Was bewegt im 21. Jahrhundert noch immer manche Frauen und Männer dazu, ihr Leben ganz Gott zu weihen? Die Journalistin und Autorin Stephanie Mende hat 16 Nonnen und Mönche besucht und mit ihnen Gespräche geführt über das Ordensleben und über ihre Beweggründe, sich gerade für diese Lebensform zu entscheiden. In ihrem Buch fasst sie diese Gespräche zusammen, immer wieder mit Zitaten durchsetzt. Es sind umfassende Einblicke in die Lebenswege und die Ansichten der elf Frauen und fünf Männer (zwischen 26 und 92 Jahren), die ein vielschichtiges und manchmal auch überraschendes Bild vom modernen Ordensleben zeichnen.
Frauen und Männer mit ganz „normalem“ Lebensweg
In der Mehrzahl sind es Frauen und Männer, die bereits einen ganz „normalen“ Lebensweg eingeschlagen hatten als Physiker oder Sozialpädagogin, als Apothekerin oder als Bürokauffrau, als Bauschlosser oder Krankenschwester, manchmal auch in einer Beziehung lebten, die dann aber immer stärker die Berufung zum Ordensleben spürten, bis sie schließlich irgendwann den entscheidenden Schritt ins Kloster wagten. Dieser Schritt war für sie aber keine Weltflucht oder Abschottung. Im Gegenteil erleben sie den Verzicht auf materielle Güter wie auf eine sexuelle Beziehung als große innere Freiheit, die es umso mehr ermöglicht, „intensiv mit den Menschen unterwegs und dem Leben zugewandt“ zu sein.
Individuelle Stärken entfalten
Beim Lesen hat man das Gefühl, dass alle porträtierten Nonnen und Mönche ihre individuellen Stärken erst im Kloster zur Entfaltung bringen konnten. Es ist auch die Überzeugung spürbar, den richtigen Weg gewählt zu haben – und selbst eine ehemalige Schwester, die nach einigen Jahren das Kloster wieder verlassen hat, sieht ihre Zeit im Kloster nicht als Irrweg, sondern als wertvolle Etappe auf ihrem Lebensweg.
Dabei wird aber kein idealisiertes Klosterleben ohne alle Schwierigkeiten gezeichnet, auch Probleme und Schwächen werden ehrlich geschildert. Dennoch gelingt es dem Buch, die Faszination des Ordenslebens ein Stück weit zu vermitteln, was sich am besten zusammenfassen lässt in der Aussage: „Nicht leicht, aber wunderschön“. So kann das Buch einen wertvollen Beitrag dazu leisten, die zeitlose Aktualität dieser religiösen Lebensform aufscheinen zu lassen. (Sankt Michaelsbund)
Stephanie Mende: Um Gottes willen. Warum Menschen heute ins Kloster gehen. Asslar, adeo Verlag, 2020. 222 S. ; 18,00 €
(Als „Religiöses Buch des Monats“ benennen der Borromäusverein, Bonn, und der Sankt Michaelsbund, München, monatlich eine religiöse Literaturempfehlung, die inhaltlich-literarisch orientiert ist und auf den wachsenden Sinnhunger unserer Zeit antwortet.)
Ab dem 15. August 2020 ist bei Angabe der Quelle der freie Abdruck des Textes erlaubt.