Synodalität mit angezogener Handbremse
Fünfte Vollversammlung zeigt das Problem der kirchlichen Machtstrukturen
Gut drei Jahre lang haben sich rund 230 Katholik:innen in Deutschland auf einen Synodalen Weg gemacht. Dabei war oft zu hören, dass die katholische Kirche Synodalität erst lernen müsse. Das stimmt. Zwar hat Papst Franziskus Synodalität zur Leitidee seiner Amtszeit gemacht. Aber darüber, was Synodalität bedeutet, besteht noch kein Konsens.
Denn Leitung ist in der katholischen Kirche bisher nicht synodal, sondern hierarchisch organisiert. Solange dieses hierarchische System nicht verändert wird, ist Synodalität eine reine Stilfrage: die Bitte an die Entscheidungsträger, also die Bischöfe und den Papst, die Gläubigen in der Phase der Beratung über Lehre und Leitung einzubeziehen und ihnen gut zuzuhören. Die Entscheidung liegt aber weiterhin bei den Bischöfen und dem Papst.
Der Synodale Weg in Deutschland sollte diese Dysbalance ausgleichen. Es sollte nicht nur gemeinsam beraten, sondern auch gemeinsam entschieden werden. Verantwortung für die künftige Gestalt der Kirche sollte geteilt werden.
Reformpotenzial beschnitten
Wo stehen wir heute? Aktuelle Themen wurden offen debattiert. Viele brachten sich ein. Auf der Ebene der Beratung gab es viele gelungene Momente von Synodalität. In der Entscheidungsfindung behaupteten die Bischöfe jedoch bis zum Schluss die privilegierte Rolle im hierarchischen System Kirche. Ihre Änderungsanträge – teils in letzter Minute eingebracht – standen faktisch nicht einfach zur Diskussion. Sondern sie markierten, zu welchen Reformen sie maximal bereit waren. In keinem Fall wurden die Texte dadurch ambitionierter; durchweg wurden Reformimpulse vielmehr zurückgenommen. Allen war klar, dass die nötige Zweidrittelmehrheit der Bischöfe nur erreicht werden würde, wenn die Synodalversammlung diesen Eingaben folgte. So geschah es auch. Was synodal möglich war, definierte also nicht das Einvernehmen in der ganzen Synodalversammlung, sondern der kleinste gemeinsame Nenner in der Bischofskonferenz.
Einmal mehr zeigte sich: Synodalität muss in der katholischen Kirche erst noch erlernt werden. Nötig ist der gute Wille aller Beteiligten – und nötig sind Strukturen, die auch im Konfliktfall gewährleisten, dass wirklich synodal beraten und entschieden wird.
Julia Knop, In: Pfarrbriefservice.de
Dr. theol. Julia Knop (geb. 1977) ist Professorin für Dogmatik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt und war Mitglied der Synodalversammlung sowie des Synodalforums „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche“.
Der Synodale Weg
Der Synodale Weg ist ein Gesprächsprozess innerhalb der katholischen Kirche in Deutschland, der mit der fünften Vollversammlung Anfang März 2023 endete. Er diente der Aufarbeitung von Fragen, die sich im Herbst 2018 nach der Veröffentlichung der sogenannten MHG-Studie über sexuellen Missbrauch in der Kirche ergeben haben. Die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken verantworteten gemeinsam diesen Prozess: www.synodalerweg.de
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Text: Julia KnopIn: Pfarrbriefservice.de