Wertvolle Erfahrungen sammeln
Interview mit Stefan Malik, Referent für Freiwilligendienste in der Bundesstelle des BDKJ
Wieso macht es Sinn für junge Leute, und auch für Ältere, sich in einem Freiwilligendienst zu engagieren? Wir befragten Stefan Malik, Referent für Freiwilligendienste in der Bundesstelle des BDKJ (Bund der Deutschen Katholischen Jugend).
Was bringt es jungen Leuten Ihrer Einschätzung nach, sich in einem Freiwilligendienst über einen längeren Zeitraum zu engagieren?
Stefan Malik: Da fallen mir als ehemaligem Freiwilligen, aber vor allem aus meiner über zehnjährigen Arbeit mit Freiwilligen eine ganze Reihe von Punkten ein. Junge Leute, die sich für mindestens 6 und bis zu 18 Monate in einem Freiwilligendienst engagieren,
- weiten ihren eigenen Horizont und werfen einen Blick über den Tellerrand, unabhängig davon, ob das Engagement im eigenen Heimatort oder am anderen Ende der Welt geleistet wird,
- erhalten - meist nach vielen Jahren Schule - die Möglichkeit sich praktisch auszuprobieren,
- bekommen einen realistischen Einblick in ein konkretes Arbeitsfeld, in dem sie anschließend – nach Ausbildung / Studium - ggf. selbst beruflich tätig werden,
- begegnen in den begleitenden Seminaren des Trägers vielen anderen engagierten Freiwilligen und haben dort Gelegenheit, sich mit ihren FSJ-Erfahrungen, ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung sowie mit Glaubensfragen auseinander zu setzen
- sammeln einen enormen Erfahrungsschatz in der täglichen Begegnung mit den unterschiedlichen Menschen in ihrer Einsatzstelle,
- übernehmen bewusst Verantwortung für sich selbst und andere,
- lernen viel über sich selbst, über ihre Stärken und Schwächen und erhalten so eine gute Orientierung für den weiteren Lebensweg,
- und noch vieles mehr.
Sehen Sie auch berufliche Vorteile?
Stefan Malik: Absolut. Und das völlig unabhängig davon, in welchem Bereich ich meinen Freiwilligendienst geleistet habe. Die Kompetenzen und Fähigkeiten, die ich mir dort aneignen oder festigen kann, helfen mir im späteren Berufsleben, aber auch schon in der Ausbildung bzw. im Studium weiter. Die Praxis zeigt: Es sind oft die eigenen Freiwilligen, die für die Leiterinnen und Leiter der unterschiedlichen Einsatzstellen bei der Auswahl der zukünftigen Auszubildenden an erster Stelle stehen. Aber auch für spätere Bewerbungen ist es oft ein Pluspunkt, ein langfristiges freiwilliges Engagement z.B. in einem Freiwilligendienst vorweisen zu können.
Welche Voraussetzungen sollten die jungen Leute mitbringen?
Stefan Malik: Grundsätzlich sind die Einsatzplätze für Freiwillige so gestaltet, dass keine besonderen Voraussetzungen erfüllt werden müssen. Es kann aber durchaus vorkommen, dass eine Einsatzstelle aufgrund der zu betreuenden Zielgruppe ein bestimmtes Mindestalter oder den Besitz des Führerscheins als Bedingung vorgibt. Die wichtigste Voraussetzung ist aus meiner Sicht eine hohe Motivation und die Freude am Engagement für eine gute Sache.
Besteht die Gefahr, dass durch den freiwilligen Dienst hauptamtliche Tätigkeit ersetzt wird?
Stefan Malik: Ein gesetzlich geregelter Freiwilligendienst ist eine überwiegend praktische Hilfstätigkeit in gemeinwohlorientierten Einrichtungen - ohne Erwerbsabsicht, außerhalb einer Berufsausbildung und vergleichbar einer Vollzeitbeschäftigung oder einer Teilzeitbeschäftigung für Freiwillige ab 27 Jahren im Bundesfreiwilligendienst.
Die Gefahr ist demzufolge gering, aber durchaus vorhanden. Deshalb ist es eine der wichtigsten Aufgaben der verantwortlichen Träger bzw. weiterer Akteure, durch eine enge Kooperation und Begleitung der Einsatzstellen sicherzustellen und zu überprüfen, dass die Freiwilligen Zusätzliches leisten, also arbeitsmarktneutral tätig sind. Die katholischen Träger haben dafür gemeinsam mit den angeschlossenen Einsatzstellen Qualitätsstandards vereinbart und diese kontinuierlich weiterentwickelt. Bei wiederholter Nicht-Einhaltung dieser Standards wird der Träger die Zusammenarbeit mit der betreffenden Einsatzstelle aussetzen oder sogar beenden.
Es gibt eine Fülle an verschiedenen Diensten, ob sozial oder ökologisch, kulturell oder politisch, ob im Inland oder im Ausland. Wie geht man vor, um das Richtige für sich zu finden?
Stefan Malik: Zunächst einmal ist es wichtig, für sich selbst zu klären, was einem wichtig ist und wo die eigenen Interessen liegen. Der schnellste Weg, um sich einen ersten Überblick zu verschaffen, ist eine Recherche im Internet. Dort gibt es jedoch mittlerweile eine enorme Vielfalt von Portalen, die allgemeine Infos, Erfahrungsberichte und Kontaktinformationen der jeweils regional zuständigen Partner bereithalten.
Für den katholischen Trägerbereich bieten die Websites www.freiwilliges-jahr.de und www.weltfreiwilligendienst.de einen guten Überblick über Angebote im In- und Ausland. Wer darüber hinaus auch das Angebot der anderen Zentralstellen und bundeszentralen Träger kennenlernen will, kann sich auf den Seiten der Bundesarbeitskreise FSJ (www.pro-fsj.de) bzw. FÖJ (www.foej.de) oder des Bundesfreiwilligendienstes (www.bundesfreiwilligendienst.de) umsehen. Zu den unterschiedlichen Formaten von Auslandsfreiwilligendiensten gibt zudem die Website www.rausvonzuhaus.de einen umfassenden Überblick.
Sehr hilfreich ist es aber auch, einfach den Kontakt zu Einsatzstellen oder (ehemaligen) Freiwilligen zu suchen und sich dort ganz persönliche Empfehlungen einzuholen.
Mit dem Bundesfreiwilligendienst eröffnen sich auch Möglichkeiten für Ältere. Wieso kann es interessant sein, sich jenseits der 27 in einem Freiwilligendienst zu engagieren?
Stefan Malik: Der Bundesfreiwilligendienst (BFD) ist europaweit der erste „klassische“ Freiwilligendienst, der allen Generationen offen steht. Mit derzeit rund 46.100 Freiwilligen (Stand: Oktober 2013) stößt er auf ein breites Interesse. Immerhin 41 Prozent der Freiwilligen sind 27 Jahre und älter. Auffällig ist, dass es dabei ein enormes Gefälle zwischen den alten und den neuen Bundesländern gibt. Während der Anteil der Älteren in den westlichen Bundesländern bei rund 20 Prozent liegt, sind es in den ostdeutschen Ländern fast 80 Prozent. Dies wird unter anderem durch die unterschiedliche Bewerbung des neuen Formats als auch durch unterschiedliche Arbeitsmarktstrukturen in den jeweiligen Regionen begründet.
Im Rahmen einer im Frühjahr 2013 vorgestellten Studie wurden neben der Alternative zur Erwerbsarbeit und dem finanziellen Anreiz die folgenden Motive für das Ableisten des BFD am häufigsten genannt: reizvolle Tätigkeit, Möglichkeit zur Intensivierung des Ehrenamtes, berufliche Neuorientierung/Qualifizierung, der Gesellschaft etwas zurückgeben und gesellschaftliche Integration und Teilhabe.
Die Fragen stellte Elfriede Klauer, www.pfarrbriefservice.de.
Hinweis: Ein Bild von Stefan Malik finden Sie hier.
Datei-Info:
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Dateigröße: 0,04 MB
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Text: Elfriede Klauer/ Stefan MalikIn: Pfarrbriefservice.de