nichts tun
Unter mir die Holzbohlen, über mir der Himmel. Kleine Wolken ziehen träge vorüber, weiße Tupfer auf kornblumenblauem Grund. Eben noch überlegt, was ich einkaufe, wann die Läden schließen, dass ich telefonieren will. Ein, zwei Karten schreiben, jetzt hätte ich endlich Zeit, das Buch, die Zeitungen zu lesen, könnte joggen gehen, ein paar Runden um den See… Nichts davon tue ich. Ich höre auf zu denken, lasse mich treiben. Rieche das Wasser, höre eine Möwe, hin und wieder eine Welle, die gegen den Steg schwappt. Betrachte einen Schwarm kleiner Fische. Sie gleiten durch das Wasser, die Kiemen blitzen in einem Sonnenstrahl auf, golden tanzen ihre Schatten auf dem sandigen Grund. Ich höre auf zu rechnen, wie viel Zeit ich hier habe, was ich mitnehmen werde, wie erholt ich wiederkomme, wie braun, wie ideenreich. Tue einfach nichts. Halte mein Gesicht in die Sonne, folge meinem Herzschlag. Das kleine Kloster, an dem wir gestern vorbeikamen, kommt mir wieder in den Sinn, die Mönche dort: Wie sie sich selbst in ihren Meditationen hinhalten, nichts wollend, nichts zwingend, nur da sind vor ihrem Gott. Ich will auch nichts, nichts als jetzt und hier in der Sonne sein. Erwarte nichts, fordere nichts, mache nichts. Meine Seele ist stille zu Gott. Still werden die vielen Stimmen in mir, die Rastlosigkeit. Ich halte mich hin, lasse los, vertraue darauf: Wie es ist, ist es gut.
Susanne Niemeyer
aus: Karten nach Anderland, Verein Andere Zeiten, www.anderezeiten.de
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Dateigröße: 0,02 MB
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Text: Susanne NiemeyerIn: Pfarrbriefservice.de