„Der Pfarrbrief ist ein pastorales Schwergewicht“ – so hat Johannes Simon vor drei Jahren die erste bistumsweite Pfarrbrieferhebung im Bistum Würzburg umschrieben. Eine jetzt vom Erzbistum Köln veröffentlichte Studie, die ebenfalls das Vorkommen und die Inhalte von Pfarrbriefen untersucht hat, titelt: „Das Millionending“.
Ist das wirklich so, werden viele Außenstehende fragen, die nicht wie Sie meist ehrenamtlich mit dem Machen von Pfarrbriefen beschäftigt sind. Kommt in den eigenen Kirchenbänken, aber auch da, wo engagierte Mitarbeiter der Gemeinden die Pfarrbriefe in die Haushalte tragen nicht unseren Zeitgenossen ein mitleidiges Lächeln über die Lippen, wenn es um Pfarrbriefe geht? Denken die meisten da nicht eher an schlecht funktionierende Fotokopierer, unsauber ausgeschnittene Bildchen und auf der Schreibmaschine oder dem PC zusammengehackte Texte?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Schein trügt. Die Realität der Pfarrbriefe sieht anders aus: es gibt gute Schulungen von Redakteuren, modernste Techniken und auch das Bedürfnis in den Gemeinden, ja vielleicht sogar insgesamt bei der Bevölkerung, eine Grundversorgung an Information aus dem Pfarreileben zu erhalten; sie lassen den Pfarrbrief einen neuen Aufwind verspüren. Der Auflagenriese Pfarrbrief einer Diözese kann problemlos die monatliche Auflage einer Kirchenzeitung oder einer regionalen Tageszeitung toppen, natürlich nur in einer relativierten Verhältnismäßigkeit. Aber wenn wir uns die Mühe machen – und in Würzburg, Köln und Paderborn ist das geschehen – einmal das gesamte Vorkommen von Pfarrbriefen zusammenzurechnen, ist der Pfarrbrief tatsächlich ein Schwergewicht, das bei künftigen Debatten um kirchliche Publizistik nicht übersehen werden darf und kann.
Die Reichweite des Pfarrbriefes
Ich möchte hier nicht über die Professionalität von Pfarrbriefen sprechen, auch nicht über die Verantwortung der Pfarrbriefredaktionen, die übrigens nach meiner Auffassung in den Pfarrgemeinderat gehört und nicht zum Pfarrer. Ich möchte bei einer Gelegenheit wie heute an die Reichweite des Mediums Pfarrbrief erinnern. Sie wissen, dass der säkulare aber auch der kirchliche Zeitungsmarkt in einer Krise ist. Auflagenrückgang, abgeschwächte Leser-blattbindung und Konkurrenz im Anzeigengeschäft durch das Internet sind einige Gründe. Dabei hat jeder Bundesbürger den Wunsch nach einer Basisinformation, die heute vornehmlich durch das Leitmedium Fernsehen bereitgestellt wird. Das Verlangen nach Information gilt auch für kleinere Lebensräume: für unsere Pfarreien und Kooperationseinheiten, die wir immer mehr bilden müssen. Die Mitglieder der Pfarrei, oft auch jene, die zur Kirche gehören, ihr aber kritisch-distanziert gegenüberstehen und nicht unbedingt zu den regelmäßigen Gottesdienstbesuchern zählen, haben oft ein Interesse an dem, was im Gemeindeleben geschieht. Diese Chance gilt es in den Pfarrbriefredaktionen weiter zu vertiefen. Pfarrbriefe brauchen eine kritische Lektüre, ein Aufmerksames Hinterfragen durch die Redaktion, ob die Informa-tionen gegeben werden, auf die die Pfarrmitglieder warten, die Bindung an die Gemeinde vertiefen und eine neue Lebensorientierung aus dem Glauben anfanghaft ermöglichen. Es gibt oft mehr Lokales zu berichten, als die Kirchenzeitung oder auch die Tageszeitung aufnehmen kann: genau das hat der Pfarrbrief mitzuteilen. Wenn dann Informationen über das vielfache Leben der Gemeinde vermittelt werden, Personen präsentiert werden, die man sonst vielleicht nur dem Namen nach kennt und in all dem der Grund unserer Hoffnung und unseres Handelns deutlich wird, wächst der Pfarrbrief in doppelter Bedeutung: zum einen als Informationsmedium, zum anderen als Vermittlungsmedium, weil mir mit dem Pfarrbrief gelingt, gläubige Gemeinde zu reflektieren und Suchende und Glaubende zusammenzuführen.
Subtil und nicht aufdringlich lässt sich Jesu Botschaft vermitteln: „Dort, wo der Pfarrbrief nicht allein Einblicke und Informationen aus dem Gemeindeleben bietet, sondern auch Lebensfragen der Menschen von heute thematisiert und zum Gespräch einlädt, ist er die Chance zum Gelingen einer lebendigen Pastoral und eines Zusammenlebens der Menschen untereinander.“ (Simon) Was ich mir in einer Zeit wünsche, in der es auf dem Mediensektor und auch aufgrund veränderter Seelsorgeeinheiten in den Bistümern turbulent zugeht, ist eine Stüt-zung, ja Förderung der Pfarrbriefarbeit durch die in den Diözesen Verantwortlichen, durch die Pfarrer vor Ort und durch die engagierten Pfarrbriefredaktionen. Der Pfarrbrief ersetzt nicht die Kirchenzeitung, aber er durchbricht die Anonymität der näheren Lebensbereiche, die auch immer anonymer werden.. Deshalb bitte ich jede Gemeinde in Deutschland, ob in Kooperationen oder in eigener Initiative, eine Pfarrbriefredaktion – und ist sie mit noch so einfachen Mitteln ausgestattet – einzurichten.
Hilfen für die Redaktionen
Wir dürfen dankbar sein, dass in den vergangenen Jahren unterschiedliche Wege, auch im kommerziellen Bereich, Sorge dafür getragen haben, professionelles Material an die Hand der Pfarrbriefmacher zu bringen. Ich bin aber ebenso dankbar, dass wir heute ein Internetangebot in Betrieb nehmen, das vielfältige Hilfen rund um den Pfarrbrief bietet. Wir werden von den Inhalten ja nachher noch einiges hören. Schon hier möchte ich betonen: Das Internetangebot ist die erste diözesanübergreifende Struktur, die wir einrichten, um das Vorkommen von Pfarrbriefen zu professionalisieren, Kirche ein Gesicht nach außen zu geben. Auch sind die Redaktionen eingeladen, sich und ihre Arbeit kritisch prüfen zu lassen. Gerade die Chance, den Pfarrbrief Profis im Internet zum „zerpflücken“ vorzulegen, stellt eine ungeheure Chance dar, die bisher oft nur auf einzelne Einrichtungen der Bistümer beschränkt war. Den Diözesen, die sich zu diesem Auftritt mit den jeweils in ihnen vorhandenen Institutionen entschlossen haben, sage ich ebenso meinen Dank wie dem Bereich Kirche und Gesellschaft im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, von dem ein entscheidender Impuls für diese Initiative ausging. Ihnen, Herr Simon, als Sprecher der Redaktionsgruppe, gilt mein Dank für die viele koordinierende und oft auch zähe Arbeit, die Sie geleistet haben. Sie wissen es aus Ihrer langjährigen Erfahrung selbst: Nun beginnt eine neue Arbeit – wahrhaftig ausruhen können wir uns nicht, denn das Gerippe im Internet will mit Leben gefüllt sein.
Meine Damen und Herren, wenn also die Pfarrbriefe nach Kräften gefördert werden müssen (so hat es die Deutsche Bischofskonferenz bereits einmal vor sieben Jahren formuliert), dann dürfen wir uns auch den neuen Medien nicht verschließen. Dass wir heute kein neues Schnippelbuch mit Vignetten und Schriftzügen in gedruckter Form oder den Knigge zum gelungenen Pfarrbrief für morgen vorstellen, sondern dass wir eine Internetplattform starten, ist sicherlich auch ein Zeichen. Gestatten Sie mir dazu noch ein kurzes Wort. Papst Johannes Paul II. ermutigt uns zum diesjährigen Mediensonntag, den die Kirche ja am Wochenende feiert, ihren Verkündigungsauftrag und damit ihr öffentlichkeitswirksames Auftreten professionell nach vorne zu forcieren. In der Papstbotschaft heißt es: „Die neue Welt des Cyberspace spornt die Kirche zu dem großen Abenteuer an, sein Potenzial für die Verkündigung der Evangeliumsbotschaft zu nutzen.“ Damit wird deutlich: Die Kirche steht in der Verpflichtung, sich dem Internet mit Realismus und Zuversicht zu nähern. Der schnelle Mouseklick auf der Datenautobahn macht’s möglich, auch für Pfarrbriefmacher. Dabei haben wir die Verpflichtung, das Internet so zu nutzen, dass es nicht zur Einbahnkommunikation wird. Wir Menschen leben letztlich nicht von medialen Begegnungen sondern von ganz persönlichen Begegnungen von Angesicht zu Angesicht.
Unsere Gemeinden und Kooperationseinheiten rufe ich deshalb auf, ihren Beitrag zu einer Kultur der Pfarrbriefarbeit zu leisten. Das Angebot www.pfarrbriefservice.de hat genau diesen Sinn. Die Homepage ist eine Chance zur Professionalisierung und kritischen Reflexion. Sie ist Kommunikationsplattform und Ideenbörse. Sie ist vor allem ein Mittel, um dem Grundauftrag von Kirche gerecht zu werden: Die eigene Botschaft sichtbar und attraktiv nach innen und nach außen zu verkünden. „Tu gutes und sprich darüber“, sagen die einen. „Prüft alles und behaltet das Gute“, sagt Paulus. Machen Sie beides in Ihren Redaktionen, dann haben Gemeinden und Pfarrbriefe, Pastoral und Publizistik eine Chance für morgen.
Was die Zukunft bringt, wissen wir nicht; aber alles, was hilft, Anonymität in unserer Gesellschaft zu überwinden und einen tragenden Grund für unsere Hoffnung auf die Vollendung unseres eigenen Lebens und der Welt zu geben, hat Zukunft. Das ist unser Auftrag. Ich lade Sie ein, daran mitzuarbeiten.