Introvertiert liebt Extrovertiert
Wie kann ein guter Weg aussehen, mit Unterschieden in der Paarbeziehung klar zu kommen? Ein Interview
Unterschiede sind normal, sagt Maria Brohl, die als Ehe-, Familien- und Lebensberaterin in Köln Ehepaare und Paare in schwierigen Situationen berät. Entscheidend sei, sich der Andersartigkeit bewusst zu werden. Dann falle es leichter, Kompromisse zu finden. Warum es einem Paar helfen kann, hierfür professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen, erzählt sie im Interview.
Frau Brohl, welche Rolle spielen Unterschiede in den Persönlichkeiten von Frau und Mann in Ihren Beratungsgesprächen?
Maria Brohl: Eine große Rolle. Wenn sich Paare kennenlernen, sind es gerade die Unterschiede, die anziehend wirken. Sie werden als belebend, als interessant empfunden. Wenn man länger zusammen lebt, merkt man, dass es umso schwieriger ist, Kompromisse zu finden, je größer die Unterschiede sind.
Heißt das, dass es auch gänzlich unmöglich sein kann, wegen zu großer Unterschiede zusammenzuleben?
Maria Brohl: Das würde ich nicht sagen. Wenn die Unterschiede sehr groß sind, bedeutet das für das Paar einfach mehr Arbeit. Dennoch ist eine Verständigung darüber möglich.
Wie gehen Sie in den Beratungsgesprächen vor?
Maria Brohl: Wenn Ehepaare mit konkreten Konfliktsituationen zu uns kommen, ist es hilfreich zu klären und bewusst zu machen, welcher Grundunterschied unter diesem Konflikt liegt. Ein Leitsatz bei KEK, dem Gesprächstraining für Paare, lautet: Unterschiede sind normal – wichtig ist es, darüber zu reden. Wenn es gelingt, den konkreten Konflikt quasi erst mal zur Seite zu legen und Verständnis zu entwickeln für das unterschiedliche Empfinden des jeweils anderen, sind die Partner recht schnell kompromissbereit und finden eine Lösung.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Maria Brohl: Der Mann arbeitet Vollzeit und kommt nach einem langen Arbeitstag und einer anstrengenden Heimfahrt nach Hause. Die Frau, die Teilzeit berufstätig ist und sich um die noch kleinen Kinder kümmert, hofft darauf, am Abend von ihrem Mann in der Betreuungsarbeit entlastet zu werden. Der Mann möchte aber erst mal seine Ruhe haben. Das Grundproblem, das hier zugrunde liegen könnte, ist, dass die Frau sehr extrovertiert auf ihr Problem aufmerksam macht, was der Partner vielleicht als Herumnörgeln deutet. Der Mann, eher introvertiert, ist es nicht gewohnt, über seine Befindlichkeiten zu sprechen und geht davon aus, dass seine Partnerin sein Bedürfnis nach Ruhe erkennen muss. Wenn beide sich über diesen Grundunterschied - extro- introvertiert - verständigen können, wird es ihnen leichter fallen, einen Kompromiss zu finden.
Welche Rolle spielen Sie als Beraterin?
Maria Brohl: Ich bin zum einen Moderatorin, die einem Paar, das sich in einen Konflikt verhakt hat, hilft, auf eine sachliche Ebene zurückzukehren - also ohne Vorwürfe den eigenen Standpunkt deutlich zu machen und Gefühle zu benennen. Zum anderen möchte ich mögliche Wege aufzeigen und Ideen einbringen. Und dann ist es auch meine Aufgabe, bei Bedarf unbequeme Dinge zu sagen und zum Nachdenken anzuregen. Aber immer auf einer sehr wertschätzenden Basis.
Wann können Unterschiede bereichernd sein?
Maria Brohl: Wenn ich der Überzeugung bin, dass ich nichts verliere, wenn ich mich auf die Sichtweise des anderen einlasse, sondern etwas dazu gewinne. Es geht letztlich darum, zuzulassen, dass zum Eigenen etwas anderes dazu kommt. Dadurch entsteht für beide Neues. Das hat etwas Konstruktives und kann sehr fruchtbar auch im Hinblick auf andere Konflikte sein.
Maria Brohl (Jg. 1958) arbeitet seit 1996 als Ehe-, Familien- und Lebensberaterin und systemische Familientherapeutin bei der Katholischen Beratungsstelle für Ehe-, Familien- und Lebensfragen in Köln.
Interview: Elfriede Klauer, Pfarrbriefservice.de
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Dateiformat: .doc
Dateigröße: 0,03 MB
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Text: Elfriede KlauerIn: Pfarrbriefservice.de