Gerhard Lohfink: Warum ich an Gott glaube

Religiöser Buchtipp für August 2024

Der Theologe Gerhard Lohfink (1934 – 2024) blickt in seinem letzten Buch auf seine Glaubensbiografie zurück. Wie kam es, dass er Priester wurde, sich der Erforschung des Neuen Testaments widmete und 1986 den Lehrstuhl in Tübingen aufgab, um in München in der „Integrierten Gemeinde“ zu leben? Wie viele junge Deutsche, die kurz vor oder während des Zweiten Weltkrieges geboren wurden, prägten ihn der Nationalsozialismus, der Krieg und danach die katholische Jugendbewegung. Das war der Nährboden, auf dem die Berufung zum Priester wachsen konnte.

Lukasevangelium und Apostelgeschichte prägten

Entscheidend für seine Entwicklung war die Beschäftigung mit dem Lukasevangelium und der Apostelgeschichte für Promotion und Habilitation. Sehr lebendig erzählt er von seiner Untersuchung der beiden Himmelfahrtserzählungen des Lukas. Das Kapitel würzt er bei allem wissenschaftlichen Ernst mit einigen Anekdoten.
Im Kapitel über die Jahre als Professor in Tübingen (ab 1973) macht er deutlich, dass das Neue Testament eine wohldurchdachte Komposition und ohne das Alte Testament nicht zu verstehen ist. Der zweite Punkt ist die Entdeckung und Herausarbeitung des Gemeinschaftsgedankens im Neuen Testament und gerade in der Apostelgeschichte. Nach Lohfinks Auffassung geht Gemeinschaft, wie sie von Paulus oder Lukas gedacht wird, weit über den gleichzeitigen Besuch von Gottesdiensten und das kirchliche Vereinsleben hinaus.

Diesen Gemeinschaftscharakter sah Lohfink in der „Integrierten Gemeinde“ in München verkörpert und gab 1986 seinen Lehrstuhl auf, um ganz in der Gemeinde leben zu können. Mit großer Begeisterung erzählt er von dieser Zeit – und die wenigen, geradezu dürren Sätze, die er sich zu deren traurigem Ende (wegen schwerer Vorwürfe geistlichen Missbrauchs) abringt, lassen erahnen, welch‘ persönliche Katastrophe dieses Ende für ihn bedeutet haben muss.

Glaubensentscheidung gefragt

Waren die Kapitel bisher stark lebensgeschichtlich geprägt und mit zahlreichen Anekdoten gewürzt, geht es im Kapitel „Gottesverteidigung“ ans Eingemachte. Wie kann Lohfink angesichts des unermesslichen Elends in der Welt noch an Gott glauben? Nach einer sehr engagierten und klugen Verteidigungsrede, in der es u.a. um Freiheit geht und darum, dass Gott nicht willkürlich in die Geschichte eingreift, kommt er zum entscheidenden Punkt: Mit bloßem Argumentieren kommt man nie an ein Ende. Gefragt ist eine Glaubensentscheidung. „Ich weigere mich“, schreibt er, „die Welt und die Geschichte als eine absurde Sinnlosigkeit anzusehen. Ich glaube an den Sinn der Schöpfung, – dass sie nämlich ihr Ziel und ihre Vollendung in Gott finden wird.“

Sein Verdienst in diesem und vielen anderen Büchern besteht darin, vom Glauben an Gott durch Jesus Christus so gesprochen und geschrieben zu haben, dass viele Menschen seine Glaubensentscheidung nachvollziehen und davon für den eigenen Glauben profitieren konnten. (Borromäusverein)

Gerhard Lohfink: Warum ich an Gott glaube - Freiburg: Herder, 2024. - 207 S.; 24,00 €

(Als „Religiöses Buch des Monats“ benennen der Borromäusverein, Bonn, und der St. Michaelsbund, München, monatlich eine religiöse Literaturempfehlung, die inhaltlich-literarisch orientiert ist und auf den wachsenden Sinnhunger unserer Zeit antwortet.)

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Text: Borromäusverein
In: Pfarrbriefservice.de