Ärger mit den Nachbarn

So kann man Konflikte richtig lösen

Wilde Partys, Dreck im Hausflur oder zu laute Musik – es gibt viele Gründe für Streit zwischen Nachbarn. Manchmal eskaliert der Konflikt und wird sogar zum Umzugsgrund. Aber so weit muss es nicht kommen. Christina Kotschubin ist Expertin für Streitschlichtung. Im Interview gibt sie wertvolle Tipps, wie du dich im Streitfall am besten verhältst.

Was sind aus deiner Erfahrung die häufigsten Themen, über die Nachbarn streiten?

Christina Kotschubin: Die Streitthemen unter Nachbarn sind tatsächlich die Klassiker: Rasenmähen zur falschen Uhrzeit, Dreck im Treppenhaus oder die offengelassene Haustüre. Oft steckt allerdings mehr dahinter und die Konflikte sind nur Symptome sich überschneidender Interessen.

Warum kommt es gerade zwischen Nachbarn so häufig zu Streitigkeiten?

Christina Kotschubin: Unter Nachbarn unterscheiden sich die Lebenswelten stark. Unseren Freunden oder Arbeitskollegen sind wir weitestgehend schon ähnlich und dadurch haben wir ähnliche Erwartungen an sie, wie sie an uns. Mit unseren Nachbarn haben wir oft nicht so viele Gemeinsamkeiten und dadurch sehr unterschiedliche Gewohnheiten und Erwartungen. Die Nachbarn aus der Studenten-WG haben einen komplett anderen Alltag, als die junge Familie oder das Rentnerpaar. Sie haben sehr unterschiedliche Erwartungen an ihr Umfeld – das birgt Konfliktpotential.

Welche Tipps kannst du Nachbarn geben, um Konflikte zu lösen, bevor sie im Streit enden?

Christina Kotschubin: Am wichtigsten ist es, bei sich zu bleiben. Denn zu fragen: „Warum macht er das schon wieder?“ ist ein sehr negativer Ausgangspunkt. Der erste Schritt ist, dieses negative Denken abzuschalten und sich zu fragen: „Warum genau stört mich das so sehr?“. Dadurch beschäftige ich mich damit, herauszufinden, welche eigenen Motive im Spiel sind und warum der Nachbar diesen Motiven im Weg steht. So kann ich auf einer ganz anderen Ebene argumentieren – ohne, dass ich den Nachbarn persönlich angreife.

Nehmen wir an, der Teenager-Sohn meiner Nachbarn dreht jeden Abend bis nach Mitternacht die Musik so laut, dass die Wände wackeln. Was würdest du mir raten?

Christina Kotschubin: Um deinem Nachbarn erklären zu können, dass du einen Konflikt mit dieser Situation hast, solltest du dich zuerst fragen, warum dich der Lärm stört. Der Grund kann sein, dass du nach einem anstrengenden Arbeitstag ein hohes Bedürfnis nach Ruhe hast, dass du durch den Lärm gestört wirst. So stärkst du deine Position und es fallen dir Argumente ein, wie z.B die Hausordnung, die jeder Mieter zur Rücksichtnahme auf seine Nachbarn bei Abschluss des Mietvertrages akzeptiert hat. Du solltest die Situation eine Weile beobachten. Wenn sich nichts verändert, kannst du aktiv auf die Nachbarn zugehen.

Wenn du emotional aufgeladen argumentierst und sagst: „Was soll das? Habt ihr euren Sohn denn nicht im Griff?“ erzeugst du eine Abwehrhaltung bei dem Gegenüber. Das wollen wir vermeiden, deshalb ist es wichtig, den Nachbarn nicht mit Vorwürfen persönlich anzugreifen. Erkläre ihnen, warum diese Situation für dich ein Problem darstellt.

Formuliere eher so: „Ich muss jeden Morgen um 7 Uhr aufstehen und kann bei dem Lärm Ihres Sohnes nicht schlafen. Das macht mir sehr zu schaffen. Können Sie bitte dafür sorgen, dass er die Musik nach 22 Uhr ausschaltet?“ Sprich statt in „Du hast falsch gemacht“-Botschaften, in „Das stört mich, weil“-Botschaften. So entsteht ein Gespräch, in dem es weder um Recht haben noch um richtig oder falsch geht, sondern um gegenseitige Rücksichtnahme.

Wenn es nicht ausreicht, ein Gespräch mit den Eltern zu führen, kannst du dir deine nächsten Schritte überlegen. Sprich mit anderen Nachbarn, ob diese die Situation auch so einschätzen wie du, wende dich an die Hausverwaltung oder an einen Mediator. Andere Menschen haben andere Ideen und können dich auf weitere Handlungsmöglichkeiten bringen, an die du noch nicht gedacht hast. Dazu gehört auch ein telefonisches Vorgespräch mit einem Mediator.

Hannah Kappes
Quelle: magazin.nebenan.de, In: Pfarrbriefservice.de

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Text: Hannah Kappes, Quelle: magazin.nebenan.de
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