Ein Fastenvorsatz
Ich lese meinem Sohn abends am Bett „Ferien auf Saltkrokan“ von Astrid Lindgren vor. „Dieser Tag – ein Leben!“, sagt Melcher Melcherson in der Geschichte, und der Satz klingt lange in mir nach.
Ich weiß nicht, wie oft ich schon gedacht habe, ich müsste etwas von dem aufschreiben, was unsere Kinder tun oder sagen. Damit ich es nie mehr vergesse. Aber bis heute ist es bei dem Gedanken geblieben. Lediglich das schlechte Gewissen ist dazugekommen: Woran kann ich mich schon gar nicht mehr erinnern? Und was habe ich schon aus meiner eigenen Kindheit oder Jugend an Ideen und Erlebnissen verloren?
Fasten heißt für mich nicht verzichten, fasten heißt: den Weg frei machen. Deshalb will ich in diesem Jahr Platz schaffen für meine Erinnerungen. Jeden Tag will ich mir selbst zwanzig Minuten schenken, um Tagebuch zu führen. Es gibt so viel über mich selbst herauszufinden.
Schon vor Weihnachten habe ich mich für dieses Fastenvorhaben entschieden, und ich habe die Vorbereitungen genossen: Schreibe ich lieber mit Bleistift oder Tinte? Auf Linien oder Karos? Am Schreibtisch oder auf dem Sofa?
Eigentlich freue ich mich schon auf Aschermittwoch.
Katja von Kiedrowski
aus: Eine Fastenbroschüre, Verein Andere Zeiten 2008, www.anderezeiten.de
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Text: Katja von KiedrowskiIn: Pfarrbriefservice.de