Junge Menschen brauchen überzeugte Erwachsene
Oder: Warum Glaubensweitergabe heute kaum mehr funktioniert
Die Mehrzahl der Menschen glaubt zwar „irgendwie“ an einen Gott. Bei besonderen Anlässen sind Kirche und Religion auch eine gern gesehene Zutat. Aber wenn wir in diesem Zusammenhang die Menschen fragen, welche Beziehung sie zu Gott haben, ob der Glaube an Gott auch für ihren Alltag bedeutsam ist, sieht die Sache schnell ganz anders aus. Religion und Kirche haben vielfach eine ähnliche Funktion wie die Petersilie auf dem Schnitzel, das Sahnehäubchen auf der Festtagstorte bzw. ein Likör oder Korn in schweren Stunden: Sie dienen der Garnierung oder als „Trösterchen“.
Als entschiedener Christ in der Minderheit
Freilich findet man auch heute viele, denen der Glaube an Gott ein Herzensanliegen ist. Solche Menschen erfahren sich selbst aber nicht selten als Minderheit unter „Mitchristen“, die wohl „irgendwie“ an einen Gott glauben, die ihre Kinder auch taufen und zur Erstkommunion gehen lassen, aber leider kaum inneren Bezug zu IHM haben. Diese Menschen pflegen durchaus manch christliches Brauchtum. Von einem persönlichen Gottesbezug können sie den jungen Menschen aber meist nichts vermitteln.
Junge Menschen brauchen überzeugte Erwachsene
In Zeiten volkskirchlicher Verhältnisse wurden viele vom Umfeld fast selbstverständlich mitgetragen und gefördert. Heute müssen wir lernen, dass weder die verbliebene kulturelle Präsenz des Glaubens noch die Teilnahme an Taufe, Erstkommunion und anderen kirchlichen Angeboten bereits die innere Lebendigkeit des Glaubens nachhaltig sichert. Gerade bei den Kindern zeigt sich aber, dass trotz vieler Bemühungen die Substanz des Glaubens immer mehr schwindet. Wenn der Glaube bei den Erwachsenen nicht mehr lebendig ist, lässt er sich trotz bester Erstkommunion- und Firmvorbereitung in der nächsten Generation kaum noch nachhaltig verwurzeln. Die guten Erfahrungen mit der Familienkatechese zeigen, dass für eine fruchtbare Glaubensweitergabe die Erwachsenen unverzichtbar sind. Junge Menschen suchen und brauchen überzeugte und sprachfähige Erwachsene. Und als Gemeinde müssen wir alles daran setzen, dass sie davon genügend finden.
Christwerden als Weg
Notwendig ist dies nicht nur aufgrund vorhandenen Bedarfs, sondern auch im Blick auf die Praxis der Kindertaufe. Genau genommen ist diese nur verantwortbar, wenn Erwachsenen, die als Kinder getauft wurden, eine ihrem Alter und ihrer Lebenssituation entsprechende Hinführung zu einem persönlichen Glauben und Gottesbezug angeboten wird. Denn Christ ist man nicht von Geburt an und auch nicht automatisch durch die Taufe: Christ wird man – Christwerden ist immer ein Weg. Und zu diesem Prozess gehört wesentlich ein von Herzen kommendes, freies, erwachsenes JA zu jener Verwurzelung in Jesus Christus, die uns wohl in der Taufe eingepflanzt wurde, doch damit noch nicht unser Eigen ist, sondern im Laufe des Lebens immer mehr angeeignet werden will.
Prof. P. Dr. Hubert Lenz
Pater Lenz ist Initiator des „Vallendarer Glaubenskurses“ für Erwachsene. Mehr dazu unter www.weg-vallendar.de
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Text: P. Hubert LenzIn: Pfarrbriefservice.de