„Das tut der Seele gut“

Bistümer bieten Seelsorge für Alleinerziehende – Ein Interview

Nahezu alle deutschen Bistümer bieten Seelsorge für Alleinerziehende. Im Bistum Rottenburg-Stuttgart zum Beispiel ist Beate Gröne die Ansprechpartnerin im Fachbereich Ehe und Familie. Ein Interview mit ihr über ihre Arbeit und ihre Empfehlungen für Pfarreien und Gesellschaft.

Frau Gröne, was können Sie als Ansprechpartnerin in Ihrem Bistum für Alleinerziehende tun?

Beate Gröne: Wir bieten in unserem Bistum im Jahr zwei Wochenenden an. Das eine dient der Stärkung und dem Austausch und vermittelt Handlungskompetenz, zum Beispiel wie man Konfliktgespräche konstruktiv führt. Das andere Wochenende nimmt immer die Situation der Trennung in den Blick; es geht darum, das Gute zu würdigen und das, was man nicht halten kann, loszulassen. Das ist ein intensives Wochenende, wo Frauen zum Teil mehrfach teilnehmen und uns rückmelden: Trennung ist ein schrittweiser Prozess und es ist hilfreich, die guten Seiten, die die Partnerschaft einmal hatte, nicht zu negieren. Neben den Wochenenden begleite ich die Leiterinnen der regionalen Treffpunkte für Alleinerziehende. Das sind in drei unserer Dekanate Selbsthilfegruppen, die dem Austausch, aber auch der thematischen Fortbildung und konkreten Unterstützung dienen.

Seelsorge für Alleinerziehende vermutet man nicht unbedingt bei der katholischen Kirche. Wie kommt es, dass sich die Bistümer hier trotzdem engagieren?

Beate Gröne: Bei uns im Fachbereich Ehe und Familie vertreten wir die Linie: Wir arbeiten mit den Familien, die da sind in der Situation, in der sie sich befinden. Wir sortieren nicht nach katholisch, evangelisch, viel oder wenig Kinder, alleinerziehend oder geschieden. Wir versuchen vielmehr unsere Angebote so zu machen, dass sich die Lebenssituation der Menschen, die zum Beispiel alleinerziehend sind und eine Stärkung brauchen, erleichtert. Und dass sie wahrgenommen werden.

Was meinen Sie damit?

Beate Gröne: Das ist der dritte Part meiner Aufgabe. Ich versuche zusammen mit meinen Kolleginnen im Fachbereich den Blick insbesondere in den Pfarreien zu weiten für die Vielfalt von Familien. Da geht es nicht nur um Alleinerziehende. Also ich werbe immer dafür, zum Beispiel in Fürbitten auch mal dezidiert zu bitten für Eltern, die Pflegekinder oder Kinder adoptiert haben. Das würde deutlich machen: Wir nehmen euch wahr. Das ist nur eine kleine Wertschätzung, aber es ist ein Sichtbarwerden und ein Ansehen-geben. Das tut der Seele gut. Davon hat keine Alleinerziehende einen besseren Wohnraum, Kinderbetreuung oder ähnliches. Aber trotzdem ist da dieser Hauch von ‚Ich gehöre auch dazu‘.

Wie könnten Pfarreien noch unterstützen?

Beate Gröne: Es geht darum, Angebote so zu gestalten, dass möglichst viele Familien in ihrer Unterschiedlichkeit teilnehmen können. Das betrifft zum einen finanzielle Dinge. Ich weiß von einem Dekanat, das für den Familienausflug zwar einen Preis nennt, diesen aber von den Familien in anonymen Umschlägen einsammelt. Zwischen fünf Euro und fünfzig Euro befinden sich in den Kuverts, je nachdem was sich die Familien leisten können. Von diesem diakonischen Ansatz profitieren alle Familien, die finanziell schlechter gestellt sind. Zum anderen geht es um organisatorische Dinge. Muss zum Beispiel der klassische Elternabend zur Erstkommunion immer abends sein, wo sich gerade für Alleinerziehende die Frage nach einem Babysitter stellt? Oder geht es vielleicht auch an einem Samstagnachmittag mit einem Betreuungsprogramm für Kinder? Wichtig wäre, Alleinerziehende oder andere Familienformen einfach mitzudenken, zu überlegen, was käme ihnen entgegen, und es einfach auch mal anzusprechen. Empfehlen kann ich auch, die Expertise und Erfahrung von Kindergärten in diesem Bereich zu nutzen.

Welchen Stand haben Alleinerziehende in der Gesellschaft Ihrer Wahrnehmung nach?

Beate Gröne: Rein statistisch ist jede fünfte Familie betroffen. Jeder kann ihnen in seinem Umfeld begegnen. Ich glaube, was hilfreich wäre, ist die Haltung: Alleinerziehend zu sein, ist ganz normal, das gibt es und es ist für die betroffenen Kinder kein Schicksal, das das ganze Leben belastet. Wenn ich mir dann noch bewusst mache, dass es viele Alleinerziehende gibt, für die ihre Lebenssituation ganz schön eng ist, könnte ich in meinem Alltag nach Möglichkeiten schauen, ihnen das Leben leichter zu machen. Sei es durch meine Wertschätzung, sei es mit einem guten Wort oder auch mit einem konkreten Hilfsangebot, zum Beispiel den Wochen-Kehrdienst in einem Mehrfamilienhaus zu übernehmen.

Interview: Elfriede Klauer, In: Pfarrbriefservice.de

Die weiteren Ansprechpartner und Angebote der Alleinerziehenden-Seelsorge in den Bistümern finden sich unter www.alleine-erziehen.de.

Weitere Materialien
Verknüpft mit:

Das Schwerpunktthema für November 2022

Vor dem Herunterladen:

Datei-Info:
Dateiformat: .rtf
Dateigröße: 0,01 MB

Sie dürfen den Text in sozialen Medien nutzen (z.B. Facebook, Twitter, Instagram, YouTube, etc.)

Beispiel für den Urhebernachweis, den Sie führen müssen, wenn Sie den Text nutzen

Text: Elfriede Klauer
In: Pfarrbriefservice.de