Eine Flut, die alles verändert

Es war Herbst geworden. Der Wind trieb bunte Blätter vor sich her, und wehte sie zu kleinen Haufen zusammen, um sie gleich wieder zu zerstreuen. „Schon wieder bringst du alles durcheinander. Unerhört, einem die mühsame Arbeit zu zerstören.“ schimpfte Maximilian von Moosberg und sprang hektisch um einen Berg von Blättern, Nüssen und Kastanien herum, die er zusammengetragen hatte, um sie in sein Vorrats-Lager zu bringen.

Maximilian von Moosberg war keine gewöhnliche Maus. Er residierte wie seine Vorfahren auf Schloss Moosberg, das für seine stets bis zum Bersten gefüllten Lagerräume berühmt war. Maximilian fürchtete ständig die Vorräte könnten zur Neige gehen, oder Mäuse aus der Umgebung könnten sie plündern.

Tagaus, tagein war er deshalb hektisch damit beschäftigt weitere Vorräte herbeizuschaffen und alle Schlupflöcher zu schließen, um die gefürchteten Eindringlinge fern zu halten. Der Herbstwind rief ihm zu: „Du kannst nicht alles nur für dich allein horten. Bei Frost und Schnee brauchen auch andere Mäuse was zu essen.“ „Sollen sie so fleißig sein wie ich, diese Nichtsnutze. Dann brauchen sie nichts zu fürchten.“ sprach’s und stürzte sich erneut auf die gesammelten Herbstfrüchte, um sie in sein Lager zu bringen.

Die Tage vergingen. An einem kalten Novembermorgen begann es in Strömen zu regnen. Maximilian von Moosberg hatte seine Kontrollrunde um die gefüllten Lagerräume beendet, und wollte gerade die Eingangstür abschließen. Da hörte er jemanden rufen: „Lass uns zu dir herein. Unsere Wohnung ist vom Wasser mitgerissen worden. Wir haben alles verloren...“ Eine pitschnasse Mäusefamilie mit Vater, Mutter und 5 kleinen bibbernden Mäusekindern stand vor ihm. „Bei mir ist kein Platz. Schert euch fort.“ Mit diesen Worten knallte er die Türe zu, legte den Sicherheitsriegel vor und drehte den Schlüssel um.

Der nahegelegene Bach war über die Ufer getreten. Die braunen Wellen fluteten nach und nach die Räume. Entsetzt flüchtete der hartherzige Maximilian in höhere Etagen des Schlosses. Aber es schien, als sei das Wasser ihm auf den Fersen. Unbarmherzig stieg und stieg es, und trieb den Schlossherrn bis hoch ins Dachgeschoss. „Was soll aus mir werden? Ich werde alles verlieren.“ jammerte er voller Angst. Das Wasser stieg weiter. Über die Dachluke gelangte Maximilian ins Freie und konnte sich gerade noch an der eisernen Turmspitze festhalten, während der Regen auf ihn einpeitschte. „Jetzt bin ich verloren...“ schrie er verzweifelt. In diesem Moment rauschte ein Boot aus Blättern an ihm vorbei. Eine Hand packte ihn, und zog ihn ins Boot, das rasend schnell von der nächsten Welle weggetrieben wurde.

Wo bin ich?“, fragte Maximilian verwirrt, als er erwachte. „Du bist in Sicherheit. Wir haben dich gerettet“, antwortete der Mäusevater sanft. „Du? Aber ich habe euch abgewiesen...“, sagte Maximilian beschämt. „Das spielt keine Rolle. In Not hilft man einander“, erwiderte der Mäusevater. „Ich weiß nicht, wie ich das wiedergutmachen kann“, gestand Maximilian. „Lass uns gemeinsam alles wieder aufbauen, sobald das Wasser abgelaufen ist. Das ist Wiedergutmachung genug“, schlug der Mäusevater vor.

Das Gesicht Maximilians hellte sich auf, und voller Begeisterung rief er laut: „Das wird der beste Winter meines Lebens. Zusammen schaffen wir das! Und ich habe nicht mehr nur ein großes Haus, sondern auch hilfreiche Freunde gewonnen!“

Quelle: Anna Zeis-Ziegler, In: Pfarrbriefservice.de

Verknüpft mit:

Herbstliche Fabel für die Kinderseite

Vor dem Herunterladen:

Datei-Info:
Dateiformat: .rtf
Dateigröße: 0,01 MB

Sie dürfen den Text in sozialen Medien nutzen (z.B. Facebook, Twitter, Instagram, YouTube, etc.)

Beispiel für den Urhebernachweis, den Sie führen müssen, wenn Sie den Text nutzen

Text: Anna Zeis-Ziegler
In: Pfarrbriefservice.de