Nur gemeinsam erfolgreich

Beitrag in der Herder Korrespondenz zur Zukunft der katholischen Medien

von Dr. Christian Klenk am 18.09.2013 - 06:00  

Bernhard Riedl

Während sich die Auflage der Bistumspresse weiter ungebremst im Sinkflug befindet, testen ein Publizist und ein Bischof mit der Zeitungsbeilage „Credo“ ein neues Verbreitungsmodell katholischer Publizistik. Auch die Diözese Essen will ihre Abonnementzeitung durch eine Verteilzeitschrift ersetzen. Ist Print doch nicht tot? Wie gelingt es, die kirchenfernen Gläubigen medial zu erreichen?

Es ist der Medien-Deal des Jahres: Der Axel-Springer-Konzern, der sich schon seit zehn Jahren nicht mehr Verlag, sondern Aktiengesellschaft nennt, verkauft für knapp eine Milliarde Euro einen Teil seiner Zeitungen und Zeitschriften. Darunter sind die Programmzeitschrift „Hörzu“ und das „Hamburger Abendblatt“, mit denen Axel Cäsar Springer kurz nach Kriegsende sein Verlagsimperium begründete. Ein Tabubruch? Für Nostalgie ist im Hause Springer kein Platz mehr: Print hat keine Zukunft – so lautet die Botschaft. Dass der Käufer des Zeitungspakets, die Essener Funke-Gruppe (unter anderem „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“), dies offenbar anders sieht – geschenkt. Nach der Insolvenz der „Frankfurter Rundschau“ und dem Aus für die „Financial Times Deutschland“ ist Springers Richtungsentscheidung, sich weiter zum Anbieter digitaler Angebote zu entwickeln, ein neuer Grund, um über die Zukunft gedruckter Zeitungen zu diskutieren.

Tabubrüche gibt es auch im Bereich katholischer Medien. Das Bistum Essen wird zum Jahresende als erste Diözese in Deutschland seine wöchentliche Abonnementzeitung „RuhrWort“ einstellen (vgl. HK, Februar 2013, 59 f.). Diese Entscheidung fiel vor allem aus wirtschaftlichen Gründen, weil Auflage und die Anzeigenerlöse stetig sanken, aber auch, weil die Diözese nach Wegen sucht, wie neue und größere Zielgruppen publizistisch erreicht werden können. Angedacht ist ein sechsmal im Jahr erscheinendes Bistumsmagazin. Das Neue daran: Es soll möglichst an alle Gläubigen kostenlos verteilt werden.

„Credo“ als Überraschungscoup

Womit wir bei einem weiteren „Tabubrecher“ wären – so wurde Eichstätts Bischof Gregor Maria Hanke auf der Titelseite der Zeitschrift „Vatican Magazin“ (Ausgabe 7/2013) bezeichnet. Der Benediktiner hatte sich von dem Publizisten und Papst-Benedikt-Interviewer Peter Seewald überzeugen lassen, als Mitherausgeber einer einmalig erscheinenden Zeitschrift aufzutreten, von der eine Million Exemplare Teilauflagen der „Süddeutschen Zeitung“, der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und der Wochenzeitung „Die Zeit“ beigelegt wurden (vgl. HK, August 2013, 383 f.). Das Projekt „Credo“, so der Titel des Heftes zu dem von Papst Benedikt XVI. ausgerufenen „Jahr des Glaubens“, war ein Überraschungscoup: Nicht einmal im Eichstätter Ordinariat wusste man Bescheid. Dank Großspendern, die für das Projekt laut Hanke eine halbe Million Euro zur Verfügung stellten, konnte an den sonst für überdiözesane Medienfragen zuständigen Gremien und dem Sekretariat der Bischofskonferenz vorbei ein öffentlichkeitswirksamer Versuchsballon gestartet werden.

In der „Süddeutschen Zeitung“ wurde berichtet, der Episkopat sei angesichts des eigenmächtigen Vorstoßes des Eichstätter Mitbruders pikiert gewesen – eine Behauptung, der Hanke widerspricht. Er habe, auch wenn „Credo“ bisher kein offizieller Tagesordnungspunkt war, nur Lob und Anerkennung von Bischöfen und anderen Lesern erfahren. Vermutlich wurden die Gerüchte von dicker Luft in der Bischofskonferenz auch deshalb gestreut, weil Peter Seewald keine Gelegenheit ausließ, deutliche Kritik an der Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der Kirche zu üben und „Credo“ selbstsicher als Impuls für einen Neuanfang zu preisen. Ein Printprodukt als Zukunftsprojekt?

Zugegeben: Dass hier die Verlagspolitik des Hauses Springer und die Medienstrategie der katholischen Kirche im gleichen Atemzug zur Sprache kommen, ist gewagt. Die Marktbedingungen für Tageszeitungen und für konfessionelle Printmedien sind nur auf den ersten Blick dieselben. Doch zunächst die Gemeinsamkeiten: Die junge Generation informiert sich zunehmend im Internet und lässt sich kaum mehr mit einem Abonnement an ein gedrucktes Medium binden. Die Tagespresse kostete dies in der vergangenen Dekade jährlich im Schnitt 2,5 Prozent ihrer Auflage.

Das veränderte Mediennutzungsverhalten erschwert auch der konfessionellen Presse das Werben um junge Leser. Doch das allein reicht nicht als Begründung für Auflagenverluste, die bei den Bistumszeitungen prozentual mehr als doppelt so hoch sind wie bei der säkularen Presse. Das „RuhrWort“ hatte zuletzt 15 000 Abonnenten – das ist nur noch die Hälfte im Vergleich zur verkauften Auflage vor zehn Jahren. Bei den diözesanen Zeitungen aus Regensburg und Berlin ist die Lage noch gravierender, in anderen Diözesen aber auch signifikant besser (beim „Tag des Herrn“ in Ostdeutschland und beim Rottenburger „Sonntagsblatt“ liegen die Zehn-Jahres-Verluste sogar unter 25 Prozent). Trotz regionaler Unterschiede ist der Leserschwund unterm Strich seit Jahrzehnten derart konstant, dass die Auflagensumme aller 24 Bistumszeitungen im Zeitverlauf beinahe eine exakte mathematische Gerade bildet, die – wenn der Trend anhält – in 15 Jahren bei Null angelangt sein wird.

Lässt sich die Abwärtsentwicklung stoppen?

Derzeit hat die Bistumspresse eine Auflage von 570 000 Exemplaren oder – wie es die Verantwortlichen in den Verlagen lieber sagen – eine Million Leser wöchentlich. Das ist zweifellos (noch) eine stattliche Zahl, zumal die Abonnenten für ihre Zeitung bezahlen und damit ihrer Wertschätzung für kirchliche Nachrichten besonderen Ausdruck verleihen. Doch von Dauer wird auch diese Reichweite nicht sein, und sie genügt als Argument für ein zwanghaftes Festhalten an der Bistums¬presse genauso wenig wie das Bemühen der Redaktionen, allwöchentlich ein gutes Blatt zu machen. Viel wurde schon versucht, die Zeitungen für neue Leser attraktiver zu machen: frisches Layout, Rubriken für Familien und Kinder, Ratgeberjournalismus, ein stärkerer Fokus auf das Leben in den Pfarreien mittels individualisierter Ausgaben für einzelne Diözesanregionen. Doch die Effekte in Form eines wenigstens verlangsamten Auflagenschrumpfens hielten nur kurz an.

Bei anderen katholischen Zeitungen und Zeitschriften sieht es nicht viel besser aus. Mehr als 70 Ordenszeitschriften kommen zwar auf eine stolze Auflage von 1,5 Millionen Exemplaren, doch auch hier wird der Kreis der Bezieher kleiner, und mittlerweile fehlt manchen Orden auch der Nachwuchs, um die größtenteils vierteljährlich erscheinenden und über Spenden finanzierten Publikationen zu erstellen. Eine katholische Wochenpresse (geschweige denn Tageszeitung), die mit einem universalen Themenspektrum aufwartet und den Anspruch verfolgt, sich bei gesellschaftspolitischen Themen mit einer weithin vernehmbaren Stimme am Diskurs zu beteiligen, spielt auf dem deutschen Medienmarkt keine Rolle mehr.

Die Wochenzeitung „Rheinischer Merkur“, einst Flaggschiff der katholischen Publizistik, wurde Ende 2010 wegen zu geringer Nachfrage eingestellt. Übrig geblieben ist eine sechsseitige Beilage in der „Zeit“. „Christ und Welt“ ist anspruchsvoll und abwechslungsreich, auch bei kontroversen kirchlichen Themen gibt sie ein breites Meinungsspektrum wieder. Das Problem ist auch hier die Verbreitung: Die Beilage gibt es nur mit einem „Zeit“-Abonnement, und zwar auf besonderen Wunsch und gegen geringen Aufpreis. Für dieses Kombi-Angebot wird aber so gut wie nicht geworben, mit dem Ergebnis, dass die Auflage von „Christ und Welt“ nach wie vor nur bei 16 000 bis 18 000 Exemplaren liegt – für eine breite publizistische Wahrnehmung innerhalb der katholischen Kirche oder gar der säkularen Welt ist das zu wenig.

Nicht anders verhält es sich mit der „Tagespost“, die dreimal wöchentlich in einer Auflage von weniger als 11 000 Exemplaren erscheint. In ähnlicher Größenordnung bewegt sich die deutschsprachige Ausgabe des „Osservatore Romano“, dessen Leserschaft größtenteils aus Theologen besteht und mit Blick auf die inhaltlichen Schwerpunkte (Übersetzungen von Papstansprachen und vatikanischen Dokumenten) einem kircheninternen Amtsblatt gleicht. Die „Neue Bildpost“, eine Wochenzeitung im Boulevardstil, die in den siebziger Jahren noch eine Auflage von mehr als 300 000 Exemplaren hatte und in vielen Gemeinden nach der Sonntagsmesse von Ministranten verkauft wurde, implodierte auf unter 10 000 Exemplare. Immerhin die beiden ökumenisch ausgerichteten Zeitschriften „Publik Forum“ und „Christ in der Gegenwart“ erfreuen sich einer stabilen Nachfrage und kommen auf eine Auflage von jeweils mehr als 30 000 Exemplaren.

Ist die katholische Presse ein Auslaufmodell, oder lässt sich die Abwärtsentwicklung stoppen oder gar umkehren? Was sind neben der Konkurrenz durch das Internet die Gründe für den Bedeutungsverlust? Und wie kann und soll die Kirche mit ihren Gläubigen künftig medial kommunizieren?

Die Probleme der konfessionellen Presse haben vor allem demografische und strukturelle Ursachen. Die katholische Kirche in Deutschland schrumpft nicht nur aufgrund von Austritten, sondern wegen der geringen Geburtenrate in der christlichen Bevölkerung. Noch gravierender wirkt sich die schwindende Kirchenbindung aus. Die Gruppe jener Katholiken, die sich am Gemeindeleben beteiligen, wird kleiner. Vor zehn Jahren noch besuchten sonntags durchschnittlich vier Millionen Katholiken die Messe, vergangenes Jahr waren es unter 2,9 Millionen – ein alarmierender Befund. Die regelmäßigen Gottesdienstbesucher bilden nämlich die Kernzielgruppe der konfessionellen Presse, und so überaltert die Leserschaft genauso wie die Gläubigen in den Kirchenbänken: Die Hälfte der Abonnenten der Bistumspresse ist inzwischen über 70 Jahre alt. Schon allein deshalb muss man davon ausgehen, dass sich die Talfahrt eher noch beschleunigen wird.

Was also ist zu tun in dieser prekären Lage? Was die Bistumspresse betrifft: Die Zeitungen sollten – soweit sie profitabel sind – zwar nicht sofort eingestellt werden, weil sie ja nach wie vor treue Leser haben. Jedoch sollte der Aufwand, sie zu produzieren, an die schrumpfende Reichweite angepasst werden. Dies kann nur durch größtmögliche Zusammenarbeit im verlegerischen und redaktionellen Bereich gelingen, die über den Austausch einzelner Artikel oder die gemeinsame Anzeigenakquise hinausgeht. Die Verlagsgruppe Bistumspresse, die für elf Diözesen vor allem in Nord- und Ostdeutschland einen Zeitungsmantel mit überregionalen Nachrichten produziert, macht erfolgreich vor, wie Synergien genutzt werden können, ohne dass die Zeitungsausgaben an Attraktivität und regionaler Identität verlieren.

Warum nicht dieses Kooperationsmodell ausbauen oder andernorts – etwa in Bayern – kopieren? Der bei Zeitungsfusionen oft beklagte Verlust von publizistischer Vielfalt wäre im Falle der Kirchenzeitungen zu verschmerzen: Die Blätter treten nicht in Konkurrenz zueinander auf dem Markt auf, und die überregionale Berichterstattung besteht in weiten Teilen aus Meldungen der Katholischen Nachrichtenagentur. Hier ließen sich personelle Ressourcen einsparen, mit denen an anderer Stelle neue Zielgruppen publizistisch angesprochen werden könnten.

Auch die passiven Gläubigen informieren

Doch wie soll die Kirche ihre vielen Mitglieder erreichen, die zwar brav Kirchensteuern zahlen, zu Weihnachten in die Kirche gehen und ihre Kinder in den katholischen Kindergarten bringen, aber ansonsten kaum Kontakt zu ihrer Pfarrei haben? Gerade weil die Distanz zur Kirche bei diesen Menschen so groß ist, darf die Kommunikation nicht abbrechen. Die Kirche muss auch ihre passiven Gläubigen regelmäßig über wichtige Ereignisse und Entscheidungen informieren. Und sie sollte es sich nicht entgehen lassen, ihr breites Angebot im spirituellen, kulturellen, sozialen und caritativen Bereich darzustellen – für den Fall, dass das Bedürfnis nach kirchlichem Erleben erwacht. Doch diese Informationen müssen, wenn sie ihre Adressaten erreichen sollen, unaufgefordert und „frei Haus“ geliefert werden.

Die Lösung könnte in zwei Worten stecken, die auf den Türen öffentlicher Gebäude geschrieben stehen: Ziehen und Drücken, Pull und Push. In der Wirtschaftswelt werden mit diesen Begriffen zwei Marketingstrategien bezeichnet: Im einen Fall sind die Aktivitäten auf den Verbraucher gerichtet, dessen Kauflust gesteigert werden soll, auf dass er die Initiative ergreift und im Handel das Produkt nachfragt (Pull). Im anderen Fall schafft der Hersteller für den Handel derart günstige Konditionen, dass der Verkauf des Produktes höchste Priorität genießt (Push).

Dieses Prinzip lässt sich auch auf die Medienwelt übertragen. Dort gibt es die Pull-Medien, bei denen der Informationsfluss aktiv vom Rezipienten gesteuert wird. Er wählt das Medium und entscheidet sich für bestimmte Inhalte. Mit Pull-Medien erreicht die Kirche vor allem jenen schrumpfenden Teil ihrer Mitglieder, die von sich aus nach Informationen ihrer Kirche suchen. Ihr Bedürfnis nach Orientierung in Glaubensfragen reicht so weit, dass sie eine katholische Zeitschrift bestellen oder einen Hörfunksender wie „Domradio“ oder „Radio Horeb“ einschalten.

In den vergangenen Jahren fokussierten die Diskussionen und Anstrengungen im kirchlichen Medienbereich vor allem auf solche Angebote: Einen katholischen Fernsehsender – die Idee wurde aus Kostengründen verworfen – hätten nur wenige „Insider“ eingeschaltet, wenn sie ihn überhaupt zwischen dutzenden digitalen Spartenkanälen gefunden hätten. Konfessionelle Radiosender werden, so zeigt die Studie „Trendmonitor Religiöse Kommunikation 2010“, nur von einem Prozent der Katholiken häufig und von sechs Prozent ab und zu eingeschaltet.

Auch Onlineangebote sind Pull-Medien. Zwar gibt es viele Einflugschneisen wie Suchmaschinen oder Verlinkungen auf anderen Webseiten und in sozialen Netzwerken, über die Besucher auf ein Internetportal gelangen können. Dennoch verlangt das schier unendliche Angebot des Netzes von seinen Nutzern aktive Auswahlentscheidungen. Wer nicht nach weltanschaulichen Informationen sucht, wird allenfalls versehentlich ein kirchliches Internetportal besuchen. Dennoch ist es richtig, dass die Diözesen ihre Angebote in diesem Bereich ausbauen. Die Bedeutung des Internets wird weiter wachsen.

Auch das zentrale Portal „katholisch.de“ ist nach einem Relaunch im September 2012 optisch ansprechender geworden (und leider auch unübersichtlicher). Die Redaktion aktualisiert die Startseite nun mehrmals täglich und produziert eigene Videos. Dafür steht ein jährliches Budget von 1,8 Millionen Euro zur Verfügung. Die Erneuerung wirkte sich positiv auf die Klickzahlen aus. Die monatlichen Visits (einzelne Portalbesuche, wobei Nutzer stets neu gezählt werden, wenn sie wiederholt kommen) haben sich laut einer Auswertung der Geschäftsleitung beinahe auf durchschnittlich 330 000 in den ersten zehn Monaten verdoppelt, die Page-Impressions (Abrufe einzelner Webseiten innerhalb des Portals) auf vier bis sechs Millionen im Monat verdreifacht.

Für die Macher ist das zweifellos ein Erfolg. Doch die beeindruckenden Zahlen bedürfen einer Einordnung: Sie liegen auf dem Niveau des Onlineangebots einer mittelgroßen Regionalzeitung. Die Artikel mit der größten Reichweite, etwa zum Papstrücktritt und Konklave, kamen auf 20 000 bis 30 000 Leserinnen und Leser, ansonsten sind die Abrufzahlen von Texten und Videos meist vierstellig. Die Facebook-Seite von katholisch.de hatte im August 2013 rund 3700 Fans. Doch auch diese Zahl relativiert ein Vergleich: Die CDU kommt auf 38 000 Freunde, Greenpeace Deutschland hat 95 000 und der ADAC gar 280 000 Fans.

Die Pfarrbriefe sind das am besten genutzte kirchliche Medium

Apropos ADAC: Dieser schickt seinen 18 Millionen Mitgliedern monatlich die „ADAC Motorwelt“ – ein gutes Beispiel für ein Push-Medium. Wer dem Automobilclub beigetreten ist, erhält die Zeitschrift automatisch zugestellt. Warum es nicht etwas Vergleichbares für Katholiken gibt, fragte unlängst unter anderem ADAC-Geschäftsführer Stefan Weßling. Er sollte freilich am besten wissen, dass selbst eine Autozeitschrift mittels Anzeigenerlösen allein nicht zu finanzieren ist. Rund 50 Millionen Euro musste der Club etwa im Jahr 2010 für die Herstellung und Distribution des Magazins aus Mitgliedsbeiträgen zuschießen.

Der zentrale Medienetat des Verbands der Diözesen Deutschlands gibt eine solche Summe bei Weitem nicht her. Die Diözesen müssten diesen Topf für ein bundesweites Katholiken-Magazin deutlich vergrößern und andere, weniger reichweitenstarke Medienaktivitäten einstellen – oder aber kleinere Brötchen backen: Auch eine vierteljährliche Mitgliederzeitschrift wäre ja schon etwas.

Eine Alternative könnte eine Zeitungsbeilage sein – „Credo“ lässt grüßen. Die Evangelische Kirche hat seit dem Jahr 2000 „Chrismon“, doch auch dieses Supplement gibt es nicht zum Nulltarif. Für die monatlich 1,6 Millionen Exemplare in sechs überregionalen und regionalen Zeitungen war zuletzt ein Zuschuss in Höhe von 4 Millionen Euro im Jahr nötig. Kritiker wenden ein, das Heft werde von den Zeitungsabonnenten gar nicht gelesen, sondern zusammen mit der Werbung gleich im Altpapier entsorgt. Dem widersprechen die Ergebnisse der Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse, wonach „Chrismon“ auf eine Million Leser kommt. Sicher ist hingegen, dass die jungen Zielgruppen, die Tageszeitungen allenfalls noch auf Tablet-Computern lesen, auch auf diesem Weg von der Kirche unerreicht bleiben.

Nicht übersehen werden darf, dass die Kirche bereits erfolgreiche Push-Medien hat. Die Pfarrbriefe, die vielerorts den Gemeindemitgliedern in die Briefkästen geworfen werden, sind das am besten genutzte kirchliche Medienangebot: Zwei Drittel der Katholiken geben an, diese oft mit einfachen Mitteln erstellten Publikationen häufig oder hin und wieder zu lesen. Außer dem Internetportal Pfarrbriefservice.de gibt es jedoch nur wenig Unterstützung für ehrenamtliche Redakteure und Pfarramtssekretärinnen. Es gibt nicht einmal genaue Statistiken. Die Angaben der Bischofskonferenz zur Gesamtauflage von 6,75 Millionen Exemplaren sind nur eine vermutlich überholte Schätzung. Dabei böten gerade die pastoralen Umstrukturierungen mit der Bildung von Seelsorgeeinheiten einen guten Anlass, die wertvolle Pfarrbriefarbeit noch besser aufzustellen und seitens der Bistümer stärker zu unterstützen.

Mit Push-Medien kann die Kirche auch jene Menschen ansprechen oder überraschen, die nicht aktiv nach weltanschaulichen Informationen suchen, aber für diese offen sind. Die Informationen müssen nur an jenen Orten gestreut werden, die der Zielgruppe gewöhnlich als Informationsquelle dienen. Das sind noch – jedenfalls für die Mehrheit der Bevölkerung – Tageszeitungen, deren Redakteure selbst zu kirchlichen Themen recherchieren, aber auch Berichte der Katholischen Nachrichtenagentur übernehmen. Die KNA belieferte Ende 2012 unter anderem 64 Zeitungsverlage, die zwei Drittel der bundesweiten Zeitungsauflage publizierten.

Ein wirksamer Verbreitungsweg für kirchliche Beiträge sind zudem Verkündigungssendungen im Hörfunk und Fernsehen. Die evangelische und die katholische Kirche und die jüdischen Gemeinden (und bald wohl auch vermehrt Muslime) dürfen beim öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk nicht nur als gesellschaftlich relevante Gruppe in den Aufsichtsgremien mitreden, sondern die Programme mit eigenen Sendungen mitgestalten – etwa Gottesdienst-Übertragungen oder Betrachtungen zu weltanschaulichen und gesellschaftlichen Themen. Das bekannteste Beispiel ist das „Wort zum Sonntag“, das jeden Samstagabend durchschnittlich anderthalb Millionen ARD-Zuschauer sehen.

Auch wenn es zuweilen Uneinigkeit zwischen den Sendern und Kirchen gibt, wie viel und welche Sendezeit für Verkündigungssendungen angemessen ist, um den Rechtsanspruch zu erfüllen – das Drittsendungsrecht ist und bleibt ein wertvolles Privileg, das die Kirchen wachsam hüten und mit Sorgfalt, also mit qualitativ hochwertigen Sendungen nutzen sollten. Eine Erhebung aus dem Jahr 2012 zeigt, dass allein in den öffentlich-rechtlichen Hörfunkprogrammen bundesweit jede Woche 25 Stunden kirchlich-verantwortetes Programm gesendet und von mehreren Millionen Menschen gehört wird. Weil Privatradios in der Regel keine eigene Kirchenredaktion haben, sind es dort ausschließlich die Kirchen selbst, die regelmäßig weltanschauliche Fragen ins Programm bringen. Auch hier beträgt der summierte Wortanteil wöchentlich mehr als 25 Stunden. Sind die Sendungen in Inhalt, Sprache und Ästhetik auf die Zielgruppe des Senders zugeschnitten, gelingt es sogar, kirchenferne junge Milieus wie „Hedonisten“ oder „Experimentalisten“ anzusprechen.

Die Kirche hat sich selbst den Auftrag gegeben, eine Kirche für alle Menschen zu sein. Ihre Botschaft soll nicht nur bestimmte Schichten und Altersgruppen erreichen, nicht allein die konservativen Christen oder nur die regelmäßigen Gottesdienstbesucher. Omnibus-Medien, die für sich beanspruchen, alle Gläubigen aller Milieus mitzunehmen, werden jedoch immer weniger gefragt sein – die Entwicklung der Bistumspresse macht dies deutlich. Die Kirche muss mit einem breiten Medienangebot präsent sein.

Bisher werden vor allem die mit der Kirche eng verbundenen Gläubigen medial erreicht. Diese Katholiken – je nach Region mögen es zwischen zehn und zwanzig Prozent der Kirchenmitglieder sein – abonnieren die Bistumszeitung oder eine Ordenszeitschrift. Sie schalten sonntags, falls sie nicht ohnehin in der Kirche sind, den Fernsehgottesdienst im ZDF ein oder hören Domradio. Die jüngeren unter ihnen besuchen kirchliche Onlineportale oder vernetzen sich in Facebook mit anderen Katholiken.

Künftig werden jene Medienangebote noch wichtiger sein, mit deren Hilfe kirchliche Kommunikatoren das Gespräch eröffnen mit Menschen, die erst noch neugierig gemacht und begeistert werden müssen. Es werden Medien gefragt sein, die christliche Botschaften dorthin transportieren, wo Kirche und Religiosität kein alltägliches Gesprächsthema sind. Die Absender der Botschaften sollten dabei nicht ihre Identität verheimlichen und als Trojanisches Pferd auftreten aus Angst, ein erkennbar kirchliches Medium könnte kirchenferne Gläubige abschrecken. Katholische Medien sollten aber ihre Leser, Zuschauer und Hörer in deren Lebenswirklichkeit abholen, ihre Probleme aufgreifen und ihre Sprache sprechen. Auch das schwindende Wissen um kirchliches Leben und die Begründung katholischer Lehre werden für die Medien eine Herausforderung sein.

Auch eine jüngst an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt durchgeführte Delphi-Studie, bei der 210 Medienexperten die Zukunftsaussichten katholischer Medienangebote und Handlungsoptionen bewerteten (vgl. http://www.delphi-katholische-medien.de/), kommt zu dem Ergebnis, dass vor allem die Push-Medien von Bedeutung sein werden. Oberste Priorität räumen die Experten neben Onlineangeboten vor allem den Pfarrbriefen im lokalen Bereich und der Katholischen Nachrichtenagentur als Dienstleisterin für säkulare Medien ein. Auch die Zulieferung von Verkündigungssendungen für den Rundfunk wird als unverzichtbar angesehen, während Printmedien wie Bistums- und Verbandszeitschriften in die Kategorie „nur unter Umständen notwendig“ einsortiert werden. Zu einem katholischen Mitgliedermagazin gibt es – vor allem wegen der befürchteten hohen Vertriebskosten – kein einheitliches Meinungsbild, dafür aber bei der Einschätzung, dass konfessionelle Radiosender allenfalls die Kür sind und ein katholisches Fernsehen gar gänzlich unnötig ist.

Notwendig wäre hingegen eine engere Zusammenarbeit der Ortskirchen. Das gilt nicht nur für die Bistumspresse, sondern für alle kirchlichen Medienaktivitäten. Auch wenn die Bedenken und Widerstände, ja auch das Misstrauen, hier zuweilen groß sind, weil Akteure und Institutionen nicht auf Eigenes verzichten und Kompetenzen abgeben wollen – wenn die Kirche künftig mit ihren Medien erfolgreich sein will, wird an einer Überwindung von diözesanem Schrebergartendenken und kirchenideologischer Lagermentalität kein Weg vorbeiführen.

Christian Klenk

Dr. Christian Klenk (geb. 1977), Dipl.-Journalist, ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Studiengang Journalistik der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, Redakteur der Fachzeitschrift „Communicatio Socialis“ und freier Journalist. Jüngste einschlägige Veröffentlichung: Zustand und Zukunft katholischer Medien. Prämissen, Probleme, Prognosen. Berlin 2013

Dieser Beitrag ist erschienen in: Herder Korrespondenz, 67. Jahrgang (2013), Heft 9, S. 466-471.

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