Vom Tragen und Getragen-werden

Gedanken zum Namenstag des Hl. Christophorus am 24. Juli

„Christo-Phorus“ ist der griechische Ausdruck für „Christus-Träger“. Es gibt wohl kaum einen anderen Menschen in der christlichen Heiligengeschichte, dessen Name eine solch komplexe legendäre Bedeutung aufweist. Man wird gleich an jenen mächtigen Goliath in der Bibel oder an den märchenhaften „Rübezahl“ erinnert, wenn es sich bei Christophorus der Legende nach um einen Riesen handelt, der wegen seiner ungeheuer großen Gestalt und seinem angsteinflößenden Aussehen von den Menschen „reprobus“ (der Schlechte, „Hässliche“) genannt und gefürchtet wurde. Das einzige historisch gesicherte Datum seiner Existenz ist die Weihe einer nach ihm benannten Märtyrerkirche im Jahr 454 in Chalkedon, dem heutigen Stadtteil Kadiköy in Istanbul. 

Viele Legenden

Um Christophorus herum ranken sich sehr viele Legenden. Als Christus-Prediger soll er unter Kaiser Decius um 250 n.Chr. als Märtyrer enthauptet worden sein. Es wird erzählt, dass er mit seinen Riesenkräften nur demjenigen dienen wollte, der auch der Mächtigste in dieser Welt sei. Aber König, Kaiser, selbst der Teufel sollen immer noch Angst vor jemandem gehabt haben. In seiner Suche nach dem Mächtigsten kam er schließlich zu einem Eremiten, der ihm den Rat gab: „Sei jedermanns Diener, und du wirst den König der Könige, Jesus Christus, sehen.“ Er sollte den Menschen dienen, indem er ihnen helfe, einen gefährlichen Fluss zu überqueren, was er dann auch tat. Eines Tages soll er dem Jesusknaben begegnet sein, der darum bat, ihn über den Fluss zu tragen. Als er aber mit diesem Kind auf der Schulter ins Wasser stieg, soll die Last immer schwerer geworden sein, Christophorus fürchtete um sein Leben. Als er erschöpft am Ufer das Kind niedersetzte, sagte er: „Ich glaubte zu sterben. Es war, als ob die ganze Welt auf meinen Schultern läge. Ich hätte es nicht länger ertragen.“ „Christophorus“, erwiderte das Kind, „du hast mehr getragen als die Welt, du hast den Schöpfer der Welt getragen. Ich bin der König Jesus Christus.“ Einer älteren Legende nach soll er in diesem Fluss auch die Taufe empfangen haben. Seitdem soll er den Namen „Christophorus“ getragen und als Wanderprediger Christus verkündet haben. 

Geteiltes Leid

Dieses urmenschliche Gefühl, von etwas „getragen“ zu werden, ist der Kern jener Sehnsucht, die uns das Tor zu Gott öffnen kann. Christophorus, der Christusträger, erinnert uns an so viele „tragende Elemente“ in unserem Leben. Wir denken an die Mütter, die ihre Kinder neun Monate „unter ihrem Herzen“ tragen und sich dadurch in ihrem Leben selber getragen fühlen. Wir denken an die vielen Menschen, die ihre kranken, alten und hilflosen Mitmenschen in die Arme schließen, wenn diese hilflos geworden sind. Dieses Erlebnis trägt auch ihr Selbstwertgefühl. Wir denken an die unzähligen Menschen, die in schwerster Zeit ihre Verantwortung für sich selbst und andere tragen und wie diese Erfahrung sie selber weiterträgt, wenn sie müde geworden sind. Ja, „geteiltes Leid ist halbes Leid“. Dieses Gesetz Christi trägt auch uns. 

Patron der Reisenden

Als der Fährmann, der Menschen einen Weg eröffnet, wo keine Wege mehr zu sein scheinen, wird Christophorus zum Patron der Reisenden. Manche lassen ihr Auto in seinem Namen segnen oder haben eine entsprechende Plakette in ihrem Fahrzeug. Christophorus wurde zwar 1962 aus der Liste der kanonischen Heiligen gestrichen, weil seine Existenz zu legendär erschien, er blieb aber im deutschen Diözesankalender erhalten, wenn auch nur als „nicht gebotener Gedenktag“. Er ist einer der so genannten „14 Nothelfer“, die von Menschen in großer Not immer wieder angerufen werden. „Christoph-1“ hieß der erste Hubschrauber der ADAC-Luftrettung. Ein bekanntes Automagazin nennt sich „Christophorus“. Man erklärte ihn auch zum Patron derjenigen, die ganz plötzlich sterben müssen. Damit der Tod uns nicht plötzlich und in Sünde überrascht, bringt man seine Bildnisse und Statuen unübersehbar gerne an den Außenwänden der Kirchen an. Der Blick der Menschen soll wie ein Stoßgebet fast automatisch auf ihn fallen, wenn man die Kirche betritt beziehungsweise an ihr vorbeikommt.   

Stanislaus Klemm, Dipl. Psychologe und Theologe, In: Pfarrbriefservice.de

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Text: Stanislaus Klemm, Dipl. Psychologe und Theologe
In: Pfarrbriefservice.de