Weihnachten wider alle Erwartungen?!
Im Corona-Jahr läuft vieles anders als erwartet – wie es trotzdem Weihnachten werden kann
„Dieses Jahr ist alles anders!“ Ein Satz, den ich ständig hören und lesen muss. Die Erwartungen und Hoffnungen, die manch einer im Januar hatte, wurden oft nicht erfüllt. Mit so einem Jahr konnte nun wirklich keiner rechnen! Und wer hätte Anfang März gedacht, dass wir uns nun schon wieder in einem Lockdown befinden und dass im November niemand weiß, ob und wie wir Weihnachten feiern können? Wir planen momentan komplett ins Blaue hinein, immer mit dem Hintergedanken, dass es sein kann, dass wir doch noch alles absagen müssen. Ziemlich ernüchternde Gedanken.
Der Satz „Alles anders als erwartet!“ könnte auch als passende Überschrift für die Weihnachtserzählungen dienen. Es beginnt in der Weihnachtserzählung nach Lukas schon mit Marias Schwangerschaft: Wer konnte erwarten, dass Maria den Sohn Gottes gebären wird? Meiner Meinung nach gehen Maria und Joseph erstaunlich souverän mit dieser Schwangerschaft um. Selbst die Nachricht, dass sie sich kurz vor dem Geburtstermin aufmachen sollen, um zur Volkszählung nach Betlehem zu reisen, scheint die beiden nicht aus dem Konzept zu bringen. Zumindest wird davon nichts erzählt. Maria und Joseph lassen sich trotz aller Ungewissheiten auf das Wagnis ein und machen sich auf die Reise. Und ich kann mir gut vorstellen, dass weder Maria noch Joseph sich vorher ausmalen konnten, dass der Sohn Gottes in einem Stall auf die Welt kommt. Garantiert hatten sie bei ihrer Ankunft in Betlehem die Hoffnung, dort schon noch in irgendeiner Herberge Platz zu finden.
Enttäuschte Erwartungen
Und auch ein Blick in das Matthäusevangelium zeigt, dass Jesu Geburt die Erwartungen der Menschen nicht erfüllt hat. Die Sterndeuter hatten auch klare Erwartungen von dem ihnen prophezeiten neuen König der Juden: Ein König wohnt in einem Palast. Stattdessen kommen sie bei einem zornigen König Herodes an, der den neugeborenen Messias sogar umbringen möchte. Es folgt eine spektakuläre Flucht von Maria und Joseph mitten in der Nacht mit einem neugeborenen Kind.
Was für verrückte Begebenheiten, in die Jesus da hineingeboren wurde! Die Geschichte von Maria und Joseph, aber auch die der Sterndeuter war damals ganz bestimmt auch mit Enttäuschungen verbunden. Die Enttäuschung, vor verschlossenen Türen zu stehen, genauso wie die, den neuen König nicht im Königspalast zu finden.
Nicht aufgeben – offen bleiben
Aber eins haben beide Geschichten gemeinsam: Die Protagonisten haben nicht aufgegeben. Sie haben die Situation, mit der sie konfrontiert wurden, hingenommen und versucht, das Beste daraus zu machen. Und genau dann war wirklich Weihnachten: Als Maria und Joseph mitten in der Nacht Besuch von den Hirten bekommen haben und als die Sterndeuter von Herodes weitergezogen sind und doch noch den neuen König gefunden haben.
Ja, Advent und Weihnachten werden dieses Jahr ganz bestimmt anders. Aber Anders ist ja nicht immer auch schlecht. Viele haben in der Zeit des Lockdowns auch positive Erfahrungen machen können. Richtig Weihnachten wird es nur, wenn wir unsere alten Advents- und Weihnachtserwartungen, vielleicht sogar manche liebgewonnenen Traditionen beiseite schieben und uns öffnen für das, was auf uns zukommt. Wir werden merken, dass Gott schon längst da ist. Und das garantiert völlig anders, als wir das jetzt im Vorhinein erahnen können!
Laura Sünder, Gemeindereferentin
Quelle: Gemeinde FORUM – Mitteilungen der kath. Kirchengemeinden in Schwäbisch Hall, Ausgabe 6/2020, In: Pfarrbriefservice.de
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Text: Laura SünderIn: Pfarrbriefservice.de