„Pilgern soll auch gut tun“
Drei Fragen an den Diakon und aktiven Rom- und Jerusalem-Pilger Dr. Ernst Schneck
Santiago, Rom, Fatima… das ist – für Pilgeranfänger – alles sehr weit weg. Geht Pilgern auch eine Nummer kleiner?
Selbstverständlich, es geht sogar zwei Nummern kleiner. In meiner Kindheit und Jugend sind wir jedes Jahr an Christi Himmelfahrt von Wittlich nach Klausen gepilgert. Im Bistum Trier gibt es viele Ort wie Klausen: nahe Pilgerorte, die einem ans Herz wachsen können. Und zwischen Klausen und Rom liegen ja auch noch der Disibodenberg oder Flüeli. Oder man sagt: Wenn ich es bis auf den Gotthard-Pass schaffe, dann geht es auch bis Rom.
Man sagt ja gerne: Der Weg ist das Ziel. Bläst man dabei nicht in das gleiche – postmoderne – Horn, das von uns Flexibilität und Ungebundenheit fordert? Wäre es nicht wichtiger eine Lanze zu brechen für den Stillstand, das Verweilen und das Ausharren?
Danke für das Stichwort! Den Satz „Der Weg ist das Ziel“ sehe ich sehr kritisch. Denn dann wird das Ziel beliebig. Vielmehr gilt: Der Weg führt mich zum Ziel. Dort will ich ankommen. Die Zielvergessenheit führt wirklich zu nichts anderem als zur Beliebigkeit. Deswegen will ich eine Lanze brechen für das Ziel. Ich will in meinem Leben ja auch an einem Ziel ankommen. Was ich auf dem Weg erfahre, wird mir dann umso kostbarer. Ich gehe aber auch in der Ungewissheit, ob ich wirklich am Ziel ankomme. Es gibt keine Garantie. Vielleicht scheitere ich sogar. Aber das Risiko gehe ich ein. Und wenn ich scheitere? Dann lerne ich selbst daraus noch etwas kennen und hoffentlich auch annehmen: meine Grenzen!
Von früheren Zeiten wird berichtet, dass sich die Pilger Steine in die Schuhe legten, damit das Laufen so richtig schön schmerzt. Andersherum: Darf Pilgern gut tun? Darf es – noch schlichter gefragt – Spaß machen?
Pilgern kann schon an sich zur Last werden: das Gepäck schleppen, zwei Wochen mit drei Unterhosen auskommen, Hitze und Regen ertragen, Blasen riskieren. Neben all den absehbaren Strapazen und unabsehbaren Risiken bedarf es nicht noch zusätzlicher, selbst gewählter Lasten. Pilger sind keine Masochisten. Sie müssen dafür sorgen, dass sie am nächsten Tag noch weitergehen können, dem Ziel entgegen. Da braucht man eben auch ein kräftiges – und wohlschmeckendes! – Abendessen und ein ordentliches Bett – und auch schon mal einen guten Wein oder ein leckeres Eis. Pilgern darf gut tun, nicht nur der Seele. Und Spaß ist immer dann schon dabei, wenn man nicht allein unterwegs ist.
Die Fragen stellte Stefan Schneider, Bistum Trier.
Dr. Ernst Schneck, Diakon im Hauptberuf und im Generalvikariat zuständig für die Ausbildung und Begleitung der Ständigen Diakone. Ernst Schneck pilgerte von 2003 bis 2010 zusammen mit einem Pilgerbruder mit dem Fahrrad in Jahresetappen zunächst nach Rom und dann nach Jerusalem.
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Text: Stefan Schneider, Bistum TrierIn: Pfarrbriefservice.de