Auf ne Limo …
Was macht Hate mit den Menschen - Ein Gespräch mit Matthias Jonen und Linus Hartmann
Matthias und Linus sind Freunde seit der ersten Klasse. Mittlerweile sind die beiden 16 Jahre alt. Ihre Freundschaft verbindet ihren Spaß am Diskutieren. Manchmal, da treffen sie sich am Wochenende, um einen Filmabend zu machen. Sie quatschen nebenbei und dann kann es passieren, dass die beiden nachts um drei immer noch debattieren. Ein Gespräch der beiden über den Unterschied zwischen Hate und Kritik.
Linus: Ich hatte einmal einen Hate-Kommentar unter einem Bild, das ich bei Instagram hochgeladen habe. Darin stand nicht „stirb“ oder so. Aber es hat mich jemand beleidigt. Ich kannte die Person nicht und war im ersten Moment voll perplex. Wer macht sich die Mühe und schreibt unter mein Bild, auf dem ich nicht drauf bin, sondern irgendwas, dass ich scheiße bin?
Matthi: Das ist total komisch, wenn jemand, den du nicht kennst so etwas sagt. Oder angenommen, du machst ein Video, in dem du sagst, dass du einen Film toll findest. Darunter schreibt jemand: „Bist du blöd, das ist überhaupt nicht so.“ Das macht überhaupt keinen Sinn.
Linus: Bei manchen Leuten, die Hate schreiben, habe ich manchmal das Gefühl, dass die nichts im Leben zu tun haben. Wenn dir ein Video nicht gefällt, schau es dir nicht an oder klicke es weg. Warum schaust du dir ein Video bis zum Ende an, das dir nicht gefällt und machst dir dann noch die Mühe einen Kommentar zu schreiben?
Matthi: Das sehe ich anders. Wenn ich ein Video sehe, das eine Meinung verbreitet, die ich nicht unterstütze, zum Beispiel sexistische, rassistische oder schwulenfeindliche Videos – dann habe ich auch das Bedürfnis, etwas zu sagen oder das zu melden. Das ist nicht gut, wenn ein Youtuber in seinem Video so etwas sagt und sich das eine Million Leute anschauen, die 12 Jahre alt sind und das nachplappern.
Linus: Ich finde, das ist was anderes. Daumen runter machen, würde ich auch machen. Melden würde ich auch, aber kommentieren ist so eine Sache. Die Leute, die kommentieren zeigen: Ich bin nicht deiner Meinung und ich möchte anderen Leuten zeigen, was meine Meinung ist.
Matthi: Das ist Kritik. Kritik und Hate sind komplett verschieden. Ich würde Hate so definieren, dass es etwas ist, das dir niemand im echten Leben sagen würde. Aber die Begriffe verschwimmen im Internet oft. Manche sagen, dass Kritik Hate ist. Andere sagen, dass Hate Kritik ist. Nehmen wir zum Beispiel die Aussage: „Das Video gefällt mir nicht, weil das Thema scheiße ist“, dann ist das keine Kritik, weil es nicht konstruktiv und nicht sachlich ist.
Linus: Konstruktive Kritik ist etwas, mit dem die meisten Youtuber umgehen können. Zum Beispiel, wenn jemand sagt: „Ich habe das Video angeschaut, aber ändere doch mal das und das“. Dann heißt das, dass sich jemand aktiv für dich interessiert. Er klickt das Video nicht weg, sondern er möchte, dass deine Videos besser werden. Das ist etwas, womit du als Youtuber leben kannst. Wenn du einigermaßen selbstreflektiert und nicht komplett abgehoben bist.
Matthi: Ob du mit Hate zurechtkommst, ist schwer zu sagen. Ich glaube, dass es stark darauf ankommt, ob du hinter allem stehst, was du machst und ob du ein gutes Gewissen hast. Wenn du denkst, dass du aus deiner Sicht alles richtig machst, kannst du locker mit Hate umgehen.
Linus: Ja und so lange die Hate-Kommentare deutlich in der Minderheit sind, ist das kein Problem. Oder, wenn auf jeden Hate-Kommentar zehn Kommentare folgen, in denen die Leute sagen, wie sehr sie dich vergöttern. Das gleicht sich wieder mehr aus.
Matthi: Ah, das weiß ich nicht. Einer Beauty-Youtuberin ist durchaus bewusst, dass Likes nicht ernst gemeint sind und keine Bedeutung haben müssen und dass die Kinder, die sie liken, sie in Wahrheit nicht unbedingt mögen. Sie weiß auch, dass ein Hater sie durchschaut, weil er weiß, wie sie tickt und was sie vor hat.
Linus: Ja, aber sie weiß, dass Hate etwas ist, was sie im echten Leben niemals abbekäme.
Matthi: Es ist die echte Meinung von den Leuten. Trotzdem Hate ist nicht gut und nicht toll, aber Hate kommt leider mit der Anonymität des Internets. Im Internet hat jeder ein bisschen mehr Mut, als im echten Leben.
Ronja Goj, In: Pfarrbriefservice.de
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Text: Ronja GojIn: Pfarrbriefservice.de