Organspende: Es geht um (d)eine Entscheidung

Das Schwerpunktthema für Februar 2020

am 30.10.2019 - 05:00  

BZgA / Hardy Welsch

Will ich nach meinem Tod Organe spenden? Es ist wichtig, dass jede und jeder für sich diese Frage beantwortet und mit seinen Angehörigen bespricht. Und diese Entscheidung auch dokumentiert. Warum? Um den Angehörigen die Last dieser Entscheidung zu nehmen. In Deutschland ist es nämlich so, dass nur demjenigen Organe entnommen werden dürfen, der zu seinen Lebzeiten ausdrücklich zugestimmt hat. Wenn keine Zustimmung vorliegt, werden die Angehörigen nach dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen gefragt. Sie müssen dann entscheiden in Zeiten der Trauer und nicht selten des Schocks. Der Deutsche Bundestag diskutiert zurzeit, ob diese sogenannte Entscheidungslösung von der Widerspruchslösung abgelöst wird. Demnach wäre automatisch jeder ein potentieller Organspender, sofern er nicht ausdrücklich widerspricht. Aber egal, welche Regelung das Parlament treffen wird: Wichtig bleibt die persönliche Entscheidung – Ja oder Nein zur Organspende.

Die Materialien dieses Schwerpunktthemas wollen unterstützen, das Thema in die Pfarrbriefe zu bringen. Sie informieren und beleuchten die Auseinandersetzung um das Hirntodkonzept. Der Moraltheologe Stephan Ernst nimmt Stellung zu ethischen Fragen und die zwei alternativen Gesetzesentwürfe, die zurzeit im Deutschen Bundestag beraten werden, werden näher vorgestellt. Tipps und Links laden die Pfarrbriefleserinnen und -leser zu einer weiteren Beschäftigung mit der Organspende ein.

    Bilder

    Moraltheologe Stephan Ernst fordert Transparenz, mehr Information und vor allem einen Entschluss

    von

    Pfarrbriefservice.de

    Herr Professor Ernst, wie haben Sie für sich das Thema Organspende entschieden?

    Fakten und Einschätzungen zu einer umstrittenen Frage

    von

    Elfriede Klauer

    Entscheidend für eine persönliche Haltung zur Organspende ist die Auseinandersetzung mit dem Hirntodkonzept. In der Gesetzgebung gilt der Hirntod als ein sicheres Zeichen für den Tod des Menschen. Nur Hirntoten dürfen in Deutschland laut Gesetz Organen entnommen werden.

    von

    Etwa 9.500 Menschen stehen in Deutschland auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Die meisten von ihnen warten auf eine Spenderniere. 2018 gab es bundesweit 955 Organspenderinnen und Organspender. Das entspricht 11,5 Organspenden je eine Million Einwohner.

    Studie fragt nach Einstellungen und Verhalten zur Organ- und Gewebespende

    von

    2018 hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in einer bundesweiten Repräsentativbefragung über 4.000 Menschen in Deutschland gefragt, was sie über das Thema Organ- und Gewebespende denken.

    von

    www.dso.de, Deutsche Stiftung Organtransplantation

    Gibt es eine Altersgrenze für die Organspende?

    Ein Blick auf die Gründe und Gegenmaßnahmen

    von

    Josefine Schummeck, www.bpb.de / CC-by-sa-3.0

    Die Situation in Deutschland ist paradox: Die Zahl der Menschen mit Organspendeausweis ist von 25 Prozent im Jahr 2010 auf 36 Prozent im Jahr 2018 gestiegen, ebenso hat die in Umfragen bekundete Spendenbereitschaft in diesem Zeitraum um fünf Prozentpunkte zugenommen.

    Die deutschen Bischöfe sind gegen eine Widerspruchslösung bei der Organspende

    von

    Elfriede Klauer

    Die Organspende war ein Thema bei der Herbst-Vollversammlung 2019 der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda. Die deutschen Bischöfe würdigen die Organspende als einen „Akt der Nächstenliebe und Solidarität über den Tod hinaus“, der „höchste Anerkennung“ verdiene.

    von

    Peter Schott

    Würdest du

    nach deinem Tod
    ein Organ spenden,
    weil ein anderer
    es zum Leben braucht?

    Würdest du
    vor deinem Tod
    ein Organ annehmen,
    weil du selbst
    es zum Leben brauchst?

    Prüfe deine Antworten
    auf Herz und Nieren.

    Infotelefon Organspende

    Unter der kostenlosen Rufnummer 0800 / 90 40 400 ist das Infotelefon Organspende montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr erreichbar. Das Team des Infotelefons beantwortet Fragen zu Organspende und Transplantation, nimmt Bestellungen von kostenlosem Informationsmaterial entgegen und versendet Organspendeausweise.
    Das Infotelefon Organspende ist eine gemeinsame Einrichtung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO).

    Tipp für Pfarrbriefredaktionen

    Umfrage: Was ist Ihre Meinung zur Organspende?

    Wie stehen die Menschen in Ihren Pfarreien zur Organspende? Manchmal hilft es, selbst zu einer Meinung zu kommen, wenn man weiß, wie andere davon denken. Starten Sie eine kleine Umfrage in Ihren Bekanntenkreisen, in Gruppen oder nach dem Gottesdienst. Veröffentlichen Sie die kurzen Stellungnahmen am besten mit Namen und Alter der Befragten. Interessant ist es für die Pfarrbriefleserinnen und -leser, wenn sie zu den Meinungen ein Gesicht sehen können. Denken Sie also auch an Bilder oder bitten Sie jemanden darum zu fotografieren.

    Umfassende Recherche: Hirntod – Organspende und die Kirche

    2013 brachte die katholische Ärztin Regina Breul das Buch „Hirntod – Organspende und die Kirche schweigt dazu“ heraus. Darin bezieht sie sich im Wesentlichen auf eine 2005 von Teilnehmern einer Konferenz der „Päpstlichen Akademie der Wissenschaften“ (PAS) unterzeichnete Erklärung, dass der Hirntod nicht mit dem Tod des Menschen gleichzusetzen sei. 2015 brachte die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) die Arbeitshilfe „Hirntod und Organspende“ heraus. Dort heißt es auf Seite 6, dass Organspender „zum Zeitpunkt der Organentnahme wirklich tot und nicht nur sterbend sind.“ Damit standen sich zur Frage des Hirntodes scheinbar zwei Haltungen der katholischen Kirche konträr gegenüber. Die DBK gegen die PAS?

    Der Klinikseelsorger P. Klaus Schäfer SAC ging dieser Frage nach und recherchierte für Deutschland alle offiziellen Aussagen der evangelischen und katholischen Kirche sowie der PAS. Im Juni 2020 legte er das Ergebnis in dem 404-seitigen Buch „Hirntod – Organspende und die Kirche sagt dazu“ vor.

    Im 1. Kapitel geht der Pallottinerpater nur in zwei Absätzen auf das Buch von Regina Breul ein. In allgemein verständlicher Sprache beschreibt er dagegen neben der geschichtlichen Entwicklung auch den medizinischen Zustand Hirntod sowie den organisatorischen Ablauf einer Organtransplantation. Im 2. Kapitel sind, übersichtlich geordnet, die Aussagen beider Kirchen zum Hirntod nachzulesen, im 3. Kapitel dann die Aussagen beider Kirchen zur Organspende.

    Das 4. Kapitel fasst zusammen und es wird deutlich: Die katholische Kirche sieht den Hirntod als Tod des Menschen und die Organspende als einen „Akt der Nächstenliebe“. Im Zuge seiner Recherchen hat P. Klaus Schäfer SAC herausgefunden, dass die PAS in all ihren Dokumenten den Hirntod dem Tod des Menschen gleichsetzt. „Es gibt also keinen Widerspruch zwischen PAS und DBK“, folgert Schäfer.

    P. Klaus Schäfer: Hirntod – Organspende und die Kirche sagt dazu. BoD 2020 - 404 Seiten - ISBN-13: 978-3751930420 - 13,90 €

    Film-Tipps des Kath. Filmwerks zum Thema „Organspende“

    (Hinweis: Die Filmbesprechungen sind freigegeben für die nichtkommerzielle Verwendung durch katholische Pfarreien)

    Die Lebenden reparieren

    Nach einem Unfall liegt ein junger Mann tot im Krankenhaus von Le Havre. Seine Organe sind unversehrt, weshalb die Ärzte auf eine Organspende drängen. Währenddessen erfährt in Paris eine herzkranke Frau, dass eine Transplantation ihre einzige Chance aufs Überleben ist. Die Inszenierung umkreist das Thema Organspende quasi-dokumentarisch, menschlich und metaphysisch. Die Geschichten verschiedener Figuren, die privat oder professionell mit der Organspende zu tun haben, vereinen sich zum kunstvollen Erzählteppich über Leben mit dem Tod, wobei der Schmerz vom Netz gegenseitiger Fürsorge aufgefangen wird. (Filmdienst)

    Die Adaption von Maylis de Kerangals gleichnamigem Roman erzählt nicht nur von der Konfrontation mit dem Tod auf Seiten von Organspender wie Empfängerin. Sie zeichnet gleichzeitig ein umfassendes Bild der modernen Transplantationsmedizin, das sowohl die praktischen Abläufe einer Organspende als auch die hohe Belastung des medizinischen Fachpersonals einbezieht. Dabei werden implizit zahlreiche existenzielle und ethische Fragestellungen rund um das Thema Organspende behandelt, die insbesondere in den Fächern Ethik, Philosophie und Religion aufgegriffen werden können.

    Frankreich/Belgien, 2016, 99 Minuten
    Ein Film von Katell Quillévéré
    Produktion: Mars Films
    empfohlen ab 14 Jahren, FSK 12

    Erhältlich sind die DVD des Films, Arbeitshilfen sowie das Filmcover unter www.filmwerk.de. Die DVD gibt es außerdem in Ihrer Medienzentrale www.medienzentralen.de.    

    stark! Hatice - Eine Niere für mich

    In der Episode „Hatice - Eine Niere für mich“ erzählt die in Deutschland lebende 15-jährige Türkin Hatice ihre Geschichte. Sie braucht eine neue Niere. Nur mit dieser hat sie die Chance auf ein ganz normales Leben, wie es ihre Freunde und Klassenkameraden führen. Hatices Hoffnungen ruhen auf der Möglichkeit einer Transplantation; sie weiß, wie langwierig dieses Warten sein kann ... Aus der Reihe stark! Kinder erzählen ihre Geschichte.

    Deutschland, 2008, 16 Minuten
    Ein Film von Andrea Tönnißen
    Produktion: Im Auftrag von ZDF tivi
    empfohlen ab 13 Jahren

    Erhältlich sind die DVD des Films, Arbeitshilfen sowie das Filmcover unter www.filmwerk.de. Die DVD gibt es außerdem in Ihrer Medienzentrale www.medienzentralen.de.

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