Können auch Jungen Opfer sexualisierter Gewalt werden?

Dass Jungen auch Opfer sexueller Gewalt werden, war bisher nicht ausreichend bekannt. Heute widmet man dem Thema des sexuellen Missbrauchs an Jungen zunehmend mehr Aufmerksamkeit. Dies ist auch deshalb wichtig, da es Jungen und männlichen Jugendlichen besonders schwer fällt, sich als Opfer zu offenbaren.

Gerade betroffene Jungen:

- haben Angst, schwul zu sein oder als schwul zu gelten, da die meisten Täter auch hier männliche Jugendliche oder Männer sind. Häufig wird unter Jungen das Wort Schwulsein als Schimpfwort und zu massiver Abwertung benutzt.

- meinen, sie tragen die Verantwortung für die Tat(en). Sie seien also selbst schuld, weil sie sich nicht ausreichend gewehrt hätten.

- haben die Vorstellung, dass sie in Beratungsstellen auf Menschen treffen, die von ihnen verlangen, dass sie ihr Innerstes nach außen kehren. Sie haben Angst, damit wehrlos und schwach zu werden.

Wodurch fallen betroffene Jungen auf?

Die meisten Jungen, die sexuelle Gewalt erfahren haben, fallen zunächst nicht auf. Viele werden still und ziehen sich zurück. Dieses Signal wird meist nicht verstanden. Die Tatsache, dass Jungen Probleme haben, bevor sie welche machen, gehört leider noch kaum zum Alltagswissen.

Von sexueller Gewalt betroffene Jungen werden oft nur dann beachtet, wenn sie massiv aggressiv werden oder durch übergriffiges Verhalten auf sich aufmerksam machen (Mädchen an die Brust oder anderen Jungen an die Hoden greifen, Mädchen bedrängen und versuchen, ihre Genitalien anzufassen, Mädchen oder schwächere Jungen vergewaltigen). Es kann also vorkommen, dass Jungen ihr erlebtes und erlittenes Opfersein durch eine so genannte Wiederholung (Re-Inszenierung) zum Ausdruck bringen. In der Wiederholung nehmen sie jedoch die Position des Täters ein und nicht mehr die des Opfers. Jungen, die sexuelle Gewalt erfahren haben, werden keinesfalls zwangsläufig zu Tätern. Doch je jünger die Jungen sind, die Täterverhalten zeigen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie eigene sexuelle Gewalterfahrungen reinszenieren. …

Wer missbraucht Jungen sexuell?

Überwiegend sind die Täter auch hier männliche Jugendliche oder Männer. Sie sind, entgegen herkömmlicher Vorstellungen, nicht in ihrer sexuellen Ausrichtung auf Kinder fixiert. Das Bedürfnis der Täter ist das Ausleben von Gewalt, das Erleben von Macht über Jungen und Mädchen, nicht das scheinbare Ausleben von Sexualität!

Die Täter kommen in den meisten Fällen aus dem sozialen und familiären Nahraum des betroffenen Jungen. Sie sind aber im Gegensatz zu sexueller Gewalt an Mädchen eher außerhalb der unmittelbaren Kernfamilie zu finden. Die Taten geschehen eher in Bereichen wie Schule und Sportvereinen, und die Täter sind beispielsweise Jugendliche aus der Nachbarschaft, Trainer, Jugendgruppenleiter, ältere oder stärkere Schulkameraden, Lehrer, Freunde der Familie und nahe Bezugspersonen oder Verwandte.

aus: „Mutig fragen – besonnen handeln. Informationen für Mütter und Väter zum sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen“, Broschüre des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2004.

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Das Schwerpunktthema für Juli 2009

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Text: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
In: Pfarrbriefservice.de