Fußball - eine neue Religion?

Es gibt offenbar eine neue Religion in Deutschland. Mit der Arena „AufSchalke“ ist ein „Fußballtempel“ entstanden. Ein paar Kilometer weiter haben wir es im Dortmunder Westfalenstadion mit einem „heiligen Rasen“ zu tun. Und „wenn Bayern auf Real trifft“, so war kürzlich in der Zeitung zu lesen, „wird das Hochamt des europäischen Fußballs verlesen“. Fußball, eine neue Religion? Nachdem es mit den traditionellen Religionen, den Kirchen und ihren Angeboten nicht mehr so weit her ist in unserem Land? Manche wittern hier eine gefährliche Konkurrenz. Andere wiegeln ab: Man könne das ganze religiöse Getue doch auch einfach einmal humorvoll abhaken.

Wenn es denn ganz so harmlos wäre. „Borussia ist eine Religion für mich. Das ist für mich alles. Man hat ja sonst nichts anderes“, sagt Dortmund-Fan Steffi. Mehr und mehr scheint eine Grenze überschritten zu werden. Eine Grenze, die nicht einfach nur harmlos, sondern womöglich gefährlich ist. Nicht so sehr für die Kirche, die sich hier einer neuen Konkurrenz ausgesetzt sieht. Gefährlich vielmehr für die Menschen selbst, denen diese Art von religiöser Überhöhung den Blick für ihre tatsächliche Situation zu verstellen droht. Fußball als Religion ist gefährlich, weil er verschleiert, narkotisiert und politisch verdummt. Weil er einen Lebenssinn, eine Perspektive vorgaukelt, die anderswo nicht mehr da zu sein scheint.

„Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat“ (Psalm 121,2). Lapidar lenkt die Bibel mit diesen Worten unseren Blick in eine andere Richtung: weg von den selbst gemachten leblosen Göttern – hin zu dem einen, unverfügbaren, lebendigen Gott. Allein mit dieser geänderten Blickrichtung leistet die Bibel einen unschätzbar wertvollen Beitrag zur heilsamen Entgötterung und Entzauberung unserer Welt – und, wenn man so will, eben auch eines Fußballs, der sich selbst zur Religion hochjubelt. Fußball ist Fußball. Um Himmels willen nicht auch noch Sinnstiftung, Trost, Lebensperspektive ...

Fußball ist Fußball. Ein – vielleicht – menschliches Vergnügen, an dem wir uns freuen dürfen. Ein – vielleicht – sinnvoller Zeitvertreib zum Mitjubeln und Mitbangen, zum Mitfeiern und Mit-Enttäuschtsein, vielleicht auch hier und da einmal hoffentlich zum Mit-Machen. Aber eben: mehr nicht. Fußball ist Fußball. Gott sei Dank: mehr nicht.

Okko Herlyn
Aus: Ein starkes Stück Leben. Ideen und Entwürfe für die kirchliche Arbeit anlässlich der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2006, Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland. www.chrismon.de. Aus: www.pfarrbriefservice.de

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Text: Okko Herlyn
In: Pfarrbriefservice.de