Wenn die Füße weiterbeten - Vom Sinn der Wallfahrt
Wir sind nur Gast auf Erden
und wandern ohne Ruh
mit mancherlei Beschwerden
der ewigen Heimat zu. (Gotteslob Nr. 656)
Die ersten Christen werden in ihrer Umgebung „Leute des neuen Weges“ genannt. So überliefert es die Apostelgeschichte (9,2), die auch sonst viel von We-gen, vom Aufbrechen und Ankommen berichtet. Bis heute hat sich das Weg-Motiv für das christliche Leben als prägend erwiesen: unterwegs sein zu einem Ziel, das Gott gesetzt hat und das er letztlich selber ist. Es war nur folgerichtig, dass die Konzilsväter des II. Vatikanischen Konzils die Kirche als pil-gerndes Volk Gottes bezeichnet haben.
Pilger, Wallfahrer sind unterwegs, sie haben Gewohntes verlassen, sie wagen sich an Neues, öffnen sich dafür; sie rechnen damit, dass die Erfahrungen auf dem Weg sie verändern. Wer pilgert, konzentriert sich auf den Weg und das Ziel; er hat Zeit und Muße, beides zu bedenken und ins Gebet zu nehmen. Wenn beim Gehen der Mund verstummt, die Gedanken ent-schwinden, beten die Füße weiter.
Wallfahrt ist sowohl in spiritueller Hinsicht wie auch ganz wörtlich Christus-Nachfolge: Jede Wallfahrtsprozession wird angeführt vom Kreuz, dem Zeichen für christlichen Glauben und Gemeinschaft, dem Wegweiser zum Ziel, der den Weg nicht nur weist, sondern ihn mitgeht. Wer beim Pilgern den Gekreuzigten nicht aus dem Blick verliert, wird seinen Weg finden und natürlich auch den Weg zum Wallfahrtsort. Dort erwarten ihn die, die schon lange voraus gegangen und angekommen sind, und mit ihrem Leben bis auf den heutigen Tag Zeugnis geben von Gott: Heilige – wo sie verehrt werden, hat sich Gott über Generationen für viele Pilger – gläubige, zweifelnde, suchende, beladene, dankbare - als besonders anwesend, ansprechbar, erfahrbar erwiesen. Gnadenorte, die erahnen und spüren lassen, wohin die Wallfahrer letztlich unterwegs sind, zur Heimat bei Gott.
Bernhard Riedl
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Text: Bernhard RiedlIn: Pfarrbriefservice.de