Ein persönlicher Brief, der zum Outen ermutigt
Geschrieben von den Eltern eines jungen homosexuellen Mannes
Lieber junger queerer Mensch,
sicher wunderst du dich über unseren Brief, denn wir kennen uns nicht. Warum schreiben wir dir? Wir möchten dir Mut machen, dich so anzunehmen, wie Gott dich geschaffen hat. Es ist nicht leicht, anders zu sein als die Mehrheit, denn dann fällst du auf. Aber du willst ja nichts Besonderes sein, sondern nur du selbst, also authentisch.
Vielleicht hast du diesen Schritt für dich selbst auch schon geschafft, aber darüber mit anderen zu sprechen, dich zu outen, macht dir Angst. Du fürchtest dich vor abwertenden Bemerkungen oder Unverständnis. Vielleicht hast du Freunde, mit denen du darüber sprechen kannst. Das wäre toll!
Mit deinen Eltern darüber zu sprechen, traust du dich vielleicht nicht. Du weißt nicht, wie sie reagieren. Du willst sie nicht enttäuschen. In ihrer Generation ist der Umgang mit queeren Menschen oft nicht so selbstverständlich wie bei jüngeren. Außerdem sind sie katholisch und du hast mitbekommen, dass die katholische Kirche nicht immer positiv mit dem Thema umgeht. Wir möchten dir Mut machen, mit deinen Eltern zu sprechen und sie auf deinen Weg mitzunehmen.
Als unser Sohn uns vor 8 Jahren gesagt hat, dass er schwul ist, habe ich als sein Vater erst mal Zeit gebraucht, um das zu verstehen und anzunehmen. Und diese Zeit hat mir mein Sohn auch gegeben. Wichtig für uns war offen über die eigenen Gefühle und Vorbehalte zu sprechen. Ich liebe meinen Sohn und trotzdem ist es mir am Anfang schwer gefallen, seinen Freund bei uns zuhause herzlich zu empfangen. Oft werden homosexuelle Menschen auf ihre Sexualität reduziert, während die Sexualität bei Heterosexuellen eher als ein Teil ihrer Persönlichkeit wahrgenommen wird. Das musste ich auch erst lernen. Nach und nach habe ich verstanden, dass in einer homosexuellen Beziehung ebenso Werte gelebt werden können wie in einer heterosexuellen.
Wir sind sehr froh, dass unser Sohn damals den Mut und das Vertrauen hatte, mit uns über seine Homosexualität zu sprechen. Dadurch haben sich auch bei uns einige Einstellungen verändert.
Wir wünschen auch dir diesen Mut und dieses Vertrauen. Denk immer daran, dass dich deine Eltern lieben. Und lieben heißt ja, jemanden so annehmen, wie sie/er ist. Gott liebt dich, so wie du bist.
Herzliche Grüße
Kathrin und Manfred
PS: Queer und katholisch sein, schließt sich nicht aus. Es gibt viele jungen Menschen, die das mit Gottvertrauen leben.
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Text: Kathrin und ManfredIn: Pfarrbriefservice.de