung zwischen Mitgliedern unterschiedlicher Religionen — neben der
geschwisterlichen Achtung und Anerkennung  — auch eine Gemeinsamkeit
freilegen, die inspiriert und motiviert, verbindet und verbündet —  zum
solidarischen Tun und Handeln —  beim Einsatz für Frieden, Freiheit und
Gerechtigkeit — wie auch zum prophetischen Mahnen für die Würde und
Werte des Menschen — und der gesamten Schöpfung

die Begegnung  der Religionen im Dialog  —  kann letztlich auch ein Spiel
sein  —  ein Zusammenspiel —  in Gelöstheit und Gelassenheit —  mit der
Freude und in der Freiheit der Kinder Gottes — Neuschöpfung  —  Vision
einer spirituellen Evolution  — mit einem Himmelsschlüssel-Synergie-Effekt,
der  die Himmel öffnet, aufschließt, weitet —  damit sein Licht, sein Leben,
Heil und Segen  —  wie Saft und Kraft  —  herab- und heraufkommt auf
die Erde  — zu den  Menschen — damit sie das Leben haben  —  und es
in Fülle haben

Geheimnis der Schlüsselblume  — ihre Kraft  — ihr Impuls  — ihre Vision:
— denn — so wie sie  blüht —  sie blüht, weil sie blüht  —  fragt nicht, ob
jemand sie sieht — so möchte und möge — auch der Dialog der Religionen
in heilsamer Absichtslosigkeit — in uns, aus uns, mit und durch uns  — 
geschehen, wie er geschieht  —  neu verbindend und verbündend

... aus einer Wurzel zart

Klaus Jäkel, In: Pfarrbriefservice.de

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Das Schwerpunktthema für September 2020

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Text: Klaus Jäkel
In: Pfarrbriefservice.de