Es ist frisch, modern, interessant. Berührend, intensiv, mutig. Ansprechend, schön, edel: Das Pfarrmagazin „Ansichtssache“ der Gemeinde Sankt Laurentius Kleinostheim. Anfang des Jahres 2017 entscheidet sich der Pfarrgemeindrat für ein Pfarrmagazin und legt damit den Grundstein. Heute, ein Jahr später, ist es bereits ein fester Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit. Begleiten Sie das Pfarrmagazin auf seinem Entstehungsweg. Initiator und Koordinator Pfarrer Heribert Kaufmann erzählt von der Idee, der Entstehung, der Umsetzung und dem inzwischen eingespielten Redaktionsalltag. Lesen Sie, warum es sich lohnt, auch Ihren Pfarrbrief in ein interessantes Pfarrmagazin zu verwandeln. Und holen Sie sich in diesem Artikel exklusive Ideen, Anregungen, Tipps und Tricks.
Der Auslöser …
Pfarrer Heribert Kaufmann: „Wir müssen etwas tun! Das ist uns vom Pfarrgemeinderat bewusst geworden, als wir herausgefunden haben, dass viele Menschen kein Mitteilungsblatt mehr beziehen. Das Mitteilungsblatt gab es in unserer Gemeinde anstelle eines Pfarrbriefs. Das wird von der Gemeinde herausgegeben und enthält alle Informationen von den Vereinen, Parteien und den katholischen und evangelischen Kirchen. Das kostet etwas und wird wöchentlich an Abonnenten verteilt. Aber die Abonnenten werden weniger. Immer mehr junge Leute, die zuziehen sagen: „Das brauche ich nicht. Es interessiert mich nicht, was hier in Kleinostheim los ist.“ Und deshalb erreichen wir diese Menschen mit unseren Informationen, Angeboten und Ankündigungen nicht mehr. Vor zwei Jahren haben wir Johannes Simon zum Thema „Öffentlichkeitsarbeit" eingeladen und im Pfarrgemeinderat eine Sitzung mit ihm gemacht. Daraus ist die Idee entstanden, dass wir keinen Pfarrbrief im herkömmlichen Sinn herausgeben wollen, mit Gottesdienstordnung und Berichten von Veranstaltungen der verschiedenen Verbände und Gruppen, denn das wird den Leuten weiterhin über das Mitteilungsblatt angeboten. Stattdessen wollten wir ein Pfarrmagazin entwickeln. Ein inhaltliches Magazin, das auf Themen ausgerichtet ist. Das Magazin soll eine Brücke zu den Menschen sein, die sonst wenig mit uns in Kontakt kommen."
Das Redaktionsteam …
„Ein Redaktionsteam haben wir gleich gefunden. Fast zehn Leute sind darin. Zwei aus dem Pfarrgemeinderat und andere von außen, die wir angesprochen haben. Hauptsächlich Ehrenamtliche, aber es sind auch einige dabei, die schon einmal ehrenamtlich für die Zeitung geschrieben haben. Es gibt sogar eine Frau mit journalistischer Ausbildung, die auch Bücher herausgegeben hat."
Bis die erste Ausgabe stand …
„Am Anfang haben wir ein bisschen Vorlaufzeit oder Anlaufzeit gebraucht, bis wir uns einig waren, was wir wollen. Bis die erste Nummer auf dem Weg war, hat es drei, vier grundsätzliche Pfarrgemeinderatssitzungen gebraucht, um die Richtung vorzugeben. Und nochmal zwei Sitzungen, um konkret zu werden. Vom ersten Treffen bis zur ersten Ausgabe waren es daher, glaube ich, sieben Monate, also ein gutes halbes Jahr. Wir haben im Pfarrgemeinderat überlegt, wen wir ansprechen könnten, im Redaktionsteam mitzumachen. Dann mussten wir gucken, wie unser Pfarrmagazin aussehen könnte und welche Rubriken reinkommen. Das ist alles im Gespräch entstanden. Aber jetzt geht es deutlich schneller. Vor der letzten Ausgabe haben wir uns nur noch dreimal getroffen. Insgesamt geben wir die „Ansichtssache“ zweimal im Jahr heraus, einmal im Frühjahr und einmal im Herbst."
Die Titelfindung …
„Wir hatten keine Vorgaben, deswegen haben wir ganz frei überlegt und diskutiert: Wie nennen wir das Heft? Was ist ein griffiges Wort? Es sollte ein offenes Wort sein. Keines wie „Einblick“, das typisch nach: „Wir gucken auf die Kirche“ klingt. Wir haben eine ganze Sitzung gebraucht, bis wir einen Namen gefunden haben. Aber nach und nach hat sich der Titel „Ansichtssache“ herauskristallisiert. Es gibt ja die Redewendung: „Das ist Ansichtssache!“ Und letztendlich ist alles eine Ansichtssache. In unserem Pfarrmagazin möchten wir Ansichten anbieten und zur Diskussion stellen. Aber jeder kann und soll sich seine Ansicht und seine Meinung selber bilden. Jeder darf auch gerne ganz anderer Ansicht sein und uns in einer Rückmeldung seine Ansicht mitteilen. Es gibt viele Magazine, die inhaltlich und thematisch arbeiten. Wir wollten darum aus christlicher Sicht unsere Ansicht dazu geben."
Die Redaktionskonferenz …
„In der Redaktionskonferenz blicken wir immer kurz auf die letzte Ausgabe zurück und besprechen zum Beispiel, welche Reaktionen es gegeben hat. Dann überlegen wir uns im Team ein Thema für die neue Ausgabe und legen fest, wer welchen Artikel übernimmt. Bisher haben meistens Leute aus dem Redaktionsteam Artikel geschrieben. Ich denke auf Dauer werden wir gucken, dass wir über den eigenen Kreis hinauskommen und mit externen Autoren Kontakt aufnehmen, die uns zu bestimmten Themen etwas liefern."
Die Themen …
„Unser erstes Heft hatte kein Thema. Das war sozusagen unsere Nullnummer (lacht). Die zweite Ausgabe stand unter dem Motto „Dankbarkeit“ und für die nächste Ausgabe hat jemand das Thema „Zärtlichkeit“ vorgeschlagen. Das ist ein Lieblingswort des Papstes. Darum nehmen wir dieses Wort, das für die Kirche eher untypisch ist und buchstabieren es in der neuen Ausgabe durch.
Schwerpunktthemen wirken nicht so typisch kirchlich, wie es beispielsweise bei Pfarrbriefen mit Rückblicken der Fall ist. Ich denke, Rückblicke stoßen eher ab. Um die zu verstehen, müssen die Leute aus der Kirche sein. Wenn ich dagegen ein thematisches Pfarrmagazin lese, ist es egal, ob ich Kirchgänger oder Katholik oder Christ bin. Die Leser haben ein vielfältiges Angebot und können sich das raussuchen, was sie interessiert. Ich glaube, eine Bündelung auf ein bestimmtes Thema, macht neugieriger, als ein Sammelsurium von allen möglichen Dingen, die oft nichts miteinander zu tun haben."
Die Rubriken …
„Wir haben zum Beispiel die Rubrik „Queerbeet“. Das sind kurze Inhalte: kleine Buchvorstellungen etwa, ein Sudoku oder ein Rezept. Verschiedene Beiträge, die wir gesammelt haben, die sich aber im Lauf der Zeit wieder ändern können. Eine andere Rubrik ist das „Fotointerview“. Das ist ein Interview, bei dem die Interviewfragen mit Fotos beantwortet werden. Da überlegen wir jedes Mal neu, wen wir aus unserer Gemeinde ansprechen könnten. Zum Beispiel unsere Ordensschwester oder den Leiter vom Kirchenchor. Das „Fotointerview“ war die Idee von unserem Layouter. Der hat damals dafür plädiert, dass es gut ist, neben dem vielen Text, auch eine andere Stilform mit vielen Bildern im Pfarrmagazin zu haben. Ich denke, diese Art kommt gut bei den Leuten an, lässt sie schmunzeln und tiefer hinschauen."
Das Format …
„Es war uns wichtig, dass unser Magazin nicht gleich ins Altpapier wandert (lacht). Darum haben wir bewusst ein Format gewählt, das zwischen DIN A5 und DIN A4 liegt. Wir wollten dieses Zwischenformat, damit unser Magazin wahrgenommen wird. Damit es noch auffälliger ist und damit es sich noch stärker von anderen Wurfsendungen unterscheidet und abhebt, die so in den Briefkasten flattern."
Das Layout …
„Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass das Layout eines Magazins etwas hermacht, dass es ansprechend gestaltet ist, damit es gelesen und wahrgenommen wird. Es war uns wichtig, dass unser Magazin hochwertig ist und keine billige Kopie. Sowohl vom Papier, als auch vom Druck sowie von der inneren und äußeren Gestaltung. Darum haben wir uns mit einem kompetenten Layouter zusammengetan. Zufälligerweise hat uns der Pfarrgemeinderatsvorsitzende, der auch Mitglied im Redaktionsteam ist, erzählt, dass sein Sohn in Berlin als Designer arbeitet. Den haben wir gefragt und mit ihm sind wir jetzt in guter Zusammenarbeit. Wir sind sehr froh darüber und sehr dankbar dafür, dass das so gut klappt. Wir stellen alle Inhalte zusammen und lassen sie dem Layouter zukommen. Manchmal haben wir selber Bilder, ansonsten macht er uns Vorschläge. Teilweise sind wir sogar per Skype (lacht) mit ihm in Berlin verbunden und geben unsere Wünsche durch. Dann überarbeitet er das Magazin nochmal. Es kommt zu uns zurück, wird korrekturgelesen und in den Druck gegeben."
Die Verteilung …
„Unser Pfarrmagazin wird von unseren Austrägern bewusst an alle katholischen Haushalte verteilt. Zusätzlich legen wir es in der Gemeinde an den verschiedensten Orten aus, damit es die Menschen einfacher finden. Im Rathaus, in der Zahnarztpraxis oder im Schulfoyer zum Beispiel. Dann sehen die Menschen gleich, dass es da um etwas Inhaltliches geht und sagen nicht: „Oh je, das ist typisch Kirche.“"
Die Finanzierung …
„Im Pfarrgemeinderat war uns allen wichtig, die Kirchenverwaltung von Anfang an mit ins Boot zu holen. Ich glaube, es ist notwendig, die Menschen, die über das Geld bestimmen, zu überzeugen, warum wir das machen. Sie müssen den Sinn sehen, der hinter dem Magazin steckt. Und das ist das pastorale Anliegen! Es ist wichtig, dass die Kirchenverwaltung nicht sagt: „Das ist uns zu teuer! Das brauchen wir nicht! Machen wir lieber ein billiges Heftchen!“ Denn dann scheitert das Projekt daran. Was gut ist, hat seinen Preis. Man muss die Kirchenverwaltung daher dafür gewinnen, Geld lockerzumachen. Auch, wenn uns die „Ansichtssache“ zweimal im Jahr ein bisschen etwas kostet."
Das Feedback …
„„Toll, da habt ihr wirklich was Gutes gemacht.“ Das waren einzelne Stimmen von Leuten, die jünger sind oder kritischer der Kirche gegenüberstehen. Viele haben gesagt, dass es eine tolle Idee ist. Das ist natürlich schön, wenn es so gut ankommt und unsere Ideen sofort positiv aufgenommen werden. Es sind gleich Leute auf uns zugekommen, die Texte oder Ideen beigesteuert oder gebracht haben."
Das sagen Redaktionsmitglieder ...
Christiane Lambermont, 58 Jahre
„Nachdem ich die erste Auflage der Ansichtssache gelesen habe, war ich so begeistert, dass ich gerne mitarbeiten wollte. Ich finde es toll, dass wir die Freiheit haben, unsere Gedanken und Gefühle zu äußern und so den Glauben aus der Sicht eines ganz einfachen Mitglieds der Gemeinde darzulegen. Alles kommt ungefiltert aus dem Herzen. Diese Offenheit hat mich damals schon sehr angesprochen, als ich die erste Ausgabe gelesen habe. Ich finde es gut, wenn wir Christen unseren Glauben nicht als Privatsache sehen, sondern darüber sprechen oder schreiben. Vielleicht können wir mit unserer Haltung den einen oder anderen erreichen und berühren, der nicht regelmäßig in die Kirche geht."
Barbara Reimer, 46 Jahre alt
„Vor einigen Jahren war ich in der Marketing-Abteilung tätig, von daher macht mir kreatives Schreiben Spaß. Ich finde es spannend, mich auch mal mit anderen Themen geistig auseinanderzusetzen, mich selbst zu hinterfragen und das zu Papier zu bringen. Und es macht mir Freude, manche Themen von einem anderen Gesichtspunkt zu beleuchten.
„Geht das nur mir so?“: So habe ich meine Rubrik in der „Ansichtssache“ genannt. Das liegt daran, dass ich mir zum Thema der jeweils nächsten Ausgabe meine Gedanken mache und Artikel verfasse, die sehr persönlich ausfallen. Denn ich schreibe nur über mich und meine Gedanken. Natürlich gehört eine Portion Mut dazu, seine ganz privaten Ansichten in der „Ansichtssache“ öffentlich mitzuteilen. Aber, wenn ich positives Feedback bekomme, dann ist das einfach nur Freude! Dabei war ich zu Beginn erst verunsichert, ob ich als Autorin geeignet bin. Ich bin zwar gläubig, aber nicht so „kirchen-fest“. Dann habe ich mir gedacht, dass das vielleicht sogar gut sein kann, weil es wohl immer mehr jüngeren Menschen oder Angehörigen meiner Generation so geht."
Pfarrer Heribert Kaufmann
„Sie können die Menschen motivieren mitzumachen, indem Sie appellieren: „Wir machen etwas Neues! Wir sind nicht festgelegt! Jeder kann sich einbringen!“ Es ist wichtig, die Leute nicht in ein Schema zu zwängen, sondern sie mitentscheiden zu lassen. Bei uns war nur vorgegeben, dass wir ein Magazin und keinen Pfarrbrief machen. Aber vom Inhalt, von der Gestaltung, vom Format her waren wir ganz offen und haben miteinander überlegt. Das hat dann eine Eigendynamik entwickelt. Ich denke man muss sich überlegen: Wer hat ein Faible dafür? Wer hat eine Ader dafür? Wer kann formulieren? Man muss die Leute ansprechen, die kreativ sein wollen, die frei gestalten wollen, die Lust haben, Neues zu machen. Und vor allem nicht immer die gleichen, sondern auch die, die sonst nicht so eng mit der Kirche verbunden sind. Vertrauen Sie auf die Begabungen in der Gemeinde. Die gibt es überall. Bei uns ist zum Beispiel auch wieder jemand aus dem Redaktionsteam ausgetreten. Dafür hat sich nach der ersten Ausgabe jemand Neues gemeldet. Er finde die Idee toll und sei bereit mitzumachen. Im Werden entstehen neue Kontakte. Ich habe da gute Erfahrungen gemacht. Aber bei den ersten Schritten braucht man einen langen Atem."