Die Gunst der Stunde vertan?
Eine persönliche Anmerkung zum Stand der Ökumene
Jeder kennt die Redewendung, dass man die Gelegenheit beim Schopf packen muss. Wenn man den richtigen Augenblick verpasst, kann man ihn nicht mehr zurückholen.
Diese Redewendung geht zurück auf „Kairos“, den altgriechischen Gott des richtigen Augenblicks. Er wird beschrieben mit Flügeln an den Füßen - d.h. er eilt schnell vorüber - und mit einem Haarschopf vorne über der Stirn. Sein Hinterkopf dagegen ist kahl geschoren. Packen kann man ihn also nur, wenn man schnell seine vordere Haarlocke ergreift. Ist er einmal vorüber, hat man keine Chance mehr.
1971 bis 1975 tagte in Würzburg die Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland. Sie sollte die Beschlüsse des 2. Vatikanums für Deutschland umsetzen. Im Beschluss Ökumene heißt es:
„Die ökumenische Aufgabe duldet keinen Aufschub. Die Gunst der Stunde, vom Herrn der Zeiten geschenkt, darf nicht versäumt werden. Schon gibt es beunruhigende Zeichen der Erschlaffung des ökumenischen Willen, der im Zweiten Vatikanischen Konzil seinen epochalen Ausdruck gefunden hat. Umso mehr sind jetzt alle Verantwortlichen in Gemeinde, Bistum und Weltkirche gerufen, ihr ökumenisches Gewissen zu schärfen. Was die Synode als durchlaufende Perspektive bezeichnet hat, muss sich in ökumenischer Offenheit und Förderung ökumenischer Initiativen umsetzen. Ökumenische Orientierung muss neuer Stil der Kirchen werden."
Inzwischen sind 40 Jahre vergangen und es stellt sich die Frage, ob die Gunst der Stunde nicht schon versäumt ist.
Katharina Wagner, In: Pfarrbriefservice.de
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Text: Katharina WagnerIn: Pfarrbriefservice.de