Die Pfarrbriefe in Deutschland gehören weiter zu den ganz Großen in der kirchlichen Medienbranche. Das zeigt der neue MDG-Trendmonitor Religiöse Kommunikation 2020/21, der untersucht hat, wie Katholiken welche Medien für religiöse und kirchliche Themen nutzen. Laut Studie ist der Pfarrbrief „das kirchliche oder religiöse Medium, das von Katholiken mit Abstand am häufigsten genutzt wird“.
50 Prozent der Befragten, die von einem Pfarrbrief wissen, lesen ihn regelmäßig oder hin und wieder. Der Pfarrbrief wird damit deutlich häufiger wahrgenommen als z.B. Berichte über Glaubens- und Kirchenfragen in säkularen Printprodukten, im Fernsehen oder Radio. Die Studie stellt überdies fest, dass der Pfarrbrief nicht nur Menschen anspricht, die der Kirche ohnehin verbunden sind. Vielmehr erreicht er „in einem erstaunlichen Ausmaß“ – so die Studie – kirchendistanzierte und jüngere Menschen zwischen 18 und 29 Jahren.
- 34 Prozent der kirchendistanzierten Christen lesen den Pfarrbrief zumindest hin und wieder, davon 10 Prozent sogar regelmäßig.
- 35 Prozent der 18-29-Jährigen lesen ihn zumindest hin und wieder, davon 12 Prozent regelmäßig.
- Und sogar bei den Menschen mit geringer oder keiner Bindung an die örtliche Pfarrei kann der Pfarrbrief punkten: 31 Prozent lesen ihn zumindest hin und wieder, davon 9 Prozent regelmäßig.
Strategisch wichtige Zielgruppen
Die Studie sieht kirchendistanzierte Christen und junge Erwachsene als strategisch wichtige Zielgruppen für die kirchliche Kommunikation. Kirchendistanzierte Christen werden dabei verstanden als Menschen mit geringer Kirchenbindung und überdurchschnittlicher Austrittsneigung, die aber dennoch an zentralen Glaubensüberzeugungen festhalten. Sie bilden mittlerweile laut Studie mit 34 Prozent die größte Gruppe unter den Katholiken.
An mehreren Stellen wird betont, dass gerade diese beiden Gruppen über die Pfarrbriefe vergleichsweise gut und sogar „am ehesten“ erreichbar sind.
„Noch tragfähige Brücke zu den Menschen“
„Die Studie belegt, was wir bei Pfarrbriefservice.de immer wieder betonen“, sagt Johannes Simon, Leiter von Pfarrbriefservice.de. „Wenn Menschen in ihrer unterschiedlichen Bindung zur Kirche erreicht werden sollen, dann gelingt dies am ehesten vor Ort. Und das mit Publikationen wie einem Pfarrmagazin. Es berichtet zum einen vom Leben der Christen am Ort und zum anderen bringt es Lebensthemen ins Wort mit Gesichtern und Statements aus der Pfarrei, der Kirche vor Ort. Die Reichweite solcher Publikationen gilt es zu nutzen und strategisch auszubauen.“ Für Simon ist der persönliche und der mediale Kontakt der Kirchengemeinde die „noch tragfähige Brücke zu den Menschen“.
Was ist der MDG-Trendmonitor?
Der MDG-Trendmonitor ist eine Studie, die seit 1999 zum vierten Mal erarbeitet wurde. Im Sommer 2020 wurden für die Neuauflage 1.690 Katholikinnen und Katholiken ab 14 Jahren repräsentativ befragt. Die Studie wurde durchgeführt vom Institut für Demoskopie Allensbach und der Sinus Markt- und Sozialforschung GmbH im Auftrag der MDG Medien-Dienstleistung GmbH mit Unterstützung der Deutschen Bischofskonferenz. Insbesondere die digitale Transformation spielt im neuen Trendmonitor eine größere Rolle. Untersucht wurden unter anderem die Erwartungen an die katholische Kirche, das Image der katholischen Kirche und die Nutzung kirchlicher Medienangebote.
Interview: „Die guten Zahlen mahnen auch zur Vorsicht“
Was sagt die MDG als mit der Studie beauftragtes Beratungsunternehmen zum guten Abschneiden der Pfarrbriefe? Ein Interview dazu mit Geschäftsführerin Ariadne Elisabeth Klingbeil.
Haben Sie die guten Ergebnisse des MDG-Trendmonitors für den Pfarrbrief überrascht?
Ariadne Elisabeth Klingbeil: Die Zahlen haben zunächst nicht überrascht. Die Zahlen passen auch ins Bild vergangener Studien. Der Pfarrbrief richtet sich uneingeschränkt an alle Menschen, die auf dem Gebiet einer Pfarrgemeinde wohnen, und erreicht damit Kirchgänger genauso wie eher Distanzierte. Noch dazu ist der Zugang einfach: Der Pfarrbrief kommt meist direkt nach Hause. Ganz entscheidend ist der Inhalt des Pfarrbriefs. Er bedient lokale Themen, liefert Informationen buchstäblich rund um den eigenen Kirchturm. Der Pfarrbrief beantwortet direkt die Fragen seiner Leser: „Was passiert hier bei mir? Wo muss ich dabei sein? Was ist für meine Familie wichtig?“ Und Lokalität ist überall in der Medienlandschaft aktuell Trumpf.
Was empfehlen Sie kirchlichen Medienverantwortlichen auf der Ebene der Deutschen Bischofskonferenz hinsichtlich einer Unterstützung der Pfarrbriefarbeit?
Ariadne Elisabeth Klingbeil: Der Pfarrbrief gehört klar ins Portfolio der Kommunikationsarbeit der Katholischen Kirche. Doch auch hier sind die Leserzahlen rückläufig, und der Abwärtstrend wird weitergehen. Der Trendmonitor zeigt etwa, dass moderne Milieus den Pfarrbrief tendenziell nicht bzw. selten lesen oder nicht kennen. Die Leser kommen größtenteils aus den kirchenaffinen Kreisen.
Auf Ebene der Deutschen Bischofskonferenz muss man sich bewusst sein, dass man über den Pfarrbrief noch eine Vielzahl der Menschen erreichen kann. Umso wichtiger ist das Vordenken von Kooperationen und Projekten, die den Pfarrbrief stärken und die großen kirchlichen Themen auf das Ortsgeschehen runterbrechen helfen.
Denn es ist auch klar: Auch der Pfarrbrief ist nicht mehr die heile Welt. Die Zahlen sind gut, aber der Trend muss auch hier alarmieren: Unsere Kommunikation muss sich verändern, wenn wir auch künftig Menschen ansprechen wollen.
Auf Ebene der Bischofskonferenz müssen hier Dinge angestoßen werden. Gegangen werden müssen die Schritte Hand in Hand mit den Bistümern und den Pfarreien.
Was empfehlen Sie kirchlichen Medienverantwortlichen auf der Ebene der deutschen (Erz-)Bistümer hinsichtlich einer Unterstützung der Pfarrbriefarbeit?
Ariadne Elisabeth Klingbeil: Der gedruckte Pfarrbrief, egal ob in einer einfachen Variante oder als aufwendigeres Pfarrmagazin, muss nach den aktuellen Zahlen beibehalten werden. Aber um auch die modernen Milieus zu erreichen, braucht es zusätzliche digitale Angebote. Die Infrastruktur hierfür darf man nicht den Pfarreien überlassen. Hier können die Online-Redaktionen und Social-Media-Verantwortlichen der Bistümer Pionierarbeit leisten, beim Aufbau der Grundstruktur unterstützen. Der Rahmen und die Starthilfe kommt von der Bistumsebene, der Inhalt dann zumeist aus den Pfarreien.
Aber die ganze Pfarrbriefarbeit kann gebündelt und von Bistumsseite aus unterstützt werden. Die Kirchenzeitungen können beispielsweise Partner der Pfarrbriefe sein – und umgekehrt. Und gerade weil auch der Trendmonitor wieder sagt, v. a. kirchennahe Personen lesen den Pfarrbrief: Der Pfarrbrief kann als wesentlicher Teil der internen Kommunikation in einem Bistum gesehen werden. Hier erreicht Kirche gebündelt die größtenteils ehrenamtlichen und unverzichtbaren Mitarbeitenden.
Was empfehlen Sie den Pfarreien?
Ariadne Elisabeth Klingbeil: Die Pfarreien müssen mit Herzblut dabei sein und auch kommunizieren wollen. Dazu braucht es ein Team, das idealerweise eben nicht nur aus den traditionellen Lesergruppen kommt. Es braucht die kirchenferneren Menschen, die jüngeren Zielgruppen auch schon im Redaktionsteam als Ideengeber und Inhalte-Lieferer.
Und dann muss der Pfarrbrief natürlich bei den Menschen ankommen. Zum einen durch ein professionelles und zuverlässiges Verteilsystem, z.B. in Kooperation mit anderen, lokalen Anbietern, zum anderen über diverse Kanäle.
Die guten Zahlen des Trendmonitors mahnen auch zur Vorsicht: Wenn ein Pfarrbrief nur einmal pro Quartal z.B. erscheint, wie eng ist dann die Bindung wirklich, wenn ein Viertel der befragten Katholiken angibt, den Pfarrbrief unregelmäßig zu lesen. Da braucht es dann zusätzliche, kalenderunabhängige Ansprachemöglichkeiten.