Auf ne Limo …
Ein Gespräch über Minimalismus von den Jugendlichen Matthias und Linus
Matthias und Linus sind Freunde seit der ersten Klasse. Mittlerweile sind die beiden 16 Jahre alt. Ihre Freundschaft verbindet ihren Spaß am Diskutieren. Manchmal, da treffen sie sich am Wochenende, um einen Filmabend zu machen. Sie quatschen nebenbei und dann kann es passieren, dass die beiden nachts um drei immer noch debattieren. Ein Gespräch der beiden über das Thema „Minimalismus“.
Matthias: Weißt du, was mir aufgefallen ist? Das Zimmer von meinem kleinen Bruder ist überfüllt mit Spielsachen. Ich habe mir gedacht, das brauchen wir alles nicht! Ich habe die eine Burg genommen, aber ich konnte sie nicht wegtun. Das war mein erster großer Einkauf. Da bin ich zur Bank gegangen und habe 50 Euro abgehoben. Ich war total stolz darauf. Ich kann nicht nachvollziehen, wie man mit den Objekten keine Geschichte verbindet.
Linus: Du musst konsequent sein. Wenn du so viel hast und merkst, dass es zu viel ist, fällt es dir leichter, alles wegzuschmeißen. Aber, das ist auch für mich schwer. Ich denke, wenn du von Geburt auf lernst: Ich habe weniger, dann brauchst du weniger. Wenn du aber, wie wir, immer zu viel hast, ist es nach 20, 30 Jahren schwer neu damit anzufangen.
Matthias: Weißt du, wo ich Minimalismus sinnvoll fände? Wenn wir ihn zum Beispiel auf unser Essverhalten übertragen würden. Dass man weniger einkauft, wenn man viel wegschmeißt.
Linus: Die Frage ist nicht nur "Auf was verzichte ich", sondern es geht darum, Minimalismus auf´s Leben zu übertragen. Minimalisten reduzieren nicht nur ihren Besitz. Ihr ganzes Leben wird vereinfacht. Ich glaube, dass viele Menschen in der heutigen Gesellschaft von ihrem Leben gestresst und überfordert sind. Sodass sie für sich sagen, ich räume auf. Sie nehmen das wortwörtlich und schmeißen alles weg, räumen mit ihren Beschäftigungen auf, wollen ihre Seele befreien, reduzieren sich auf das Wesentliche und versuchen damit Stress zu reduzieren. Das ist eine Lebenseinstellung.
Matthias: Ich glaube eine Rolle spielt auch der Konsum. In meiner Parallelklasse musst du teure Sachen anhaben, um Fuß zu fassen.
Linus: Fünfte bis siebte Klasse war das richtig extrem. Da ging es nicht nur um Klamotten. Es ging darum, welches Modell an Handy du hast, welche Uhr du hast.
Matthias: Ja, diese Person war in der Rangordnung weit oben, aber das hat sich jetzt geändert.
Linus: Jäger und Sammler. Vielleicht liegt das in der Natur des Menschen. (lacht) Du sammelst die Dinge, weil dir von außen suggeriert wird, dass du sie brauchst, um besser zu leben, um ein besseres Leben zu haben, um auch in der Rangordnung weiter oben zu sein.
Matthias: Du kaufst dir Markenklamotten als Statussymbol. Damit die anderen sehen: Ah, der hat Geld, der kann sich das leisten.
Linus: Die Menschen brauchen heute immer mehr, Statussymbole, teurere Sachen und deswegen spaltet sich eine andere Bewegung ab, die genau das Gegenteil will. Diese Menschen sagen, ich habe zu viel, ich komme damit nicht mehr klar. Und schaffen Gegenstände aus der Welt, um so für sich einen Freiraum zu schaffen.
Matthias: Ich fände es interessant auszuprobieren, ob das geht. Aber mein ganzes Leben hätte ich keinen Bock drauf, wirklich gar keinen.
Linus: Das hat viel mit der Individualisierung des Einzelnen in letzter Zeit zu tun. Dass der Mensch in der Gesellschaft nicht mehr klar kommt. Früher war es so, dass der Mensch wusste, wo sein Platz ist. Damit war er glücklich. Heute kommt er auf die Welt und weiß nicht wohin. Es ist nichts vorgegeben. Er denkt, er macht sowieso alles falsch. Anstatt das ein Leben lang zu versuchen, entscheiden vielleicht viele Leute, Minimalisten zu werden. Als Kriegserklärung an den Kapitalismus und die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts.
Matthias: Ich glaub, dass diese Menschen glücklich sind. Da will ich denen nicht in die Parade fahren. Ich bin dankbar für alle Menschen, die sich auf das Nötigste konzentrieren, weil sie damit in verschiedensten Bereichen viel Gutes tun.
Linus: Minimalismus kann viel bringen, wenn du bedenkst, wie viel manche Menschen haben und wie viel sie davon nicht brauchen. Was der Mensch braucht, sind andere Menschen und ein Dach über dem Kopf.
Matthias: Da kann nicht mitgehen. Die Gesellschaft kann trotzdem etwas Schlechtes sein.
Linus: Ja, aber in meinen Augen ist der Sinn des Minimalismus wieder zurück zum Ursprünglichen zu kommen.
Matthias: Ich denke, dass viele Minimalisten glücklich sind, weil sie glauben, dass sie etwas Gutes tun. Weil sie nicht so viel verbrauchen, nicht so viel brauchen. Und dass sie sich deswegen als bessere Menschen sehen. Wenn ich in einem Karton wohne und trotzdem so glücklich bin, wie ein Typ, der in einer Villa wohnt, fühlt sich das sehr gut an. Ein Freund von mir hat in den letzten Jahren zehn Handys konsumiert. Ich habe erst mein drittes und das fühlt sich gut an.
Linus: Ich finde es ok zu reduzieren, was ich nicht nutze oder brauche. Dass ich zum Beispiel keine zehn Paar Schuhe habe. Alles wegzugeben, finde ich nicht sinnvoll. Richtiger, harter Minimalismus ist mir zu viel. Das ist das andere Extrem. Es wäre wichtig, einen Mittelweg zu finden.
von: Ronja Goj, In: Pfarrbriefservice.de
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Text: Ronja GojIn: Pfarrbriefservice.de