Weiße Norm/alität

Wie sie Denken, Reden und Handeln prägt

Wie lebt es sich in einer Gesellschaft, die Weißsein als Norm gesetzt hat? Ich werde nie gefragt: „Und, was sagen Sie als Weiße dazu?“, „Als Weiße sind Sie natürlich Expertin auf diesem Gebiet!“, „Diese Karriere ist doch eher untypisch für Leute wie Sie, oder?“ oder „Das ist bestimmt nicht leicht für Sie, in Deutschland zu leben – so fern der Heimat!“ Ich wurde dazu erzogen, mein Weißsein nicht zu bemerken. Gleichzeitig brachte man mir bei, Weiß zu handeln. Wie solch Weißes Handeln aussieht, wissen die am besten, die nicht Weiß sind. Schwarze Menschen haben über Jahrhunderte Weiße beobachtet und analysiert, nicht aus Interesse, sondern aus Überlebensnotwendigkeit. Ein Beispiel solchen Weißen Handelns beschreibt die Schwarze feministische niederländische Theologin Doreen Hazel:

„Als ich vor einiger Zeit irgendwo eingeladen war, einen Vortrag zu halten und zu früh eintraf, nahm man an, ich sei diejenige, die den Kaffee ausschenkt. Ich begann, Kaffee einzugießen, wie man es von mir erwartete; als schwarze Frau hatte ich mich demütig und fürsorglich zu verhalten. In der Zwischenzeit fingen alle an, sich Sorgen zu machen, weil sie nicht verstanden, was Frau Hazel aufgehalten haben könnte. Nun, es ist nichts daran auszusetzen, jemandem Kaffee einzugießen; was aber falsch ist, ist die Tatsache, dass erwartet wurde, dass ich das tue auf der Basis meiner Hautfarbe und meines Frauseins.“⁶

Für die weißen Veranstalter_innen beantwortete der schwarze, weibliche Körper Doreen Hazels die Frage, welche Rolle sie bei der Veranstaltung spielen würde. Der weiße Blick klassifizierte und wertete ihren Körper und verwies die Dozentin an den Rand, als Küchenhilfe neben die Kaffeemaschine. Weiße tun das ständig: Ich sehe eine Schwarze Frau und frage mich, aus welchem afrikanischen Land sie wohl kommt. Mein Weißer Blick verweist sie prompt in ein geografisches Außen, in einen anderen Kontinent. Er vermittelt: Du gehörst nicht hierher. Ich schon.

Dr. Eske Wollrad
Quelle: Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche & Rechtsextremismus, u.a. (Hg.): Vor Gott sind alle Menschen gleich. Beiträge zu einer rassismuskritischen Religionspädagogik und Theologie. In: Pfarrbriefservice.de

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⁶ Vortrag Doreen Hazel: Consultation of the World Alliance of Reformed Churches on Challenges from the Emerging Ecclesiology to Ecclesial Renewal, Kampen, Niederlande, 19. – 23. 10. 1993, 3f (Übersetzung E.W.)

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Text: Dr. Eske Wollrad, Quelle: Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche & Rechtsextremismus, u.a. (Hg.): Vor Gott sind alle Menschen gleich. Beiträge zu einer rassismuskritischen Religionspädagogik und Theologie.
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