Ein Eklat und wegweisende Entscheidungen
Die vierte Vollversammlung des Synodalen Wegs
Die gut 200 Synodal:innen, die sich vom 8. bis zum 10. September 2022 in den Frankfurter Messehallen zur vierten Vollversammlung des Synodalen Wegs getroffen haben, hatten sich viel vorgenommen. 14 Texte sollten beraten werden, fünf in erster und neun in zweiter Lesung. Behandelt wurden nur acht: drei in erster und fünf in zweiter Lesung. Denn bereits die erste Sitzung endete in einem Eklat.
Auf der Tagesordnung stand der Grundtext zur Erneuerung der kirchlichen Sexuallehre. Er fand zwar die große Mehrheit des Plenums, scheiterte aber an einer Sperrminorität der (Weih-) Bischöfe. Der Text hatte einen hohen Symbolwert: Zum einen sollte er die katholische Sexuallehre, die seit den 1960er Jahren kaum mehr Zustimmung unter den Gläubigen findet, wieder anschlussfähig machen an das Leben der Menschen. Zum anderen ist der kirchliche Umgang mit LGBTIQ+ Personen dringend reformbedürftig. Homo- und Transphobie im Namen der Kirche muss beendet werden. Entsprechend heftig fielen die Reaktionen aus, als der Text scheiterte.
Danach wurde das Programm umgestellt. Eine Aussprache war unbedingt nötig. Außerdem wurde die Redezeit verlängert, damit alle sich besser ausdrücken können. Namentliche Abstimmung wurde beantragt, damit die Gläubigen wissen, woran sie sind. Natürlich war auch der Zeitplan nicht mehr zu halten. Aber alle Texte, die noch beraten werden konnten, fanden dann große Mehrheiten: durchweg über 90 Prozent Zustimmung im Plenum und über 80 Prozent auch bei den Bischöfen, unter denen sich nun viele enthielten.
Dauerhafte Strukturen für mehr Synodalität
Beschlossen wurde ein Text zur Einrichtung eines „Synodalen Rats“. Mit diesem neuen Gremium wird Synodalität, also gemeinsames Beraten und Entscheiden von Bischöfen und Gläubigen wie jetzt beim Synodalen Weg, in dauerhafte Strukturen gegossen. Der Synodale Rat soll künftig den Katholizismus in Deutschland gestalten und repräsentieren.
Ganz wichtig ist auch der Grundtext des Frauenforums, der mehrheitlich beschlossen wurde. Mit diesem Text hat sich erstmals eine Ortskirche dafür ausgesprochen, „Geschlechtergerechtigkeit als Grundlage aller künftigen Handlungsweisen der Römisch-Katholischen Kirche einzufordern“. Das bedeutet noch nicht, dass morgen Frauen zu Priestern und Bischöfen geweiht werden. Aber es ist weltkirchlich ein entscheidender Schritt in diese Richtung.
Beschlossen wurden auch zwei Texte, die eigentlich auf dem abgelehnten Grundtext zur Sexuallehre aufbauen: zur Neubewertung von Homosexualität im Katechismus (auf Weltebene) und zur Reform des kirchlichen Arbeitsrechts (in Deutschland).
In erster Lesung wurden angenommen: ein Text zur schwierigen Situation schwuler Priester, die (wie queere kirchliche Mitarbeiter:innen und Religionslehrer:innen) vielfach in Heimlichkeit und Angst vor Denunziation leben; ein Text zur kirchlichen Wertschätzung und Achtung geschlechtlicher Vielfalt und ein Text zur stärkeren Einbindung von Frauen in die Liturgie: durch die Predigt und die Leitung von Tauf- und Traugottesdiensten.
Julia Knop, In: Pfarrbriefservice.de
Dr. theol. Julia Knop (geb. 1977) ist Professorin für Dogmatik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt und Mitglied der Synodalversammlung sowie des Synodalforums „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche“.
Der Synodale Weg
Der Synodale Weg ist ein Gesprächsprozess innerhalb der katholischen Kirche in Deutschland. Er soll der Aufarbeitung von Fragen dienen, die sich im Herbst 2018 nach der Veröffentlichung der sogenannten MHG-Studie über sexuellen Missbrauch in der Kirche ergeben haben. Die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken verantworten gemeinsam diesen Prozess, der auf mehrere Jahre angelegt ist und am 1. Dezember 2019 eröffnet wurde. www.synodalerweg.de
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Text: Julia KnopIn: Pfarrbriefservice.de