Die Kraft der Liebe
Warum es das Scheitern braucht, damit sie sich entfalten kann
In der Jugendarbeit habe ich eine Paarübung kennengelernt, in der der eine Partner die Hand zur Faust ballt und der andere versucht, die Faust zu öffnen. Das Ergebnis ist überraschend: Solange an den zur Faust geschlossenen Fingern mit Gewalt herumgezogen oder -gedrückt wird, geht die Faust in der Regel nicht auf. Sie öffnet sich aber, wenn sie gestreichelt und liebkost wird: Sie kann dann gar nicht anders, als loszulassen und sich zu öffnen. Ähnlich verhält es sich mit vielen Situationen im Leben: mit Beziehungen, mit Krisen, Konflikten, guten Vorsätzen, ja auch mit der Einheit einer Gesellschaft: Das alles ist nicht mit Zusammenreißen zu bewältigen oder wenn, nur um einen hohen Preis. Es braucht die Kraft der Liebe.
Zwischen Zerren und Liebkosen liegt die Umkehr
Zwischen Zerren und Liebkosen liegt eine regelrechte Umkehr des Akteurs: Er muss sich eingestehen, dass er scheitert. Erst, wenn er sich das vergibt, kann Liebkosen ihm überhaupt einfallen. Sich als Scheiternden anzunehmen, gelingt jedoch nicht im Raum von Willen und Anstrengung. Es gelingt, wenn er umkehrt und den Raum der Liebe betritt und die Liebe bei sich ankommen lässt.
Dieser Raum eröffnet sich, wenn er sich den Blick vorstellt, mit dem Jesus die „Mühseligen und Beladenen" angeschaut hat. Ein Blick verstehender, vorwurfsloser, annehmender Liebe, die ihre Sonne aufgehen lässt über Bösen und Guten und regnen lässt über Gerechte und Ungerechte. Teresa von Avila liebte eine einfache Gebetsübung, die darin besteht, diesen liebenden Blick Jesu auf sich selbst ruhen zu lassen, ... ihn im Körper zu spüren, ... sich ihm zu öffnen, sich in ihm zu entspannen, das Wollen loszulassen ... Die Liebe erlaubt uns zu sein, und aus dem Sein kann eine ganz neue Idee für den nächsten Schritt einfallen.
Wollen kann Liebe nicht herstellen
Das Wichtigste, was über die Liebe gelernt werden kann, ist dies: Wollen kann Liebe nicht herstellen. Sie ist Sein und Leben in dem Raum, der von ihr erfüllt ist.
Möchten Sie sich nicht ein paar Minuten gönnen, um diesen Blick der Liebe auf sich ruhen zu lassen?
Bertram Dickerhof SJ
Quelle: Jesuiten.org: Newsletter – Ignatianische Nachbarschaftshilfe, In: Pfarrbriefservice.de
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Text: Bertram Dickerhof SJ, www.jesuiten.orgIn: Pfarrbriefservice.de