Brauchtum zu Erntedank
Der Monat, in dem wir Erntedank feiern, hieß früher Holzmonat (ahd. witumanot), Herbstmonat (ahd. herbistmanot), Havermaent oder Herbstsaat. Die Namen deuten die Vorbereitung auf den Winter an: Holzvorräte müssen angelegt, die Wintersaat ausgebracht werden. Die Bezeichnung September, die im Mittelhochdeutschen schon nachweisbar ist, leitet sich von der Zahl sieben ab, lat. septem. Im altrömischen Kalender (156 vor Christus; Beginn des Jahres: 1. März) war dies der siebte Monat. Als Julius Cäsar den Kalender reformierte (56 vor Christus; Beginn des Jahres: 1. Januar) blieb der Monatsname erhalten, auch wenn der Monat seitdem an neunter Stelle steht.
Im Gottesdienst danken
Heutzutage ist die kirchliche Erntedankfeier in den Gottesdienst integriert. Erntegaben schmücken den Altar oder werden im Gottesdienst zum Altar gebracht. In vielen Gemeinden ist dieser Gottesdienst auch mit einer Solidaritätsaktion zugunsten hungernder Menschen verbunden. Die weitgehende Industrialisierung der Landwirtschaft und Mechanisierung des Ackerbaus verdrängen außerkirchliches Erntedankbrauchtum, wo es nicht als Folklore (z.B. Almabtrieb) erhalten bleibt. Es gab und mancherorts gibt es auch noch heute ein vielfältiges Brauchtum, im Süden stärker als im Norden Deutschlands.
Erntefeste und Erntekronen
Vor allem Erntefeste mit Festessen und Tanz prägen diesen Tag. Meist sind diese Erntefeste durch die Gutsherren entstanden, die alle Mägde und Knechte z. B. mit Erntebier und festlichem Essen bewirteten. Vorausgegangen war die Übergabe der Erntekrone oder des Erntekranzes. In den Erntekranz eingebunden war der Antlasskranz, ein Kranz aus Kräutern, Blumen und dem Antlass-Ei, der an Gründonnerstag gebunden worden war, dem Antlasstag (von antlâz: Ablass, Nachlass von Sündenstrafe, weil zu Gründonnerstag die „öffentlichen Büßer” wieder in die Kirche aufgenommen wurden). Kräuter und Eier dieses Tages galten als besonders heilkräftig. In Schottland hat sich die Erntesuppe „Hotch-potch” aus frischem Fleisch und den besten Gartengemüsen bis heute als Spezialität erhalten.
Die „Erntepuppe“ als „Opfergabe“
In einigen Gegenden wird aus den letzten Garben eine „Erntepuppe” hergestellt, die als „Opfergabe” auf dem Feld verbleibt. Anderswo wird die Erntepuppe zum Fest mitgenommen, wo sie beim Ehrentanz mitwirkt. Wo die letzten Garben zu einem Erntekranz gewunden und auf den Hof gebracht wurden, war es manchmal auch üblich, diese Getreidebüschel vor Weihnachten einzusammeln. Die Ähren wurden zu einer Garbe zusammengebunden und als Weihnachtsgarbe für die Vögel auf einer Stange - oft vor der Kirche - aufgesteckt. Der Weihnachtsfriede bezog in einer ganzheitlich denkenden Zeit auch die Natur und besonders die Tiere mit ein (Lüttenweihnacht).
Heiligenfeste mit Erntedankelementen
Moderne „Erntepuppen”, die heute auf den Feldern zu sehen sind, werden aus Strohballen gebildet. Erntedankelemente sind auch in vergleichbaren Festivitäten enthalten: Der Almabtrieb in den Bergen beinhaltet sie ebenso wie manche Heiligenfeste im Spätherbst. Das Fest des Heiligen Michael (29. Sept.) gehört dazu wie das des Heiligen Martin (11. Nov.), an dem die Martinsminne (der neue Wein) getrunken und die Martinsgans gebraten wird.
© Dr. theol. Manfred Becker-Huberti, Köln, www.brauchtum.de
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Text: Dr. Manfred Becker-HubertiIn: Pfarrbriefservice.de