Hoffnungslos?
Heute wird’s wieder spannend. Diesmal habe ich zum Essen eingeladen: Katja, die die neuesten Rezepte von Sterne-Köchen vorzüglich nachkocht, Martin, der sich auf die Menüs von Staatsempfängen spezialisiert hat, und Sanne, die mit eigens erfundenen kreativen Gerichten aufwartet, wenn wir vier uns monatlich treffen. Anfangs genügten uns Nudelgerichte und eher einfache Hausmannskost. Doch die Latte wurde immer höher gelegt.
In aller Frühe habe ich mit der Zubereitung von „Boeuf bourguignon“ begonnen. Feinste Zutaten, Gemüse, Kräuter, Gewürze haben nach all der Schnibbelei drei Stunden in Burgundersaft geköchelt. Aromatische Düfte füllen das Haus. Letztes Abschmecken – hmm, da fehlt noch eine Prise Salz. Vor meinen entsetzten Augen löst sich der Deckel des Fässchens und verschwindet mit dem gesamten Inhalt in der köchelnden Masse. Herausheben lässt sich nicht mehr viel. Hoffnungslos versalzen ist alles. Selbst große Mengen von Sahne und Milch können da nichts mehr retten.
Was nun? Baguette und ein bisschen Käse tun’s ja nicht. In knapp einer Stunde würden sie auf der Matte stehen. Hektisch sage ich allen am Telefon ab: „Mir ist da etwas Schreckliches passiert …“
Die Tränen sitzen locker. All die guten Zutaten weggekippt, die Arbeit umsonst, die Freunde nicht zu sehen, das ist schon bitter. Gerade räume ich den Tisch ab. Es klingelt an der Tür. Und da sind sie. Zu viert stehen wir dann in der Küche und machen aus allem, was sie aus ihren Vorräten mitgebracht haben, ein bunt zusammengewürfeltes Menü – abenteuerlich. Dabei erzählen sie fröhlich, was ihnen schon so alles im Leben misslungen ist. Es dauert nicht lange, bis ich mich von ihrem Lachen anstecken lasse.
Karin Ullrich
aus: Der Andere Advent 2005/2006, Verein Andere Zeiten, www.anderezeiten.de
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Dateigröße: 0,02 MB
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Text: Karin UllrichIn: Pfarrbriefservice.de