Entscheidung für Barmherzigkeit
Ein Denkanstoß von Schwester Jordana
Auf dem Ökumenischen Kirchentag habe ich eine Bibelarbeit über das Jüngste Gericht gehalten, so wie Matthäus es beschreibt (Mt 25,31–46): Schafe auf die eine, Böcke auf die andere Seite – Verdammung oder ewige Herrlichkeit, je nachdem, in welche Gruppe man eingeteilt wird. Mir fiel es ganz schön schwer, daraus einen Hoffnungstext zu lesen. Doch genau das wollte ich, denn schließlich war das Motto der Tage: „Damit ihr Hoffnung habt“, und das wollte ich den Menschen vermitteln. Ein richtender und verdammender Gott ist so ganz und gar nicht mein Gottesbild. Mein Gott ist Liebe, mein Gott schaut auf mein Bemühen und verurteilt mich nicht.
Aber dann habe ich gedacht, der Text von Matthäus ist doch fair. Noch leben wir. Noch wissen wir, wie wir zu der einen oder anderen Gruppe gehören können. Noch ist Zeit, Entscheidungen zu treffen: Nackte bekleiden, Kranke besuchen, Hungernde sättigen und Durstigen zu trinken geben oder auch: Menschen achten und ihnen Wertschätzung entgegenbringen, meinen Reichtum teilen, meine Zunge im Zaum halten, Leidenden zuhören und Glauben schenken. Es ist eben nicht meine Aufgabe zu richten – auch wenn es mir in dieser Zeit manches Mal auf der Zunge liegt. Meine Aufgabe ist es, Gottes Barmherzigkeit in dieser Welt sichtbar zu machen. Durch mein Leben. Durch mein Tun.
Das ist die Botschaft Jesu, die Matthäus in seinem Bild vom Weltgericht vermitteln will: Hoffnung haben auf einen Gott, der auch unser kleinstes Bemühen im Verborgenen kennt und sich zu uns bekennt.
Schwester Jordana
Quelle: www.liborius.de – Die katholische Erlebniswelt
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Text: Schwester JordanaIn: Pfarrbriefservice.de