Weiß man denn, ob die gesund sind?
Deutschland pflegt ja eine herzliche Willkommenskultur. Aber für manche Diskussionen mit Mitbürgern muss man sich wappnen ...
Neulich, unter Bekannten. „Ich habe nichts gegen Flüchtlinge“, sagt einer. „Aber es ist blöd, dass die Turnhalle für den Schulsport unserer Kinder nicht mehr zur Verfügung steht.“ Schnell kommt Zustimmung – die der besonderen Art: „Die sind übrigens alle aus Nigeria. Weiß man, ob die wirklich gesund sind? Da gab’s doch mal Ebola . . .“ Ein Dritter gibt sich ebenfalls besorgt: „Sind unsere Mädchen eigentlich sicher? Diese vielen jungen Männer . . .“ Deutschland pflegt eine herzliche Willkommenskultur. Aber mancherorts gibt es Diskussionen, die Beziehungen gefährden können. Denn wer sich auskennt mit Asylsuchenden und Flüchtlingen, kann solche Sätze nicht verkraften. Besonders nicht, wenn sie von Menschen kommen, die man mag.
Es ist schwer auszuhalten, wenn ein freundlicher Nachbar mitteilt, dass es in vier Jahren Bürgerkrieg wegen der Flüchtlinge geben werde. So stehe es in der Zeitung. Die Versuchung ist groß, darauf mit einem vernichtenden verbalen Schlag zu antworten oder den Kontakt abzubrechen. Aber damit ist nichts gewonnen. Man muss mit diesen Leuten reden. Zum einen, weil sie sonst unbeirrt weitertragen, was einem friedlichen Miteinander in der Gesellschaft schadet. Die Sache mit dem Bürgerkrieg etwa, die derzeit die Runde macht, oder Hinweise auf vermeintliche Krankheiten und Kriminalität unter denen, die aus Kriegsgebieten zu uns kommen.
Ich selber suche auch deswegen nach guten Argumenten, weil ich nicht mehr unbeschwert mit dem anderen umgehen kann, wenn ich dauernd daran denke, was dieser von mir geachtete und gemochte Mensch im Kopf hat. Ich muss widersprechen! Im Fall des angekündigten Bürgerkrieges hat es übrigens ausgereicht, auf die Quelle zu verweisen: ein östlicher AfD-Landtagsabgeordneter und diverse Neonazischriften, die solche rechtsradikalen Gedanken seit geraumer Zeit verbreiten. Information hilft. Auch auf die Frage, ob die denn gesund seien, gibt es eine Antwort. Ja, jeder Flüchtling muss bei der Ankunft eine medizinische Untersuchung durchlaufen. Fragen sind okay – aber ernsthaftes Interesse an den Antworten wäre auch gut.
In anderen Fällen, wenn es um neue Kindergartenplätze oder Schulklassen geht, die wir brauchen, überlege ich mir, was nach der selbstverständlichen Hilfe für Flüchtlinge der plausible Nutzen für die Gesellschaft und den Einzelnen sein könnte: ein vielfältiges Land, neue, bereichernde An- und Einsichten, mehr Arbeitskräfte, vielleicht sichere Renten . . . Ich lese fleißig Studien und Statistiken und merke: Die Anfechtung, die fremdenfeindliche oder distanzierende Äußerungen darstellen, bringt mich geistig voran. Ich weiß mehr als vorher und werde mit jeder Diskussion sicherer. Mit Zahlen etwa kann ich die widerlegen, die behaupten, unsere Sozialkassen würden ausgeraubt.
Falsch! Kann ich ihnen entgegenschmettern. Menschen ohne deutschen Pass, die bei uns arbeiten, spülen mehr hinein in diese Kassen, als sie jemals herausholen. Zuwanderung entlastet den Steuerzahler. Ha! Kampfeslustig bin ich auch, wenn jemand das weltweite Elend gelangweilt von sich fernhält – oder sich zynisch auslässt über die „Gutmenschen“, die Deutschunterricht geben oder spenden wollen. Auch dann erzähle ich, was ich an Beispielen kenne. Und tröste mich notfalls mit einem biblischen Wort, wonach Gott diejenigen, die bloß lau sind und weder warm noch kalt, ausspeit aus seinem Mund. Das sind doch gute Nachrichten für die mitmenschlich Begeisterten ...
Autorin: Susanne Breit-Kessler
Quelle: chrismon, Das evangelische Magazin 11.2015, www.chrismon.de. In: Pfarrbriefservice.de
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Dateigröße: 0,03 MB
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Text: Susanne Breit-KeßlerIn: Pfarrbriefservice.de