Halloween - ein anpassungsfähiges Fest für viele Milieus
Halloween zeigt sich bei seinem Re-Import nach Europa möglicherweise deshalb so erfolgreich, weil sich dieses Fest als enorm anpassungsfähig erweist. In verschiedenen Milieus hat es den Zielgruppen entsprechend sehr verschiedene Ausprägungen erfahren:
Kindergarten-Kürbisfest
Im Kindergartenbereich hat Halloween wohl die größte Aufnahme erfahren. In den meisten Fällen handelt es sich dort um ein vergleichsweise harmloses Bastelfest, bei dem mit aufwendigen Dekorationen Früchte, Zimmer und Kinder ausstaffiert werden. Als Gespensterfest und Gruselfasching nimmt es kindliche Freude am Verkleiden auf. Die Gruseleffekte liegen kaum über dem Niveau, als würden sich Kinder hinter Hausecken verstecken und beim Hervorspringen »Hu« rufen.
Grusel-Party
Für Jugendliche ist dies nicht mehr voll befriedigend, hier müssen heftigere Effekte her, um die gewünschten Gruselgefühle zu erzeugen. Bei den Kostümen und Gestaltungen dieser Maskenbälle wird die Grenze zur Gewaltverharmlosung nicht selten überschritten. Bezeichnend dazu ist auch ein Beispiel aus der Musik: Die Heavy-Metal Band Helloween tauschte in ihrem Namen das »a« gegen ein »e« und so wurde aus den Heiligen die Hölle.
Horrorvideo-Genre
Auf dieser Linie liegt auch die Herausbildung eines eigenen Genres von Horror-Videofilmen unter dem Namen »Halloween«. Der erste Film dieser Kultfilmserie zeigt den kaltblütigen Mord an einem kleinen Mädchen durch einen Maskierten, der sich als ihr 6-jähriger Bruder erweist. Inzwischen wurden zahlreiche Filme um den bleichen Maskenmörder produziert. Im Februar 2003 wurde in Augsburg die 12-jährige Vanessa von einem Jugendlichen mit Totenkopfmaske nach dem Schema dieses Films umgebracht. Auch wenn der Film nicht allein ursächlich für diese Tat sein kann, so darf doch nicht übersehen werden, »dass vorhandene Gewaltbereitschaft durch Masken und Verkleidung eine bestimmte Formatierung erfahren können.«1
Neuheidnisches Kultfest
Eine massive Inanspruchnahme von Halloween ist insbesondere durch neuheidnische Gruppen und ihre Vertreter zu beobachten. Besonderes Interesse haben diese an den keltischen Wurzeln des Festes. Dabei wird ein genereller Grundzug auch im Umgang mit diesem Fest deutlich: persönliche Glaubensüberzeugungen moderner Individualreligion werden auf vorchristliche Kultformen zurückprojiziert und jene dann zur Autorisierung der eigenen Auffassungen herangezogen. Es besteht zwar ein starkes Interesse an den alten Kulten, das aber nicht an wissenschaftlicher Exaktheit der Ergebnisse orientiert ist, sondern an der existenziellen Deutung und Nutzbarmachung vermuteter Kultpraxis. Deutlich wird dies z.B. an Äußerungen wie dieser Interpretation des keltischen Samhain-Festes: »Samhain ist das Ende des alten Jahres und der Beginn des Neuen. Es ist ein Fest des Abschieds, bei dem die Verstorbenen geehrt werden. Anders als die Christen glauben die meisten Heiden an die Reinkarnation, so dass der Tod eine Notwendigkeit für neues Leben darstellt. …Wenn sich nun die Naturenergien zur Ruhe begeben und die Dunkelheit des Winters regiert, ist es Zeit, sich selbst zu beobachten, auszuruhen und sich auf das kommende Jahr vorzubereiten. Es ist Zeit für einen Rückblick auf das, was im gerade vergangenen Jahr getan wurde und was das Jahr und die eigenen Taten gebracht haben. Es ist eine Gelegenheit, sich selbst kennenzulernen.«2
Es sei erwähnt, dass Reinkarnationsvorstellungen für die Kelten gerade nicht belegt sind, aber in der gegenwärtigen Esoterik zum Allgemeingut zählen, ebenso wie die hier zum Ausdruck kommende Suche nach dem Selbst.
Die Verflechtung von unreligiöser Feierkultur mit neuheidnischen Elementen zeigt sich auch im Angebot der Internetseite www.ratgeber-halloween.de, auf der neben Kürbisrezepten auch diverse Links zu neuheidnischen Seiten eingetragen sind, die sich zu Halloween äußern.
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1 Michael Nüchtern: Charme und Schatten von Halloween, Materialdienst der EZW 10/2003, 374
2 (23.5.2005)
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Dr. Harald Lamprecht
Beauftragter für Weltanschauungs- und Sektenfragen der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens, Dresden
Quelle: www.praxis-gemeindepädagogik.de
Den vollständigen Text mit dem Titel „Heidnische Kürbisgespenster?“ lesen Sie unter http://www.christenlehre.de/main_frame_folder/Fruhere_Hefte/2005-3/lamprecht.html
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Text: Dr. Harald LamprechtIn: Pfarrbriefservice.de