Es wird geschätzt, dass in Deutschland 7,5 Millionen Erwachsene nicht richtig lesen und schreiben können. Bedienungsanleitungen, Speisekarte, Beipackzettel – ohne ausreichende Lese- und Schreibkenntnisse wird der Alltag zu einer permanenten Herausforderung. Oft entwickeln Betroffene ausgeklügelte Strategien, damit das Problem nicht weiter auffällt. Eine Informationskampagne des Bundesbildungsministeriums informiert über das Phänomen des sogenannten funktionalen Analphabetismus und will das Thema enttabuisieren. Die Kampagne soll betroffene Menschen motivieren, den Schritt in die Weiterbildung zu gehen, denn zum Lernen ist es nie zu spät, heißt es auf der Kampagnenwebsite www.mein-schlüssel-zur-welt.de.
Vom funktionalen Analphabetismus spricht man, wenn Menschen zwar einzelne Sätze lesen oder schreiben, nicht jedoch zusammenhängende, auch kürzere Texte, wie zum Beispiel eine schriftliche Arbeitsanweisung, verstehen. Die Kampagne will möglichst viele Menschen sensibilisieren und über Möglichkeiten informieren, im Erwachsenenalter Lesen und Schreiben zu lernen. Dazu werden Erzählungen von Erwachsenen über den Schlüsselmoment in ihrem Leben in den Mittelpunkt gestellt, in dem sie Mut fassten und sich entschieden, besser Lesen und Schreiben zu lernen.
Unter www.mein-schlüssel-zur-welt.de findet man Wissenswertes zum „Funktionalen Analphabetismus“, außerdem die oben bereits erwähnten Lebens- und Erfolgsgeschichten, Informationen für Arbeitgeber sowie Lernangebote und Beratungsmöglichkeiten. So bietet die kostenlose Hotline des Bundesverbands Alphabetisierung und Grundbildung e. V. telefonisch anonyme Beratung für Menschen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten und ihre Angehörigen. Die Nummer des ALFA-TELEFONS ist 0800-53 33 44 55 (kostenlos aus allen Netzen).
Weitere Ergebnisse der Studie
Eine Studie der Universität Hamburg hat ergeben, dass etwa ein Drittel aller funktionalen Analphabeten zwischen 50 und 64 Jahren alt ist. Lediglich ein Fünftel gehört zur Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen. Mehr als die Hälfte aller Betroffenen besitzt keinen oder nur einen niedrigen Schulabschluss. Gleichwohl sind auch Personen mit höherer Bildung in der Gruppe der funktionalen Analphabeten signifikant vertreten. Erwerbstätigkeit ist unter funktionalen Analphabeten weit verbreitet. Gut 60 Prozent aller Betroffenen geht einem Beruf nach, arbeitslos sind knapp 17 Prozent.