Fortschritt oder Burnout?

Perfektion als übersteigerte Fehlervermeidung, Angst vor Misserfolg und Optimierung, die den Selbstwert zerstört. Doch wie gelingt eine gesunde Umgangsweise mit Selbstoptimierung? Darüber berichtet Stanislaus Klemm, Diplompsychologe und Theologe. Er arbeitete in der Suchttherapie, in der ökumenischen Telefonseelsorge Saar sowie in der Lebensberatung des Bistums Trier in Neunkirchen.

Wenn wir nach einer Vervollkommnung der Dinge im Allgemeinen streben, erleben wir das als gesund. „Perfektionismus“, also die Verbesserung ohne Augenmaß, mit Zwang und um jeden Preis, mit seiner Strategie der total übersteigerten Fehlervermeidung, entwickelt sich eher zu einem krankhaften Wahn. Er wird so mit dazu beitragen, die Angst vor Misserfolg ins Uferlose zu steigern. Das führt nur dazu, dass wir alles um jeden Preis einer maßlos geforderten und alles verherrlichenden Verbesserung opfern, damit wir nicht kritisiert, abgelehnt oder „abgehängt“ werden.

Perfektionierung wird so immer mehr zum Zeit- und Energieräuber, was wiederum zu einer Spirale des Stresses führen kann.

Eine solche „Optimierung“ wird zum reinen Selbstzweck und entwurzelt den Menschen. Sie fördert nicht unser Leben, sondern hemmt und behindert unsere Entfaltung, stärkt die Angst zu versagen, macht uns krank, depressiv und führt in der Folge zu einem wahren „Burn-out“. So führt Selbstoptimierung immer stärker dazu den eigenen Selbstwert zu verlieren.

Ein „Sein“, das nicht mehr bereit ist zu „Werden“, ist ebenso fehl am Platz wie ein „Werden“, das sich nicht mehr um das „Sein“ kümmert. Gegenwart ist stets auf Zukunft gerichtet und Zukunft muss immer Gegenwart mitnehmen. Es ist oft ein schwieriger Spagat zwischen Bewahren und Verändern, Akzeptanz und Anforderung. Helfen kann uns stets die Erinnerung: Der, der uns erschaffen hat, liebt uns ganz sicher immer so, wie wir gerade sind.

Stanislaus Klemm, In: Pfarrbriefservice.de