Halt - Haltungen - Verhalten

Die persönliche Beichte gestalten

Meine persönliche Beichte versuche ich manchmal so zu gestalten, dass ich mich an den drei Begriffen festhalte: Halt – Haltungen – Verhalten.

Die tiefste Lebensdimension kommt in der Frage zum Ausdruck: Wo habe ich meinen Halt? Woran halte ich mich? Wer ist wirklich „mein Gott“? Der Sünder ist der haltlose Mensch. Er hält sich an alles Mögliche, nur nicht an den „Fels seines Heils“. Er zeigt Gott den Rücken, nicht das Gesicht... usw.

Aus dieser Haltlosigkeit erwachsen Haltungen. Damit ist alles gemeint, was uns im Innersten prägt und bestimmt, unsere Vorurteile und Stimmungen, unsere Einstellungen und Neigungen. Es ist mit den Haltungen wie mit der Stimmung eines Instruments. Wenn die Saiten falsch gestimmt sind, dann kann selbst der beste Spieler nur falsche Klänge hervorbringen. Dauernde Selbstrechtfertigung etwa produziert nur Abwehr und „Stacheln“. Bequemlichkeit erstickt alle Lebenstapferkeit. Die Angst, zu kurz zu kommen, lässt mich alles Mögliche und Unmögliche anstellen, meine Lebensgier zu befriedigen. Mutlosigkeit macht mich ängstlich, übervorsichtig, phantasielos. Schwächliches Selbstmitleid führt zu übertriebener Eigensorge und macht mich in den Augen normal belasteter Menschen lächerlich usw.

Aus diesen Haltungen erwächst dann konkretes Verhalten, die Einzeltat. Sie ist aber eben nicht isoliert zu sehen, sondern vielmehr wie die Spitze eines größeren, im Wasser verborgenen Eisbergs. Wir sollten bei der Beichte nicht nur diesen sichtbaren Teil unseres „Lebenseisbergs“ in den Blick nehmen, sondern auch das, was in der Tiefe verborgen ist. Das heißt für mich: Mir liegt bei meinem Beichtbekenntnis daran, nicht alles an Einzeltaten ängstlich hervorzukramen, sondern aus dem einen oder anderen konkreten Verhalten auf Haltungen zu kommen und daraus den Akt des Grundvertrauens zu setzen: Gott - sei du wieder neu mein Halt!

Eine andere Weise meines persönlichen Beichtens ist von Fragen der Heiligen Schrift bestimmt, besonders von Fragen, die Jesus seinen Jüngern stellt. Die beste Beichtvorbereitung ist das Gespräch mit dem Herrn, das Sich-Stellen im Vis-à-vis, in dem solche und andere Fragen dann ihr Gewicht erhalten. In den Fragen klingen die konkreten biblischen Perikopen an. Ich lasse dann zu, dass Jesus mich fragt: „Willst du wirklich zu mir kommen? Kannst du mit mir Einsamkeit im Gebet aushalten? Hast du den Mut, mit fünf Broten und zwei Fischen zu den vielen Menschen zu gehen? Solltest du nicht besser auf dem Weg zur Kirche umkehren, um dich mit deinem „Bruder“, deiner Gemeindereferentin etwa, zu versöhnen? Glaubst du an die Macht der Sanftmütigen?“ Alle diese Fragen und viele andere mehr sammeln sich in der einen entscheidenden Frage, die Jesus dem Petrus stellt: „Liebst du mich?“ Vielleicht wird uns dann auch wie dem Petrus die Gabe der Tränen geschenkt...

Bischof Joachim Wanke, Erfurt
Aus dem Vortrag „Von der Freude der Buße – Gedanken zu einem ungeliebten Sakrament“, gehalten am 11.3.2002, im Rahmen der „Erfurter Vorträge“ (Quelle: bistum-erfurt.de/aktuell)

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Das Schwerpunktthema für April 2010

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Text: Bischof Joachim Wanke, Erfurt
In: Pfarrbriefservice.de