genießen
Ohne große Erwartungen waren wir in die kleine Taverne am Strand gekommen. Nur hungrig, nach einem Urlaubstag voller Sonne und Wind. Die Griechin mit den lachenden Augen gab uns das Gefühl, als hätte sie auf uns gewartet. Das frisch geröstete Bauernbrot mit Öl und gehackten Tomaten war ein köstlicher Genuss. Den leichten Hauswein kelterte ihre Familie selbst, erzählte sie stolz. Es war mehr als das einfache Essen, was uns satt machte. Die salzige Meeresluft auf der Terrasse, das Schwappen der Wellen, die Sonne, die hinter den Bergen unterging: Auf einer Postkarte hätte ich das kitschig gefunden. Aber diese Leichtigkeit zu spüren, sich treiben zu lassen bis in die Nacht, war unverhofftes, pures Glück.
Ich lasse mich gern von solchen Augenblicken überraschen. Will mich nicht fragen, wie lange ich diese Freude erleben werde – allein die Sorge darum zerstört die Situation. Hoffe, dass ich das Gespür dafür behalte, Genuss im richtigen Moment wahrzunehmen. Dass ich merke, wann ich einfach Gast sein darf. Gerade dafür brauche ich Mut: Mit leeren Händen zu kommen und anderen die Führung zu überlassen.
Festhalten kann ich diese Freude nicht. Wir haben eine Flasche von dem griechischen Hauswein mitgenommen. Ihn zu Hause geöffnet und mit Freunden probiert. Niemand hat verstanden, warum uns dieser Wein so sehr geschmeckt hatte.
Iris Macke
aus: Karten nach Anderland, Verein Andere Zeiten, www.anderezeiten.de
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Text: Iris MackeIn: Pfarrbriefservice.de