Briefe an meinen Mann

Heute Morgen schreckte ich aus dem Schlaf hoch, weil es schon so hell war. Hatte ich verschlafen? Ein Blick auf den Wecker: zehn nach fünf.

Mein Mann starb Ende Mai vor inzwischen ziemlich vielen Jahren. Schlaflose Nächte hatte ich dank der anstrengenden Tage mit kleinen Kindern nicht, aber ich wachte immer gegen halb fünf auf. Eine Zeitlang habe ich versucht, dann wieder einzuschlafen, aber das konnte ich nicht. Also, dachte ich, das muss ein Zeichen sein. Ich begann zu schreiben. Jeden Morgen schrieb ich an meinen Mann, erzählte von unserem Alltag, was mir durch den Kopf ging, ließ meinem Ärger über Behörden usw. freien Lauf, aber beschrieb auch die kleinen Freuden, die ich – trotz allem – mit den Kindern erlebte. Ich schrieb und schrieb. Oft weinte ich dabei, aber das war gut so. Ich merkte, wie ich mich auf diese „Treffen“ mit meinem Mann freute. Die Aussicht darauf war wie ein Strohhalm, an den ich mich in diesen schrecklichen Tagen klammerte.

Heute glaube ich, dass dies meine Therapie war. Ich hatte keine Energie und auch keine Zeit, um mich um eine professionelle Hilfe zu kümmern. Eine sehr nette Trauberbegleiterin und mein Tagebuch – das war es, was mir durch die erste Zeit half.

Heute hat das Tagebuchschreiben nicht mehr diesen hohen Stellenwert für mich. Wenn ich nun so früh aufwache, freue ich mich am Vogelgezwitscher, an der Ruhe im Haus und an der ersten Tasse Tee des Tages. Und daran, wie weit wir doch gekommen sind, meine Kinder und ich!

Vielleicht ist dieser Text eine Anregung für euch. Vielleicht ist das Schreiben aber auch gar keine Option. Möget ihr inmitten des alltäglichen Chaos den passenden Strohhalm für euch finden!

ellimic (Ellen Peiffer), Sonntagsgedanken, forum.verein-verwitwet.de, In: Pfarrbriefservice.de

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Text: ellimic (Ellen Peiffer), Sonntagsgedanken, forum.verein-verwitwet.de
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