Ethisch-nachhaltiges Investment als Senfkorn
Erfolg als Handlungsmaßstab?
Ethikbezogenes Investment hat derzeit einen Marktanteil von 0,7%. Da drängt sich unweigerlich die Frage nach seinen Einfluss- und Wirkungsmöglichkeiten auf. Ist das nicht bloß der berühmte Tropfen auf den heißen Stein, ein Placebo, das der Beruhigung des Gewissens dient? Solche Anfragen sind berechtigt. Andererseits lehrt jedoch die Erfahrung, die auch von der biblischen Überlieferung immer wieder in Erinnerung gerufen wird: Beschränkte Einflussmöglichkeit und geringe Wirksamkeit oder sogar Aussichtslosigkeit sind kein Argument, etwas nicht zu tun. Genau darin liegt die Pointe des Gleichnisses vom Senfkorn (Mk 4,31f; Mt 13,31f; Lk 13,19). Diesem so kleinen und unscheinbaren Korn (es ist ja das kleinste von allen Samenkörnern), das ungewiss in die Erde fällt, würde man nicht unbedingt zutrauen, dass sich daraus eine so große und dichte Pflanze entwickelt und darin sogar die Vögel nisten. Erfolg war und ist keine Kategorie Gottes. An keiner Stelle des Evangeliums wird die performative Kraft der Reich-Gottes-Verkündigung an seinem Erfolg, an seiner Reichweite gemessen. Die Gleichnisse vom Sämann, vom Unkraut, vom Senfkorn, vom Sauerteig (Mt 13), sie alle stellen die Frage nach dem Erfolg hintan. Entscheidend ist immer, dass „Hand an den Pflug gelegt wird“ (Lk 6,92), immer wieder neue Schritte gesetzt werden, damit die Gottesherrschaft wachsen kann; dass also, metaphorisch gesprochen, die Saat ausgesät wird, das Senfkorn in die Erde kommt, der Sauerteig unter das Mehl gemischt wird – und die Menschen darauf vertrauen, dass sich die Wirksamkeit nach und nach entfaltet.
Das ethikbezogene Investment kann trotz seines quantitativ beschränkten Umfangs ein solches Senfkorn, ökonomisch gesprochen: ein nachhaltiger Hebel sein, die Spielregeln der Finanzmärkte zu verändern und ihre Rückbindung an die Realwirtschaft voranzutreiben. Das ist auch der Grundtenor der von der Deutschen Bischofskonferenz herausgegeben Orientierungshilfe zum ethikbezogenen Investment mit dem Titel „Mit Geldanlagen die Welt verändern?“. Der Einsatz für eine bessere und gerechtere Welt korreliert mit einer Wertehierarchie, in der ökologische, soziale und kulturelle Kriterien nun einmal wichtiger und höher einzuschätzen sind als die Maximierung von Kapitalgewinn.
Prof. Dr. Alois Halbmayr, Quelle: Grüne Reihe, Heft 110, April 2013, Missionszentrale der Franziskaner e.V.
In: Pfarrbriefservice.de
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Text: Prof. Dr. Alois HalbmayrIn: Pfarrbriefservice.de