„Zeichen der Zeit“ – ein Schlüsselbegriff für den Synodalen Weg
Dritte Vollversammlung sieht darin wichtigen Hinweisgeber für Reformen
Bei der dritten Vollversammlung des Synodalen Wegs der katholischen Kirche in Deutschland wurden drei Texte in zweiter Lesung behandelt und anschließend endgültig angenommen. Dazu gehören zwei grundlegende Texte, die das Koordinatensystem des Reformprozesses bestimmen: der so genannte „Orientierungstext“, den das Präsidium des Synodalen Wegs eingebracht hat, und der Grundtext des Forums 2 „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche“. In beiden Texten wird den „Zeichen der Zeit“ große Aufmerksamkeit gewidmet. Das war nicht unumstritten. Darüber wurde eigens abgestimmt. Am Ende fanden beide Texte die erforderlichen Mehrheiten.
Kulturelle Entwicklungen mit Bedeutung für den Glauben
Was sind „Zeichen der Zeit“? Der Begriff stammt vom Konzilspapst Johannes XXIII. Er hat 1963 drei Zeichen seiner Zeit benannt: dass die Arbeiterschaft sich ihrer Würde bewusst geworden, die Frauen ins öffentliche Leben eingetreten seien und die Völker der Erde sich gemeinsam für Frieden und Gerechtigkeit einsetzten. Zeichen der Zeit sind kulturelle Entwicklungen, die relevant sind für den Glauben und die Kirche zur Selbstkritik herausfordern. Es geht also nicht einfach um Moden oder Meinungen, die kommen und gehen. Zeichen der Zeit sind vielmehr Signale, die man als Kirche nicht überhören darf, denn dies wäre zum Schaden ihrer Botschaft. Die Emanzipation der Frauen im 20. Jahrhundert beispielsweise, das zweite Zeichen, das Johannes XXIII. nannte, verweist die Kirche auf ihr eigenes Erbe, das sie in Anpassung an patriarchale Denkweisen vergessen hat. Eigentlich hätte sie, wenn sie die Rolle der Frauen im Umfeld Jesu und der Urkirche ernst genommen hätte, auch selbst darauf kommen können, dass die Ungleichbehandlung der Frauen falsch ist – nun ist es der „Wink“ des Heiligen Geistes, der sie daran erinnert.
Wichtig für Reformprozesse
Das II. Vatikanische Konzil hat betont, wie wichtig es ist, solche Zeichen wahrzunehmen, aufzugreifen und die Kirche entsprechend zu reformieren. Natürlich sind Schrift und Tradition, Lehramt und Theologie wichtig, wenn es darum geht zu bestimmen, was zum Glauben gehört. Aber das geht eben nicht ohne Aufmerksamkeit für die „Zeichen der Zeit“ – und nicht ohne das gute Gespür der Gläubigen, sie zu erkennen. Lässt man sie außen vor, verpasst man, was Gott in unsere Zeit hinein spricht, auf dass sich die Kirche erneuere.
Julia Knop, In: Pfarrbriefservice.de
Dr. theol. Julia Knop (geb. 1977) ist Professorin für Dogmatik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt und Mitglied der Synodalversammlung sowie des Synodalforums „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche“.
Der Synodale Weg
Der Synodale Weg ist ein Gesprächsprozess innerhalb der katholischen Kirche in Deutschland. Er soll der Aufarbeitung von Fragen dienen, die sich im Herbst 2018 nach der Veröffentlichung der sogenannten MHG-Studie über sexuellen Missbrauch in der Kirche ergeben haben. Die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken verantworten gemeinsam diesen Prozess, der auf mehrere Jahre angelegt ist und am 1. Dezember 2019 eröffnet wurde. www.synodalerweg.de
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Text: Julia KnopIn: Pfarrbriefservice.de