Tänzerin trifft Skatbruder
Paare unterscheiden sich auch in ihrem Wunsch nach Nähe und Distanz. Was hilft, ist, respektvoll im Gespräch zu bleiben.
Kennen gelernt haben die beiden sich in einem Griechisch-Kurs in der Volkshochschule. Nach einem Treffen verabredeten sie sich, um ihre Reise-Erlebnisse zwischen Athos und Kreta auszutauschen. Und dabei entdeckten sie, dass sie auch sonst noch einiges verband: die Freude am Kochen, Tanzen und Fotografieren. Die Gewohnheit, stundenlang am „abgegessenen“ Tisch sitzen zu bleiben, zu quatschen und zu diskutieren. Ihre Einstellung zu sozialen und politischen Themen und ihre Ansichten über „das Leben“. Bald trafen sie sich an jedem Wochenende. Als der Sprachkurs zu Ende ging, waren sie ein Paar.
Gemeinsamkeiten als Basis
Keine Frage: Ansichten und Interessen, die Paare miteinander teilen, bieten eine gute Basis für eine stabile Beziehung. Ein paar Gemeinsamkeiten erscheinen sogar unverzichtbar; wenn sie gerne Kinder möchte, er die Verantwortung für Nachwuchs dagegen als Einschränkung ablehnt, wird das ihre Beziehung auf Dauer belasten. Oder wenn sie darauf besteht, eigene berufliche Ziele zu verfolgen, während er von einer Partnerin erwartet, dass sie ihm „den Rücken frei hält“.
Genauso klar: Liebe braucht Nähe. Zu viel Distanz, ein Leben in weitgehend getrennten Welten, droht jedes Paar mit der Zeit zu entfremden. Aber mehr Nähe bedeutet nicht automatisch auch mehr Liebe.
Wechselspiel zwischen Nähe und Distanz
Zuerst war sie ziemlich gekränkt, als er ihr eröffnete: Am kommenden Samstag wolle er nicht wie gewohnt mit ihr zum Tanzkursus gehen, sondern übers Wochenende mit drei alten Schulfreunden eine Fahrradtour machen. Erst recht, als er ihren Kompromissvorschlag, sie könne ja vielleicht auch …, kurz und bündig ablehnte: Das sei eine Sache unter Männern. Ihren Zorn ließ sie ihn spüren; spitze Bemerkungen von wegen „alte Liebe“ und „Frauen müssen draußen bleiben“ konnten ihn zwar nicht umstimmen, aber sein schlechtes Gewissen war ihm deutlich anzumerken.
Erst am Wochenende wurde ihr bewusst: Eigentlich war es ganz schön, mal wieder solo zu sein. Sie genoss es, sich vom Tanzlehrer hofieren zu lassen, und verabredete sich mit einer Kollegin für den neuen George-Clooney-Film. Ihr Mann hätte danach wahrscheinlich nur über „diesen animierten Lackschuh“ gelästert …
Die eigenen, ganz persönlichen Wünsche nicht zu vergessen, auch einmal „Nein“ zu sagen und sich abzugrenzen, bedeutet nicht gleich eine Abwertung des Partners oder gar eine Absage an die Partnerschaft. Im Gegenteil: Wer eigene Interessen und Talente entfaltet und sich neue Felder erschließt, entwickelt sich dadurch weiter. Und das heißt auch: Er (oder sie) bleibt für den Partner spannend, vielleicht eine Spur fremd, aber jedenfalls attraktiv. Und die Erlebnisse und Erfahrungen, die beide für sich dabei gewinnen, liefern Gesprächsstoff und bereichern das Miteinander.
Meine Bedürfnisse - deine Bedürfnisse
Das ausschließliche Zusammensein könnten sie dagegen auf Dauer als Fessel empfinden: „Eigentlich würde ich gerne mal wieder etwas für mich allein oder mit meinen Freundinnen unternehmen. Immer nur zusammen mit ihm, das wird mir zu eng.“ Allerdings sind die Wünsche nach Nähe und Distanz nicht bei jeder und jedem gleich ausgeprägt. Sie braucht vielleicht als Ausgleich zu ihrem anspruchsvollen, mit vielen Konflikten belasteten Job abends vor allem Zuwendung und Geborgenheit; er dagegen ist eher der aktive, unternehmungslustige Typ, der ständige neue Anregungen sucht. Die Folge: Er fühlt sich öfter geklammert und genervt, sie fühlt sich abgewiesen. Diese Herausforderung an ihre Partnerschaft können sie nur meistern, wenn beide die eigenen Bedürfnisse klar aussprechen, gleichzeitig aber auch die des anderen respektieren:
- Wo lege ich Wert darauf, dich einzubinden?
- Welche Interessen könnte oder möchte ich lieber alleine (oder zusammen mit anderen) verfolgen?
- Wo bin ich bereit, Kompromisse zu machen?
- Wo sind meine Grenzen?
Das Ergebnis könnte zum Beispiel so aussehen:
- Ein paar Dinge machen wir auf jeden Fall gemeinsam: Familienfeiern, Tanzen, die Geburtsvorbereitung …
- Du hast deine Skat-Abende, ich habe mein Sportstudio.
- Ins Kino gehst du besser mit deiner Freundin.
- In den Urlaub fahren wir gemeinsam. Aber wenn du dich an den Pool legst, mache ich lieber Mountainbike-Touren. Und so weiter …
Einen Punkt haben die beiden dabei ganz dick unterstrichen:
- Wenn du mich brauchst, bin ich für dich da.
Sie wissen nämlich: Manchmal braucht jeder von uns besonders viel Zuwendung und Rückenstärkung. Im folgenden Jahr, als sie wegen eines heftigen Streits mit ihren Eltern ganz schlecht drauf war, hat er deshalb auf seine Männertour verzichtet.
Quelle: Ehebrief Nr. 9, Meine, deine, unsere Zeit. AKF - Arbeitsgemeinschaft für katholische Familienbildung e.V., www.ehebriefe.de. In: Pfarrbriefservice.de
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Dateigröße: 0,03 MB
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